OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch

René Kircher: "Einige Wochen dachte ich, dass ich diese Saison gar nicht fahre"

Rene Kircher war zu Gast in der O|N-Redaktion
Fotos: Marius Auth

04.05.2022 / FULDA/HÜNFELD - Vom Rennfahrer ohne Auto aufs Podium der ADAC-TCR Germany in nicht einmal zwei Wochen. Hinter dem Hünfelder René Kircher liegen nervenaufreibende Tage. Als sich der 21-Jährige schon damit abgefunden hatte, in diesem Jahr keine Rennen fahren zu können, klopfte doch noch ein neues Team an seine Tür. Ohne Tests und ohne das Auto zu kennen, ging es für ihn zum ersten Rennen nach Oschersleben, wo er prompt zweimal aufs Podium fuhr. Im OSTHESSEN|NEWS - Sportgespräch hat er über die aufregenden Tage gesprochen.



Im ON|Sportgespräch lassen wir immer mittwochs Sportler aus verschiedensten Sportarten aus der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte, losgelöst vom aktuellen Tagesgeschehen. Start der neuen Serie!  

O|N: Herr Kircher, sie haben erst sehr kurz vor dem ersten Rennen einen neuen Vertrag bei einem neuen Team unterschrieben und sind dennoch in Oschersleben direkt aufs Podium gerast. Hätten Sie in ihren Träumen damit gerechnet?

René Kircher: "Nein, damit habe ich nicht gerechnet. Ich kannte das Auto bis zum ersten freien Training ja überhaupt nicht und konnte auch nicht testen. Erst als ich das erste Mal hinter dem Steuer saß, habe ich gemerkt, dass vielleicht doch was drin sein könnte. Von daher bin ich mit dem Ergebnis super zufrieden."

Sie fahren nun statt des VW Golf GTI TCR aus dem Vorjahr einen Hyundai I30N TCR. Wie groß sind die Unterschiede zwischen den beiden Wagen?

Kircher: "Sie sind sehr groß. Der Hyundai ist noch mehr Rennauto als der Golf. Es ist alles viel direkter, man bekommt mehr Feedback vom Auto. Man muss dafür aber auch genauer fahren, Fehler passieren leichter. Von daher bin ich umso erstaunter, dass die Eingewöhnung so schnell ging."

Mit dem neuen Auto gab es auch ein neues Team - Roja Motorsport. Wie fällt der erste Eindruck aus?
 
Kircher: "Es ist auf jeden Fall ein bisschen anders als noch im Team Oettinger. Ich habe erstmals in der TCR Teamkollegen, das hilft mir ungemein. Man sieht, was die anderen machen, man vergleicht Daten und Videos, das ist gerade in der Anfangszeit, wenn man das Auto noch nicht kennt, sehr wertvoll. Bei meinen anderen Teams war ich immer Einzelkämpfer, hier wollen wir jetzt sogar um die Mannschaftswertung mitkämpfen."

Sie haben erst zwei Wochen vor Saisonstart bei ROJA unterschrieben. Warum so kurzfristig?

Kircher: "Mein ursprünglicher Plan war, mit dem Team Oettinger und einem neuen Audi in die EM zu gehen. Das hat dann leider zeitlich alles nicht so richtig gepasst. Und plötzlich stand ich ohne Team da. Gedanklich hatte ich mich schon von der TCR verabschiedet und mich in der GT4 nach Cockpits umgeschaut, auch wenn die Autos dort mehr Straßen- als Rennwagen sind. Zum Glück für mich ist bei Roja ein Fahrer kurzfristig abgesprungen und so kamen wir doch noch zusammen."

Hatten Sie Angst, in diesem Jahr womöglich sogar gar nicht fahren zu können?

Kircher: "Ja, auf jeden Fall. Lange Zeit war unklar, welches Budget ich zur Verfügung habe, da die Sponsoren durch Corona deutlich vorsichtiger geworden sind und die Rennserie immer teurer wird. Ein paar Wochen dachte ich, dass ich überhaupt nicht fahre."

Wie war diese Zeit für Sie?

Kircher: "Ich war mitten in der Uni-Prüfungsphase und hatte daher gar nicht viel Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Ich habe dann immer nur von meinem Vater und meinem Manager gehört, dass wieder ein Sponsoring nicht funktioniert hat. Immer nur Absagen und schlechte Nachrichten zu bekommen, ist natürlich nie einfach und zermürbt einen irgendwann. Umso glücklicher bin ich, dass es jetzt so gekommen ist."

Geld spielt im Motorsport eine große Rolle, der Sport wird immer teurer. Können Sie überhaupt einen langfristigen Karriereplan verfolgen oder wird es jedes Jahr aufs Neue ein Kampf sein, das nötige Budget zusammenzubekommen?

Kircher: "Leicht ist es sicherlich nicht, aber mein jetziges Team hat einen Plan über die nächsten Jahre. Wenn es weiter so gut läuft, ist der nächste Schritt die EM. Und irgendwann will ich Profi werden. Studium und Motorsport unter einen Hut zu bekommen, wird immer schwerer."

Herr Kircher, wir danken für das Gespräch. (fh)+++

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