OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (4)

Julian Pecks: "Qualitativ brauchen wir uns in der Relegation nicht verstecken"

Julian Pecks war zu Gast in der O|N-Redaktion
Fotos: Marius Auth

25.05.2022 / FULDA - Meisterschaft und Aufstieg oder doch "nur" Aufstiegsrelegation: Für die SG Barockstadt ist vor der letzten Begegnung am Samstag in Eddersheim urplötzlich noch alles möglich. Einer, der dort womöglich sein letztes Spiel für die SGB macht, ist Julian Pecks. Der 29-Jährige verlässt im Sommer nach neun Jahren TSV Lehnerz und SG Barockstadt den Verein in Richtung Bronnzell. Im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch hat er über seinen Abschied, mögliche Gegner in der Relegation und die Gründe für das sportliche Auf und Ab in dieser Saison gesprochen


Im ON|Sportgespräch lassen wir immer mittwochs Sportler aus verschiedenen Sportarten aus der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte, losgelöst vom aktuellen Tagesgeschehen. Teil drei der Serie.

O|N: Herr Pecks, seit Samstag ist klar, dass Iihnen und der SG Barockstadt das Mindestziel Aufstiegsrelegation nicht mehr zu nehmen ist. Wurde schon ein wenig gefeiert oder ist man voll auf die mögliche Meisterschaft fokussiert?

 
Julian Pecks: Wir sind schon eher fokussiert. Ich meine, dass wir nochmal die Chance auf die Meisterschaft bekommen, damit hat ja keiner gerechnet. Auch wir nicht. Erst als wir dann hörten, dass Stadtallendorf nur Unentschieden gespielt hat, war klar, dass noch alles drin ist. Diese Chance wollen wir jetzt nutzen

Womöglich war das Spiel am Samstag Ihr letztes Heimspiel für die SGB – und dann auch noch in Lehnerz, wo Sie lange gespielt haben. War das etwas Besonderes?
 
Ja, für mich war es noch mal eine ganz besondere Geschichte. Viele Leute - Freunde, Familie, alte Weggefährten – sind extra noch mal gekommen. Das war schon nicht alltäglich.

Kommen wir mal zum Sportlichen. Genau zur richtigen Zeit spielt die SGB ihren besten Fußball. Wie kommts?

Uns ist nach dem Start in die Rückrunde und den vielen Verletzten bewusst geworden, dass wir uns auf uns konzentrieren müssen und auf die Spieler, die noch da sind. Wir wussten, dass Markus Gröger und Johannes Hofmann nicht mehr spielen werden, bei Patrick Schaaf war es lange unklar. Diese Achse hat natürlich einfach gefehlt, aber wir sind als Team enger zusammengerückt. Die sportliche Qualität besitzt jeder in unserem Kader. Hinzu kommt, dass wir dieses Selbstverständnis aus der Anfangsphase der Saison wiedergefunden haben. Glaube und Selbstvertrauen sind wieder da.  

So wie schon zu Beginn der Saison, dann kam aber eine erste Leistungsdelle. Allgemein war die Saison ein ständiges Auf und Ab. Wieso fehlte die Konstanz?

Natürlich spielen da die vielen Verletzungen eine große Rolle. Es war schon ein echtes Seuchenjahr. Uns hat aber zwischenzeitlich auch einfach der Glaube an die eigene Stärke gefehlt, wir hatten kein Selbstvertrauen, kein Selbstverständnis. Verletzungen hin oder her, jeder war hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt. Durch die ausbleibenden Erfolgserlebnisse wurde dann die Stimmung immer schlechter. Der Turnaround kam dann mit dem Sieg in Hadamar, wo wir unser bislang bestes Saisonspiel gemacht haben.

Jetzt ist die Aufstiegsrelegation schon mal sicher. Dort ginge es dann gegen mutmaßlich große Gegner wie Eintracht Trier oder die Stuttgarter Kickers. Ist die Barockstadt da krasser Außenseiter?
 
Der große Name kommt ja aus der Tradition und nicht aus dem Jahr 2022. Klar, das ganze Drumherum bei diesen Vereinen ist größer, und vom Namen her sind wir sicher nur Außenseiter, aber ich glaube nicht, dass wir uns qualitativ verstecken müssen. Wir stehen ja nicht umsonst dort, wo wir stehen. Und in der Relegation ist alles möglich. Sollte es so kommen, werden wir alles reinhauen und schauen, wofür es letztlich reicht.

Sollte der Aufstieg tatsächlich gelingen, würde das Abenteuer Regionalliga nach Ihrem Wechsel nach Bronnzell ohne Sie stattfinden. Hat Sie die Aussicht auf die Regionalliga nicht gereizt?

Hätte ich die Garantie gehabt, dass wir die Regionalliga schaffen, wäre ich vermutlich noch ein Jahr geblieben. Aber die Vereine und auch ich brauchten Planungssicherheit. Mir ging es immer darum, mir selbst zu beweisen, dass ich Stammspieler auf diesem Niveau sein kann. Das habe ich in diesem Jahr geschafft, und ich traue mir sportlich auch die Regionalliga zu. Ich habe mir aber auch die Frage gestellt, ob ich den Aufwand für die Regionalliga noch betreiben will. Ich bin jetzt 29, da plant man Haus, Familie, Kinder. Das will ich nicht erst mit 40 haben. Corona hat mir außerdem gezeigt, dass es auch ohne Fußball geht. Hinzu kommt, dass alle meine Kumpels, mit denen ich in Lehnerz angefangen habe, inzwischen in Bronnzell spielen.

Wie schwer fällt Ihnen der Abschied?

Noch geht es, weil wir noch spielen. Ich bin aber schon der emotionale Typ. Diese neun Jahre, insbesondere die Zeit in Lehnerz, hinter mir zu lassen, wird mir schon schwerfallen. Aber ich höre ja nicht auf. Ich will jetzt ein neues Kapitel schreiben und darauf freue ich mich.

Vorher steht aber noch mindestens ein Spiel auf dem Programm. Wie geht Ihr das Spiel an?

Wir haben jetzt eine Chance, mit der vor einigen Wochen niemand gerechnet hat. Wir werden das Spiel ernst nehmen, und ich bin mir sicher, dass wir auch gewinnen. Einfach noch mal alles raushauen und dann schauen wir mal, was Stadtallendorf macht. Wir können nichts mehr verlieren.

Herr Pecks, vielen Dank für das Gespräch. 

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