OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (47)

Tobias Schuff: Der Sport ist mit ein Grund, warum ich noch lebe

Tobias Schuff war zu Gast in der O|N-Redaktion
Fotos: Carina Jirsch

23.03.2023 / FULDA - Triathlet, Fußballtrainer, Krebspatient. Tobias Schuff ist kein Sportler wie jeder andere. Im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch spricht der 40-Jährige Co-Trainer des SV Mittelkalbach über seine Zeit als erfolgreicher Triathlet, den Wunsch endlich als Fußballtrainer wahrgenommen zu werden und seinen Kampf gegen eine unheilbare Krankheit. 


Im O|N-Sportgespräch lassen wir immer Menschen aus verschiedenen Sportarten der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte. Heute folgt Teil 47 der Serie. 

O|N: Tobias, aktuell bist du noch bis Saisonende Athletik - und Co-Trainer von Dennis Leinweber beim Fußballkreisoberligisten Mittelkalbach. Weißt du schon, wie es nach der Saison für dich weitergeht?


Tobias Schuff: Die Tendenz ist auf jeden Fall, dass ich bleiben soll. Die ersten Gespräche mit dem Verein habe ich schon geführt, das finale Gespräch ist noch offen. Ich fühle mich einfach echt wohl, die Zusammenarbeit mit Dennis funktioniert super. 

O|N: Ist Mittelkalbach deine erste Trainerstation? 

Schuff: Ich war 2014 schon mal in Nüsttal, meinem zweiten Heimatverein, Betreuer bzw. Athletik-Trainer. Damals bin ich durch Matze Kapelle da reingerutscht. Zu der Zeit wollte ich einfach etwas Abstand zum Triathlon gewinnen. Es hat auch echt Spaß gemacht, aber 2016 habe ich dann noch mal ein lukratives Angebot bekommen und bin noch mal für ein Jahr zum Triathlon zurückgekehrt. 

O|N: Die meisten dürften dich auch als Triathlet kennen. Dort hast du große Erfolge gefeiert, hast unter anderem den Barockstadt-Triathlon gewonnen. Wie landet man als passionierter Triathlet beim Fußball? 

Schuff: Ich möchte von dem Image als reiner Triathlet wegkommen. Ich habe früher ja auch Fußball gespielt, sogar seit der Jugend. Ich bin unter anderem mit Nüsttal in die Kreisoberliga aufgestiegen. Ich war zwar nie der große Techniker und begnadete Fußballer, aber man muss auch kein super Fußballer gewesen sein, um ein guter Trainer sein zu können. So ganz Fußball-unerfahren bin ich nicht. 

O|N: Kannst du dir denn auch vorstellen, einen Verein mal als Cheftrainer zu betreuen? 

Schuff: Ich würde das schon gerne mal machen. Ich habe letztes Jahr sogar mit dem C-Schein beim Hessischen Fußball Verband angefangen und möchte definitiv irgendwann meinen eigenen Weg als Trainer gehen. Ich denke, das, was ich von Dennis lerne und von Matze Kapelle gelernt habe, kann ich gut mitnehmen. Ich würde mir den Cheftrainer auf jeden Fall zutrauen. In welcher Liga spielt dann erst mal keine Rolle, die Mannschaft sollte aber ambitioniert sein. Das bin ich schließlich auch.  

O|N: Eine Eigenschaft, die dich ja auch schon beim Triathlon auszeichnete. 

Schuff: Ich war immer engagiert und ehrgeizig. Ich habe in meiner Triathlon-Zeit neben meinem Hauptberuf noch rund 25 Stunden in der Woche trainiert. Nach der Arbeit, vor der Arbeit, egal wann. Am Wochenende teilweise fünf bis sieben Stunden am Tag. Darunter haben natürlich Freunde und Familie gelitten, ich habe zu dieser Zeit auch einige Freunde verloren. 

O|N: Wie blickst du heute auf diese Zeit zurück. Bereust du etwas?

