OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch

Patrick Dendtler: "Im Football herrscht ein ganz anderer Spirit als im Fußball"

Saints-Qauterback Patrick Dendtler war zu Besuch in der O|N-Redaktion
Fotos: Finn Rasner

18.05.2022 / FULDA - Patrick Dendtler hat einen ungewöhnlichen sportlichen Werdegang hinter sich. Der gebürtige Remscheider war jahrelang begeisterter Fußballer, als er dann zum Studieren nach Fulda zog, wendete er sich dem American Football zu. Erst als Receiver, später dann als Quaterback. Mit dem 26-Jährigen auf der Schlüsselposition stiegen die Fulda Saints in die Oberliga auf und wollen dort dieses Jahr Meister werden. Im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch spricht Dendtler über den Saisonstart, den Unterschied zwischen Fußball und Football und seine persönlichen Ambitionen.

Im O|N-Sportgespräch lassen wir immer mittwochs Sportler aus verschiedenen Sportarten unserer Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte, losgelöst vom aktuellen Sportgeschehen. Teil drei der Serie. 

O|N: Herr Dendtler, lassen Sie uns zunächst einmal über den Saisonstart sprechen. Gegen die Kassel Titans, den vermeintlichen Hauptkonkurrenten um die Meisterschaft, setzte es am ersten Spieltag eine Niederlage. Wie lange hat Sie das beschäftigt?



Patrick Dendtler: Ich habe da schon immer eine Zeit lang dran zu knabbern. In dem Fall auch, weil ich mit meiner eigenen Leistung nicht zufrieden war. Da ich ein Schlüsselspieler bin, nehme ich mich mehr mit in die Verantwortung. Wenn ich selbst keinen guten Tag habe, wird es schwer zu gewinnen. Und gegen Kassel habe ich eines meiner schlechtesten Spiele gemacht, seit ich diese Position spiele. Man muss aber auch dazusagen, dass Kassel einfach das bessere Team war. Selbst wenn wir die Fehler nicht gemacht hätten, wäre es sehr schwer geworden.

Sie haben Ihre besondere Rolle als Quaterback bereits angesprochen. Wie gehen Sie mit dem damit verbundenen Druck um?

Dieses Druckempfinden ist für mich subjektiv tatsächlich recht gering. Als Quaterback habe ich immer wieder Möglichkeiten, Fehler auszubügeln und es im nächsten Spielzug besser zu machen. Das ist auf anderen Position ganz anders. Da hat man im ganzen Spiel ein, zwei Chancen und muss dann abliefern. Wenn man da dann versagt, ist man der Buhmann.

Ihr wichtigster Ansprechpartner ist Offensive-Coordinator Jonas Heck. Wie wichtig ist er für sie?

Sehr wichtig, wir arbeiten sehr eng zusammen. Daraus hat sich dann über die Jahre auch eine gute Freundschaft entwickelt. Die Expertise, die er mit erst 24 Jahren mitbringt, ist Wahnsinn. Er ist schon seit mehreren Jahren in einem Bundesliga-Team aktiv und fährt einmal die Woche aus Potsdam extra hierher, um mit uns zu trainieren und noch mal einen Meisterschaftsrun zu starten - nur aus Verbundenheit zu seinem Heimatverein. So eine Expertise ist für uns alle Gold wert, von außen würden wir die gar nicht bekommen.

Ihr Weg zum Quaterback war ein ungewöhnlicher. Sie haben jahrelang Fußball gespielt und sind erst dann im Studium zum Football gewechselt. Warum?

Das hatte mehrere Gründe. Zum einen war der Abschied von meinem Heimatverein sehr emotional, ich hatte diese Mannschaft mit aufgebaut und dann nicht das Bedürfnis mir einen neuen Verein zu suchen. Zum anderen begann mit meinem Umzug ein neuer Lebensabschnitt und ich dachte mir, 'Hey, wenn ich mich schon privat und beruflich neu aufstelle, warum dann nicht auch sportlich?' Football war da aus meiner Sicht eine neue Herausforderung, auch was das Körperliche angeht. Ich hatte dadurch eine echte Motivation, was für meinen Körper zu tun. Das hat mir sehr gefallen.

Durch ihre Vergangenheit können Sie Fußball und Football gut miteinander vergleichen. Wie unterscheiden sich die beiden Sportarten, abgesehen davon, dass die eine mit den Füßen und die andere mit den Händen gespielt wird?

Auf dem Platz ist Fußball viel intuitiver, das Spiel ständig im Fluss. Beim Football ist jeder Spielzug genau geplant und alles aufeinander abgestimmt. Darüber hinaus glaube ich auch, dass im Football ein ganz anderer Spirit herrscht als im Fußball. Dieses familiäre wird bei uns schon sehr gelebt, jeder weiß, dass der andere für ihn da ist. Ich weiß nicht, ob das im Fußball, wo ja teilweise schon in unteren Ligen Geld fließt, auch noch so ist.

Ist Fulda durch den Football eine zweite Heimat für Sie geworden?

Ja, auf jeden Fall. Die beste Entscheidung meines Lebens war es, mit dem Studium angefangen, die zweitbeste mit dem Football anzufangen. Während meine Studienfreunde nach dem Studium alle wieder aus Fulda weggezogen sind, bin ich der Einzige, der hiergeblieben ist. Da hat der Football für mich noch mal einen anderen Stellenwert bekommen. Durch den Sport habe ich mir einen Bekannten- und Freundeskreis außerhalb des Studiums aufgebaut. Deswegen fühle ich mich immer noch wohl und zuhause hier.  

Könnten Sie sich vorstellen für eine neue sportliche Herausforderung von hier fortzugehen?

Nur wenn sich das Team sehr verändert oder auflöst. Ich stelle mir aber natürlich die Frage, was ist für mich noch möglich und wo liegt meine Priorität. Will ich es noch mal wissen? Da bin ich selbst noch unschlüssig. Ausschließen will ich es aber nicht. Momentan konzentriere ich mich aber auf das Hier und Jetzt und will mit den Saints eine gute Saison spielen.

Wann wäre es denn eine gute Saison?

Es ist zwar eine langweilige Antwort, aber ich bin zufrieden, wenn wir alles gegeben haben und uns nicht vorwerfen müssen, etwas leichtfertig liegenzulassen. Wozu es dann reicht, wird man sehen.

Herr Dendtler, vielen Dank für das Gespräch. (fh) +++

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