SGB-Sportdirektor aus Engelrod

Ex-Kapitän Patrick Schaaf über Transfers, Talente, Netzwerke und die 3. Liga

Patrick Schaaf im Gespräch mit O|N-Chefreporter Hans Hubertus Braune (rechts): Der neue sportliche Leiter der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz setzt auf Bodenständigkeit und Visionen.
Fotos: Maurice Schumacher

10.09.2025 / FULDA - Moderat wachsen und den Verein Stück für Stück weiterentwickeln, um irgendwann vielleicht Richtung 3. Liga zu schielen: Patrick Schaaf hat zwar seinen Aufgabenbereich bei der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz gewechselt, seinen Ehrgeiz, seine Bodenständigkeit und seine Visionen hat er beibehalten.



Der 36-jährige Familienvater ist im Sommer dieses Jahres in die sportliche Leitung des Fußball-Regionalligisten gewechselt. Zuvor spielte er 13 Jahre zunächst beim TSV Lehnerz und seit dem Zusammenschluss bei der SGB. Als Kapitän ging Schaaf voran und erarbeitete sich bei Verantwortlichen, Mitspielern und Fans Respekt und Anerkennung.

Sein Wort hat Gewicht und so war es logisch, dass die Vereinsführung der Barockstadt ihn an Bord halten wollte. Patrick Schaaf verkörpert selbst in vielerlei Hinsicht den Weg, den das Aushängeschild des osthessischen Fußballs künftig noch konsequenter beschreiten möchte.

Kicker in Engelrod, Manager in Fulda

Der ehemalige Kapitän stammt aus der Region, kickt künftig, wenn er Zeit und Lust hat, für seinen Heimatverein TV Engelrod innerhalb der FSG Vogelsberg in der Gruppenliga, wohnt dort und arbeitet als Führungskraft bei der Volksbank Lauterbach-Schlitz.

Wir haben uns zu unserem Sportgespräch im gemütlichen Milch-Café in der Innenstadt von Lauterbach getroffen. Bei einem Latte Macchiato plaudert Patrick Schaaf über seine neuen Aufgaben, wie er den Verein aktuell aufgestellt sieht und wo die Reise hingehen kann.

"Ergebnistechnisch war der Saisonstart mit drei Niederlagen eine Katastrophe. Zuletzt lief das Momentum für uns. In Mainz (2:2, die Red.) war sogar mehr drin, das waren zwei verlorene Punkte", sagt Schaaf. Mit sieben Punkten aus sechs Spielen befindet sich die SG Barockstadt aktuell im Tabellenmittelfeld. "Die Liga ist so eng, dass wir uns Jahr für Jahr beweisen müssen", sagt der erfahrene Fußballer. Deshalb muss auch im vierten Jahr der Zugehörigkeit zur Regionalliga der Klassenerhalt zumindest zunächst im Fokus stehen.

Netzwerk ist das A und O

Grundsätzliches Ziel sei es aber, sich stetig weiterzuentwickeln und in der Liga zu etablieren. Er selbst ist vor allem in die Gespräche mit den Spielern, mit den Transfers und der Kommunikation mit den verschiedenen Schnittstellen im Verein involviert. "Es macht Spaß, sonst würde ich es nicht machen", sagt der zweifache Familienvater. Gerade bei möglichen Transfers nutzt er sein ausgezeichnetes Netzwerk, nutzt seine Kontakte zu seinen Gladbacher Zeiten oder ehemaligen Trainern, um deren Einschätzungen abzuklopfen. Auch in der Regionalliga bieten viele Berater "ihre Schäfchen" an. Über Videomaterial macht sich Schaaf einen Eindruck über einen möglicherweise interessanten Spieler. Ohne externe Spieler wird es auch künftig nicht gehen.

Doch die Ausrichtung fußt auf mehreren Säulen. Die Einbindung von Talenten, von heimischen Spielern, ist ein wesentlicher Faktor. Grundlage ist ein konstanter Austausch. Ergebnisse, Spielanalyse und die Kommunikation zwischen den Verantwortlichen von erster Mannschaft, der U23 und den Junioren ist regelmäßiger Standard. "Wir sprechen natürlich auch über die Jungs, fällt ein Spieler über einen längeren Zeitraum mit guten Leistungen positiv auf, überlegen wir, wie wir eine Verschiebung vornehmen können", plaudert Schaaf aus dem Nähkästchen. Davon profitiert auch die U23. "Wir haben in der Regionalliga in der Breite einen großen Kader. Die Jungs wollen spielen, sind bereit und sammeln auch in der U23 Spielpraxis. Das klappt im Augenblick gut", sagt Schaaf. Der Austausch mit dem sportlichen Leiter der U23, Daniel Martella sei richtig gut. "Unsere Jungs machen derzeit auch den Unterschied. Wir beobachten das alles genau und justieren, wenn es nötig ist."

