OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (74)

"Das Playoff-Halbfinale soll nur ein Zwischenschritt sein"

Jonas Heck (l.) und Frank Schreiner waren zu Gast in der O|N-Redaktion
Fotos: Finn Rasner

06.10.2023 / FULDA - Die Fulda Saints sind das Aushängeschild in Osthessen, wenn es um American Football geht. Am Samstag (15 Uhr) steht für Fuldas Footballer das größte Spiel ihrer Geschichte auf dem Programm. Im Sportzentrum Johannesberg geht es gegen die Saarland Hurricanes II im Playoff-Halbfinale um den Aufstieg in die Regionalliga. Im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch sprechen Offensive-Coordinator Jonas Heck und Teammanager Frank Schreiner über das Duell, wie die Saints vom Footballboom in Deutschland profitieren, und was ein Aufstieg für den Verein bedeuten würde. 


Im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch lassen wir immer Menschen aus verschiedenen Sportarten der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte. Heute folgt Teil 74 der Serie.

O|N: Frank, Jonas, am Samstag ist es so weit. Seid ihr beiden schon nervös? 

Frank Schreiner: Nervös eher nicht. Konzentriert bis in die Spitzen trifft es eher. 

Jonas Heck: Es ist natürlich schon eine andere Ernsthaftigkeit in den Playoffs, aber nervös bin ich jetzt auch nicht. Es ist eher Freude, schließlich haben wir ein Jahr darauf hingearbeitet. 

O|N: Gegner werden die Saarland Hurricanes II sein. Was ein Gegner kommt da auf euch zu? 

Heck: Es ist die Reservemannschaft eines GFL-Teams, die können also auf jeden Fall Football spielen. Sie haben viele junge Spieler, die seit ihrer Jugend dabei sind. Offensiv sind sie sehr stark, waren hinter uns die zweitbeste Offense der Liga, defensiv stehen sie auch solide. Sie sind also ein ebenbürtiger Gegner. Wir haben uns aber sehr gut vorbereitet, haben wochenlang gescoutet und in Meetings besprochen, wie wir das Spiel angehen wollen. Wir haben definitiv Vertrauen in uns und unser Spiel. 

O|N: Welchen Stellenwert hat das Spiel? Ist es das größte Spiel, was Football-Fulda je erlebt hat?

Heck: Bisher ja, aber wir sind davon überzeugt, dass es nicht das größte Spiel bleiben wird.  

Schreiner: Stand heute ist es der Höhepunkt, aber hoffentlich ist es Samstagabend nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum nächsten Höhepunkt gewesen. 

O|N: Jonas, du bist Offensive-Coordinator bei den Saints, du bist als Trainer also für die Offense verantwortlich. Wie viel Zeit investierst du in die Vorbereitung auf so ein Spiel? 

Heck: Football generell kostet mich im Schnitt 15 bis 20 Stunden die Woche. An Trainingstagen sind es mit Vor- und Nachbereitung rund vier Stunden, für einen Gameday gehen auch schon mal zehn Stunden drauf. Dazu kommen dann noch Videos, die ich schaue. So läppert es sich dann zusammen. 

O|N: Die Playoffs zur Regionalliga sind das Ergebnis einer rasanten Entwicklung bei den Saints. Wie ist das zu erklären. Vor vier Jahren habt ihr ja noch in der Landesliga gespielt? 

Schreiner: Genau, wir sind 2019 in die Oberliga aufgestiegen, wir haben es dann geschafft, die Klasse zu halten und uns in der Liga zu etablieren. Man muss aber auch sagen, dass wir in den letzten Jahren schon guten Football gespielt haben, es aber da aus verschiedenen Gründen noch nicht zum Aufstieg reichte. Jetzt ist der Kader so gut und tief wie nie zuvor. 

Heck: Dass wir jetzt da stehen, wo wir stehen, ist auch ausschließlich der Verdienst aller Spieler. Daniel Katusic, Alexander Wenzel und ich geben zwar als Trainerteam unser bestes, aber dass es so gut läuft in dieser Saison liegt nur an der Qualität des Kaders. 

O|N: Um Football und insbesondere die NFL ist ja ein richtiger Hype entstanden. Haben die Saints auch davon profitiert? 

Heck: Man merkt schon, dass das generelle Interesse gestiegen ist. Die Leute haben einfach mehr Berührungspunkte damit. Dementsprechend kommen auch mehr Zuschauer zu uns. Und auch bei den Tryouts, eine Art Probetraining, kommen deutlich mehr potenzielle Spieler. 

Schreiner: Am meisten sieht man es bei unseren Junioren. Da konnten wir uns von fünf Spielern auf 23 Aktuere steigern. 

Heck: Für die jungen Leute ist Football halt einfach cool. Das spielt nicht jeder und ist mal was anderes. 

O|N: Dabei ist Football recht kompliziert, deutlich komplizierter als Fußball beispielsweise. Das kann ja auch abschreckend wirken. Wie habt ihr damals den Zugang zum Football gefunden? 