Schuff: Damals wollte ich es ja so. Heute blicke ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Es hat viel Spaß gemacht, aber ich musste auch einige Steine aus dem Weg räumen. Von einigen wurde ich auch belächelt oder ausgelacht, weil ich mich um Sponsoren bemüht habe, obwohl ich nicht der beste Triathlet des Landkreises war, sondern nur zu den besseren gehört habe. Mir hat das damals aber einfach Spaß gemacht, ich habe gerne mit den Unternehmen verhandelt. Alles in allem war es eine schöne Zeit. Wer weiß, vielleicht wäre mehr drin gewesen, wenn ich früher mit dem Sport angefangen hätte. 

O|N: Vor drei Jahren passierte aber etwas, dass den Sport in den Hintergrund hat treten lassen. Bei dir wurde ein Hirntumor diagnostiziert. 

Schuff: 2017 hatte ich meinen letzten Wettkampf, 2018 hatte ich dann erstmals Schwindelanfälle, damals wurde allerdings noch nichts festgestellt. Eines Tages habe ich mich dann auf der Arbeit verhoben, hatte eine Blockade im Rücken und habe keine Luft mehr bekommen. In der Notaufnahme wurde ich dann geröntgt, da haben sie dann erstmals etwas gesehen. Bei einem Spezialisten kam dann heraus, dass es ein Hirntumor ist. In Würzburg wurde ich operiert. Ich hatte die OP auch sehr gut vertragen, wollte nach zwei Tagen schon wieder laufen gehen (lacht). Nach einer Woche wurde ich entlassen, ich habe mich wirklich super gefühlt, dachte ich wäre gesund. Bei der Untersuchung des entnommenen Gewebes kam dann allerdings heraus, dass ich ein Glioblastom habe, eine höchst aggressive, nicht heilbare Krebsform. 

O|N: Was ging in dir vor, als du diese Diagnose bekommen hast? 

Schuff: Das muss man dann natürlich erstmal sacken lassen. Meine Reaktion war aber dann schnell: Ich will leben, was kann ich tun. Dann gingen Bestrahlung und Chemotherapie los - 30 Tage am Stück. Ich wurde jeden Tag von Hünfeld mit dem Taxi nach Würzburg gefahren. Es war wirklich heftig. Ich habe das aber ganz gut überstanden. Aktuell geht es mir gut. Ich muss jetzt alle drei Monate zur Kontrolle. Man hat mir aber gesagt, dieser Glioblastom sei der schlimmste Hirntumor, den es gibt. Er kommt auch definitiv wieder zurück - schneller und aggressiver als zuvor. 

O|N: Wie lebt man mit dieser Gewissheit? 

Schuff: Ich lebe damit seit 2020, bisher ist nichts zurückgekommen. Ich bin mega positiv eingestellt. Ich will kein Mitleid, das sage ich auch immer den Jungs beim Fußball. Sie sollen mich nicht anders behandeln, nur weil ich Krebs habe. Ich habe im Triathlon nie aufgegeben und werde auch im Kampf gegen den Krebs nie aufgeben. Wenn er wieder zurückkommen sollte, weiß ich, was auf mich zukommt, dann nehme ich den Kampf wieder an. Aufgeben war und ist für mich keine Option. 

O|N: Wie sehr hat dir der Sport in dieser Zeit geholfen? 

Schuff: Jeder sagt zu mir, deine Disziplin, dein Kampfgeist vom Triathlon haben dir das Leben gerettet und das glaube ich auch. Ich habe während meiner Chemotherapie weiter Ausdauer- und Kraftsport getrieben. Der Sport hat mich definitiv auch am Leben gehalten, genau wie die Rückendeckung meiner Familie und meiner Freundin. 

O|N:  Wie präsent ist diese Krankheit in deinem Alltag? 

Schuff: Ich denke da nicht dran, das würde einen auch nur kaputt machen. Ich habe inzwischen einen Sohn, der auf natürlichem Wege entstanden ist, etwas, das die Ärzte für nicht möglich gehalten haben. Er heißt Matteo, italienisch für "Geschenk Gottes", ich glaube, das trifft es ganz gut. Ich will die Zeit mit ihm, meiner Familie und meinem Hobby einfach genießen. Ich bin positiv und voller Energie und will noch jede Menge erreichen. Ich werde den Kampf gegen den Krebs nicht verlieren.

O|N: Tobias, vielen Dank für das Gespräch. (fh)+++

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