OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (60)

Tobias Wolf: "Messi hat uns in 15 Minuten drei Dinger eingeschenkt"

Tobias Wolf war zu Gast in der O|N-Redaktion
Fotos: Hendrik Urbin

22.06.2023 / FULDA - Er war seit der Gründung der SG Barockstadt 2018 eine der großen Konstanten des Regionalligisten. Tobias Wolf war jahrelang Stammtorwart und Führungsspieler bei der SGB, spielte davor bei Borussia Fulda, Hessen Kassel, Kickers Offenbach und in der Jugend für Eintracht Frankfurt. Im Sommer beendete er mit 34 Jahren seine Karriere. Im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch spricht er über seine fußballfreie Zeit, eine unvergessliche Begegnung mit Lionel Messi und ein mögliches Comeback. 


Im Osthessen|News-Sportgespräch lassen wir immer Menschen aus verschiedenen Sportarten der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte. Heute folgt Teil 60 der Serie. 

O|N: Tobias, Deine ehemaligen Kollegen starten am Mittwoch in die Vorbereitung. Für Dich wird es der erste Sommer ohne Fußball. Hast Du Angst, dass es Dir langweilig wird? 

Tobias Wolf: Nein. Die Familie beschäftigt mich schon, da fällt mir schon viel ein, gerade jetzt in den schönen Sommermonaten. Generell genieße ich die Familienzeit aktuell sehr, das macht mir am meisten Spaß. Und dann werde ich viele Freunde besuchen, die in den letzten Jahren zu kurz gekommen sind. Also langweilig wird mir definitiv nicht. (lacht) 

O|N: War die Familie auch der Grund, warum Du Deine Karriere beendet hast? 

Wolf: Es war mit ein Hauptgrund, ja. Der Gedanke ans Karriereende ist irgendwann im Dezember in mir gereift, als ich mich gefragt habe, ob ich das überhaupt noch so will. Es geht jetzt ja auch bei uns immer mehr Richtung professionellem Fußball und dagegen habe ich mich schon vor 15 Jahren in Offenbach entschieden. Ich möchte jetzt einfach die Zeit nach dem Feierabend und die freien Wochenenden mit der Familie genießen. Zumal ich mit dem Jahr in der Regionalliga einen perfekten Abschluss hatte. 

O|N: Dein letztes Spiel ist nun schon ein paar Wochen her. Wie blickst Du mit etwas Abstand auf diesen Tag zurück? 

Wolf: Es war schon emotional. Gerade beim letzten Training seine Sachen zusammenzupacken, die da schon so lange standen, war ein komisches Gefühl. Zu Tränen gerührt war ich aber nicht, das war dann eher abends der Fall, als meine Frau eine Überraschungsparty für mich geschmissen hat. Da waren 30 alte Weggefährten wie Oli Bunzenthal, Daniel Freidhof, Harry Link oder Patrick Polster da. Das hat mich schon sehr gerührt. Aber auch wie die Mannschaft mich verabschiedet hat, war genial. Jeder hat sich noch mal richtig reingehauen, um mir und Dennis Müller und allen anderen Jungs, die gehen, einen schönen Abschied zu ermöglichen. 

O|N: War das Jahr in der Regionalliga mit der SGB das i-Tüpfelchen für Deine Karriere? 

Wolf: Mit meiner Heimatstadt dort noch mal spielen zu können, war schon ein Traum. An den Aufstieg in Eddersheim werde ich mich ein Leben lang erinnern. Wenn ich daran denke, wie wir die letzten Minuten auf den Liveticker gestarrt haben, kriege ich heute noch Gänsehaut. Aber wertvoller als der Aufstieg war für mich, wie wir uns in dieser Saison präsentiert haben, gerade in der Hinrunde, als wir so viele Punkte geholt haben. Das war wirklich ein krönender Abschluss. 

O|N: Hat es Dich überrascht, dass Ihr so eine gute Rolle auf Anhieb gespielt habt? 