Heck: Mein erster Berührungspunkt mit Football war 2013 im Schulbus nach dem Super Bowl. Ein paar Leute sind damals wach geblieben, um sich das Spiel anzuschauen und die meinten dann zu mir, ich sollte es auch mal probieren. Ich habe mir dann mittags noch die Aufzeichnung angeschaut und rein gar nichts verstanden, fand es aber irgendwie cool. Und ab da habe ich mich mit Football beschäftigt, habe die Regeln gelernt, Spiele im Fernsehen gesehen. 2015 habe ich dann in Fulda angefangen. 

Schreiner: Bei mir waren es die Frankfurt Galaxy. Damals sind wir ab und an mit ein paar Leuten nach Frankfurt gefahren und haben uns dann gewundert, warum alles paar Minuten eine Flagge aufs Feld geworfen wird (lacht). Dass ich bei den Saints gelandet bin, habe ich unserem Running Back Alex Traber zu verdanken. Er stand vor mir in der Movievision als er sich umdrehte, an mir hochsah und mich fragte, ob ich nicht Football spielen wolle. In dem Moment war ich noch etwas überfordert, aber der Gedanke war bei mir im Kopf. Kurz bevor ich 30 wurde, habe ich es dann doch mal probiert, ging in ein Tryout und hatte die erste positive Teamsporterfahrung meines Lebens. Beim Fußball hieß es immer, der Dicke geht ins Tor. Hier kamen nach dem Training 30 Spieler auf mich zu und baten mich, wiederzukommen. Dieses Gemeinschaftsgefühl macht Football so einzigartig. 

O|N: Jetzt sind solche besonderen Spiele wie am Samstag ja gerne auch mal Anlass für den ein oder anderen Neuling vorbeizuschauen. Kommen auch die auf ihre Kosten? 

Schreiner: Es lohnt sich definitiv für jeden zu kommen. Unser Stadionsprecher Andreas Henkel versucht immer alle Leute abzuholen, in dem er die Regeln erklärt und hier und da auch mal sagt, warum jetzt eine Flagge geworfen wurde. Wir versuchen also schon, auch Neulinge mitzunehmen. 

O|N: Was wird den Zuschauern am Samstag noch geboten? 

Schreiner: Es werden wieder die Cheerleader dabei sein. Und dann steht das Wochenende in Johannesberg ganz im Zeichen des Oktoberfests. Das startet schon am Freitagabend mit dem Fassanstich und geht dann nach unserem Spiel weiter. Es wird also Festbier und einen speziellen bayrischen Burger geben. Und hoffentlich jede Menge geilen Football. 

O|N: Sollte es mit dem Aufstieg klappen, was würde sich für die Saints ändern? 

Schreiner: Sehr vieles. Wir hätten dann ein höheres Anforderungsprofil an den Kader, kämen ohne ein oder zwei Importspieler nicht mehr aus. Organisatorisch wären wir dann noch wesentlich mehr auf die regionalen Unterstützer angewiesen. Wir haben derzeit ein sehr gutes Sponsorenumfeld, aber es wäre wünschenswert, wenn sich dann vielleicht auch ehemalige Sponsoren wieder dafür begeistern könnten. 

Heck: Rein sportlich ist der Unterschied zwischen Oberliga und Regionalliga schon sehr groß. Wir würden dann auf Teams wie Wiesbaden oder Montabaur treffen, die einfach tiefer besetzt sind und sogar den einen oder anderen Amerikaner in ihren Reihen haben. Unser Kader müsste dann dementsprechend auch größer werden. Zum einen durch ein oder zwei Importspieler aus dem Ausland, vornehmlich aus den USA, und zum anderen aber auch durch Spieler aus der Region, die uns mehr Tiefe geben und ältere Spieler entlasten können. 

O|N: Ihr würdet ja auch gerne mal im Stadion spielen. Wäre das in der Regionalliga realistischer? 

Schreiner: Sollten wir aufsteigen, würde ich mir wünschen, dass wir zumindest ein Heimspiel mal im Stadion austragen. Dafür würde schon alleine die Stimmung sprechen. Letztlich kommt es aber darauf an, was die Stadt Fulda dazu sagt. Das wird man dann sehen. 

O|N: Dann zum Abschluss: Was ist denn perspektivisch noch drin für die Saints? Wäre auch mehr als die Regionalliga möglich? 

Schreiner: Aktuell fehlt dafür viel, viel Geld. Perspektivisch könnte man es in fünf bis zehn Jahren aber durchaus schaffen. Wenn wir es schaffen, uns in der Regionalliga zu etablieren, werden wir auch für Sponsoren attraktiver, womöglich würde die Fanbase größer, dazu mehr Zuschauereinnahmen. Aber das ist alles Zukunftsmusik. Wir werden keine Hau-Ruck-Aktionen starten, sondern wollen Stück für Stück wachsen. Dann wird man sehen, wozu es reicht.

O|N: Frank, Jonas, vielen Dank für das Gespräch. (fh)+++

Hinweis:
Dieser Artikel ist zuerst auf torgranate.de erschienen.

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