OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (5)

Benjamin Fuß: Freude mit Barockstadt, neuer Job in Hünfeld und eine Wette

Einst bei der SG Barockstadt, jetzt beim Hünfelder SV: Benjamin Fuß
Fotos: Marius Auth

01.06.2022 / HÜNFELD/FULDA - Er ist einer der schillerndsten Fußballer in Osthessen, spielte acht Jahre für den thüringischen Traditionsverein Carl-Zeiss Jena, wechselte 2015 zu Borussia Fulda, dann für die SG Barockstadt - und schloss sich im vergangenen Jahr dem Hünfelder SV an. Die Rede ist von Benjamin Fuß, der in vier Wochen seinen 32. Geburtstag feiert. Im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch schildert er, wie er sich mit dem Aufstieg der SG Barockstadt in die Regionalliga freute, wie er seinen zukünftigen Job als spielender Co-Trainer in Hünfeld sieht - und was er von seinem einstigen Marktwert von 125.000 Euro hielt...


Im ON|Sportgespräch lassen wir immer mittwochs Sportler aus verschiedenen Sportarten aus der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte, losgelöst vom aktuellen Tagesgeschehen. Teil fünf der Serie.

O|N: Herr Fuß, Ihr ehemaliger Verein, die SG Barockstadt ist in die Regionalliga aufgestiegen. Wie haben Sie das erlebt?

Benjamin Fuß: Natürlich habe ich es im Live-Ticker verfolgt. Und immer parallel geschaut. Es ist wie ein schönes Drehbuch. Es ist was Gutes. Für die Jungs. Das Umfeld. Die Region. Die Mannschaft hat viele Rückschläge gehabt im Verlauf der Runde. Trotzdem habe ich daran geglaubt. Sie hat alles dafür gegeben und eine Riesen-Mentalität an den Tag gelegt. Man hatte schon das Gefühl, dass es hätte reichen können, wenn man so im Flow ist wie die SG Barockstadt.

Was hat Ihnen diese Zuversicht gegeben?

Das gesamte Mannschaftsgefüge - das passt einfach. Es kam rüber, dass das Team sagte: Wir müssen Verletzungsprobleme als Mannschaft auffangen. Die Region lechzt einfach danach. Und jetzt kommen endlich wieder Vereine wie Kickers Offenbach oder Ulm. Ich habe ja auch mit dem größten Teil noch zusammengespielt und werde jetzt einige Heimspiele besuchen. Mich freut es auch für die ganzen "Macher". Drei Tage zuvor habe ich noch mit Leon Pomnitz getroffen.

Ihr Verein, der Hünfelder SV, hat den Klassenerhalt der Hessenliga nicht geschafft. Wie beurteilen Sie das Abschneiden des Teams?

Man muss die Serie zweigeteilt betrachten. Obwohl die Vorrunde gut war, war das Manko, dass wir in unseren guten Spielen nichts mitgenommen haben. Der Ertrag war nicht gut. In der Rückrunde konnten wir das Leistungsniveau nicht abrufen. Aus verschiedenen Gründen. Die Qualität in der Breite ist nicht vorhanden.

Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?

Es war der richtige Schritt, nach Hünfeld zu wechseln. Zumal ich 32 werde und in Langenbieber ein Haus gebaut habe. Hünfeld hat mich sensationell aufgenommen. Ich bin von Anfang an dagewesen. Die Hinrunde verlief auch für mich super. Dann habe ich mich am Knie verletzt. Beim Aufwärmen vor dem Spiel gegen Zeilsheim war das. Seitdem habe ich in der Runde kein Spiel mehr bestreiten können.

Sie werden in der neuen Saison spielender Co-Trainer beim Hünfelder SV. Reizt Sie die Aufgabe? Und wie unterscheidet sich der neue Job von dem als Spieler?

Natürlich reizt das mich, zumal das ein Einstieg ins Trainergeschäft ist. Unter der Woche ist es wohl gar nicht so anders als bisher. Du machst gewisse Trainingspunkte oder -inhalte, zum Beispiel das Aufwärmen oder etwas Spezifisches. 