Wolf: Überrascht nicht unbedingt, weil wir einfach viele Spieler haben, die auch bei anderen Regionalligisten spielen könnten. Ein oder zwei haben vielleicht sogar das Zeug für die 3. Liga. Die Jungs spielen alle nur hier, weil es ihre Heimat ist. Und diese Qualität hat man dann eben auch auf dem Platz gesehen. 

O|N: Du selbst hast bei Eintracht Frankfurt, Hessen Kassel und Kickers Offenbach gespielt, hast Dich dann aber bewusst gegen den Weg in den Profifußball entschieden. Warum? 

Wolf: Als Kind wollte ich auch immer Fußballprofi werden. Und ich wollte das später auch noch. Fußball hat mir bis zuletzt unheimlich viel Spaß gemacht. Die Zeit bei Hessen Kassel möchte ich auch nicht missen. Der Verein war intakt, die Fans waren super. In Offenbach, in der 3. Liga, habe ich dann gemerkt, dass der Profifußball ein echtes Haifischbecken ist. Die Leute, die mich wollten, waren dann schnell nicht mehr da, weil es nur um Erfolg und Geld geht. Da habe ich gemerkt, dass ich das nicht möchte. Und für mich war auch immer klar, dass ich was mit meinem Abitur anfangen will. Im Studium habe ich dann meine Frau kennengelernt. Ich habe also alles richtig gemacht (lacht). 

O|N: Hast Du denn noch Kontakt zu Deinen Ex-Vereinen? 

Wolf: Wenn, dann noch zu Betreuern oder ehemaligen Torwarttrainern, die man ab und an sieht und mit denen mal ein Wort wechselt. Zu ehemaligen Mitspielern nicht mehr. Borussia Fulda mal ausgenommen. 

O|N: In Deiner Zeit bei Eintracht Frankfurt hast Du in der Jugend auch mal gegen einen gewissen Lionel Messi gespielt. Wie war das damals?  

Wolf: Ja, das ist eine ganz lustige Geschichte. Vincent Schneider, der damals auch dabei war, hat mich vor einem Jahr noch gefragt, ob ich noch irgendwo einen Zeitungsartikel von dem Spiel habe. Bei Jugendturnieren in Italien gab es immer so Turnierheftchen. Leider ist das aber nicht mehr auffindbar. Ich weiß es aber noch ganz genau. Messi hat 15 Minuten gebraucht, um uns drei Dinger einzuschenken. Zweimal hat er mich, glaube ich, überlupft. Das ganze System war damals schon auf Messi ausgelegt. Man hat ihm den Ball gegeben und er hat dann was damit gemacht. Wir haben gar keinen Ball mehr gesehen. Das war schon Wahnsinn. Mir ist es aber erst fünf Jahre später bewusst geworden, dass das der Lionel Messi war. (lacht). 

O|N: Dann lass uns von der Vergangenheit noch mal in die Zukunft schauen. Kannst Du Dir denn vorstellen, noch mal in einer niedrigeren Klasse irgendwo zu spielen? 

Wolf: Aktuell kitzelt es mich noch gar nicht. Zurzeit genieße ich viel zu sehr die Zeit mit meiner Familie. Ich weiß auch noch gar nicht, was ein Verein sportlich bieten müsste, damit ich noch mal schwach werde. Wenn allerdings ein paar Spieler, die derzeit noch spielen und mit denen ich guten Kontakt pflege, irgendwann mal Spielertrainer werden, kann ich mir gut vorstellen, in der Konstellation dann mal die Funktion des Torwarttrainers zu übernehmen. Aber das ist Zukunftsmusik. Ich lasse das nächste Jahr erstmal auf mich zukommen und werde mir ein paar Amateurspiele anschauen. 

O|N: Aber so ganz ohne Fußball geht es auch nicht? 

Wolf: Nein, auf keinen Fall. Ich habe jetzt auch ein paar Relegationsspiele geschaut. Nächste Saison werde ich dann eben mit meinen Kindern zusammen schauen. Ich will auch weiter die Spiele der Barockstadt verfolgen, weil eben noch viele da sind, die ich schon lange kenne. Meine Kinder können dann in der Sprunggrube in der Johannisau spielen. (lacht)  

O|N: Tobi Wolf, vielen Dank für das Gespräch. (fh)+++

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