"Es geht um die Förderung der Jungs"

Zum Gesamtkonzept gehört aber auch der Nachwuchs. "Hier wollen wir den Betreuer-Staff weiter nach und nach ausbauen. Die U15, U17 und U19 sollen möglichst in der Hessenliga spielen, vielleicht auch darüber hinaus", sagt Schaaf. Auch in diesem Bereich ist er dank der internen Kommunikation und der Videotechnologie informiert und beobachtet die Entwicklung. "Letztlich geht es um die Förderung der Jungs, um die Entwicklung des Einzelnen", nennt Schaaf die Herangehensweise. Ein weiterer Mosaikstein ist die Kooperation mit dem Hünfelder SV. Diese ist aus einem schon jahrelang bestehenden freundschaftlichen Verhältnis entstanden. Max Lindemann ist aktuell ein Beispiel, wie es funktionieren kann. "Für unsere U23 ist er schon zu weit, für die Regionalliga fehlt ihm noch der letzte Schliff", sagt Schaaf. Deshalb spielt er nun in der Hessenligamannschaft der Hünfelder, hat dort zuletzt gar einen Dreierpack geschnürt. Spannend wird es, zu sehen, wie er sich weiterentwickelt. Genauso gut kann sich ein Spieler aus Hünfeld natürlich auch für die SGB empfehlen.

"Grundsätzlich sind wir auf einem guten Weg", sagt Schaaf, sieht aber auch einige Baustellen. Die SGB sei aktuell weder ein Amateur- noch ein Profiverein. "Wir befinden uns im Halbprofitum". Neben der sportlichen Entwicklung geht es um die weitere Verbesserung der Infrastruktur, der Organisation und der Verzahnung der einzelnen Schnittstellen. Schaaf macht deutlich: "Spannend wird es, wenn es mal nicht so läuft. Es geht nicht immer nur vorwärts, man muss auch mit Rückschlägen rechnen, die einem beim Wachstum letztendlich auch helfen können."

"Hinten ein paar Nullen weniger"

"Wenn du Richtung Professionalität und vielleicht Richtung 3. Liga schielst, müssen auch viele Dinge drumherum von mehreren Leuten übernommen und angegangen werden. Finanziell sieht Schaaf mit seinen neuen Einblicken die SG Barockstadt auf gesunden Füßen. "Wir bleiben unserer Linie treu. Jeder Transfer wird mit mehreren Leuten abgesprochen. Da kommt es vor, dass wir mögliche Transfers wegen überhöhter Forderungen der Spielerseite ablehnen", sagt er. Die Geldspirale dreht sich, das fängt in der Premier League an, setzt sich in der Bundesliga fort. Das sei in der Regionalliga nichts anderes wie "oben" auch, nur, dass hinten ein paar Nullen fehlen. "Der Mechanismus ist gleich, die Herausforderung ist, die richtige Personalie zu finden. Manchmal passt es aber auch nicht, Fehlentscheidungen gehören dazu."

Wie im Fluge ist das Zeitfenster für unser Sportgespräch während der Mittagspause im Milch-Café vorbei. Patrick Schaaf brennt für den Vogelsberg und die SG Barockstadt Fulda-Lehnerz. Die Region mitnehmen und den höherklassigen Fußball etablieren. Da ist noch so vieles möglich. "Die Stadt Fulda hat unabhängig vom Verein noch höherklassigeren Fußball verdient und kann es auch umsetzen", sagt Schaaf. Dafür müssen alle Protagonisten gemeinsam an den Projekten zusammenarbeiten. Eben als Team - so wie es der Kapitän jahrelang auf dem Fußballplatz vorgelebt hat. Mehr über die Person Patrick Schaaf findet Ihr in einem weiteren Artikel. (Hans-Hubertus Braune) +++

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