Ihr bisheriger Innenverteidiger-Kollege Steffen Witzel hört auf - zumindest hat er das gesagt. Was bleibt vom Innenverteidiger-Duo übrig?

Ein gutes Verhältnis (lacht). Wir haben eine Wette laufen. Ich habe gesagt: Du spielst noch. Er hat gesagt: Tue ich nicht. Mal sehen, wer Recht behält.

Wie schätzen Sie Hünfelds Aussichten in der neuen Saison ein?

Ziel muss es sein, eine schlagkräftige Mannschaft zu stellen, die im oberen Drittel mitspielt. Wir wollen schon oben dabei sein. Und ich bin guter Dinge, dass wir das auch schaffen.

Sie haben acht Jahre für Carl-Zeiss Jena gespielt? Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Profispiel?

Ja, das war ein Flutlichtspiel. Und eine geile Zeit in Jena.
(Es war am 2. September 2009 gegen die Zweitvertretung von Borussia Dortmund)

Sie sind 1990 geboren? Haben Sie noch Erinnerungen an den DDR-Fußball? Und an Dinge wie zum Beispiel Mentalität?

Erinnerungen habe ich nicht mehr, nur vom Hörensagen. Und Mentalität? Man wurde halt so erzogen. Dass die nie etwas geschenkt wird. Dass du dir alles hart erarbeiten musst. Viele andere hatten bestimmt ein größeres Talent als ich, haben es aber aufgrund fehlender Mentalität nicht geschafft. Oft reicht Talent allein nicht. Und - zum Beispiel in Jena - man bekommt es von den Trainern vorgelebt. Die legten halt auch einen gewissen Wert auf Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit, auf physische Dinge. Und wenn man das nicht hat, wird es halt schwer nach oben.

Sie hatten mal einen Marktwert von 125.000 Euro. Können Sie sich daran erinnern und was sagt Ihnen das heute?

Ja. In Jena war das, während meiner Übergangszeit von der U19 in den Männerbereich. Ich war ein junger Spieler damals. Fußball ist dein Ein und Alles. Ich bin als 14-Jähriger von zu Hause weg. Das heißt dann schon was, wenn man alles in den Fußball gesteckt hat.  Als junger Spieler hast du nur Fußball im Kopf. Wenn man da kein ordentliches Elternhaus hat, hebt man schnell ab. Es war aber mit noch höherklassigem Fußball relativ schnell vorbei, weil ich im Alter von 19 einen Kreuzbandriss erlitten habe. Im Nachhinein war ich froh, dass meine Eltern darauf gepocht haben, mein Abitur zu Ende zu machen.  Ich habe es am eigenen Leib gespürt, wie schnell es mit Fußball vorbei sein kann. Obwohl ich damals zwei, drei lose Anfragen für die zweite oder dritte Liga hatte. Übrigens habe ich das Niveau nie wieder so hinbekommen. (wk) 

Zur Person

Benjamin Fuß ist 31  Jahre alt, gebürtig aus Bad Salzungen und in Wiesenthal aufgewachsen. In der Jugend spielte er für Wiesenthal, Wacker Bad Salzungen und Carl-Zeiss Jena. Dorthin wechselte er als 18-Jähriger und blieb acht Jahre. Zwickau und Meuselwitz waren weitere Stationen - ehe er sich 2015 Borussia Fulda anschloss. Auch für die SG Barockstadt kickte Fuß, als die drei Jahre später gegründet wurde. Im vergangenen Jahr wechselte er zum Hünfelder SV, wo er in der neuen Saison als Spielertrainer fungiert. Fuß ist verheiratet und wohnt in Langenbieber. Seine Frau heißt Janine, sein Sohn ist der fünfjährige Oscar. Der hat am selben Tag Geburtstag wie Benjamins Mutter Gabi. Fuß ist Teamleiter für Subunternehmer bei der Firma R+S Group GmbH in Fulda. +++

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