OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (32)

Wanja Litwinow: Neuroathtletiktraining wird sich im Spitzensport etablieren

Offen, aufgeschlossen, redselig und extrovertiert präsentiert sich Wanja Litwinow im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch.
Fotos: Yannik Overberg

14.12.2022 / FULDA - Offen, aufgeschlossen, redselig und extrovertiert präsentiert sich Wanja Litwinow im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch. Der 33-Jährige stammt aus Petersberg-Steinau und ist inzwischen beim DFB als Athletiktrainer tätig. Vor wenigen Wochen erst war er mit der weiblichen U17 bei der WM in Indien unterwegs. In Folge 33 des O|N-Formats äußert er sich über Heimatgefühle, die Nähe zu Steinaus Coach Dominik Günther, zum speziellen Neuro-Athletiktraining und zu den Unterschieden zwischen seiner Arbeit für RB Leipzig und dem Verband.

Im
O|N-Sportgespräch lassen wir immer Menschen aus verschiedenen Sportarten der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte. Heute folgt Teil 33 der Serie.

O|N: Wanja, wie ist das Gefühl, mal wieder nach Hause zu kommen? Was bedeutet es für dich?


Litwinow: Schön. Total schön. Da kann unser Sohn gleich seine Großeltern sehen. Ich genieße es daheim zu sein, aber auch meine Freunde zu treffen.

Wann warst du eigentlich das letzte Mal in Steinau?

Litwinow: Im September - also vor der WM in Indien - habe ich mich mit einem meiner besten Freunde, Dominik Günther, getroffen. Dadurch hat man auch immer wieder den Kontakt zu meinem alten Fußballverein SG Steinau

Der Heimat-Besuch ist die letzte Etappe deines üppigen Jahresprogramms, oder?

Litwinow: Wir sind nur übers Wochenende da. Kommen aber am 26. Dezember, dem zweiten Weihnachtstag, wieder, um das Jahresende mit meiner Familie zu verbringen.

Die U17-WM in Indien, als die DFB-Auswahl Vierte wurde, liegt einige Wochen zurück. War das der bisherige Höhepunkt für dich - auch der Höhepunkt des Jahres?

Litwinow: Nicht ganz. Sportlich gesehen war es die EM in Bosnien im Frühling. Die WM in Indien war ganz besonders. Ein anderes Land, ein anderer Kontinent, andere Menschen. Kulturell war die WM das Highlight.

Zu deinem Werdegang. Wie war das, als du aus Steinau weggegangen bist?

Litwinow: Erst einmal habe ich an der Rabanus-Maurus-Schule in Fulda mein Abitur gemacht. Dem folgte ein neunmonatiger Bundeswehr-Grundwehrdienst in Donauwörth. Dann ging's nach Jena: Hier habe ich meinen Bachelor in Sportwissenschaft gemacht. Anschließend in meinem jetzigen Wohnort Leipzig, habe ich den Master Sportwissenschaft im Bereich Prävention und Rehabilitation abgeschlossen. Eine anschließende Reise führte meine Lebenspartnerin Josi und mich komplett durch Südamerika. Während der Reise haben wir ein Projekt durchgeführt, ehemalige internationale Studenten der Sportwissenschaftlichen Fakultät Leipzig zu interviewen, was aus ihrem Leben nach ihrem Studium geworden ist. Gleichzeitig konnte ich durch eine wunderbare Idee von Josi, als Volunteer bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio arbeiten.

Das sind ehrgeizige Vorhaben ...

Litwinow: Ja. Der Slogan von Olympia war ja Road to Rio. Wir haben das angenommen. Gestartet in Bolivien ging es nach Chile über Argentinien und Uruguay nach Brasilien. Das Ziel war Rio. Dort konnte ich als Volunteer bei der Sportart Boxen helfen und oben drauf einige tolle Wettkämpfe im Beachvolleyball sowie das 100m Finale mit Usain Bolt sehen. Jan-Philip Glania konnte ich ebenfalls treffen und zusammen das Finale im Fußball Deutschland gegen Brasilien im Maracanã-Stadion anschauen.

Welche Auswirkungen hatte die Erlebnisreise?

Litwinow: Mein Chef an der Fakultät in Leipzig fand die Projekte und Reise sehr spannend. Er hat mich gefragt, ob ich nicht beim ITK (Internationaler Trainerkurs) an der Sportwissenschaftlichen Fakultät in Leipzig arbeiten wolle. Ich hab' also die Chance bekommen, an der Uni zu arbeiten. Seitdem bilde ich Trainer und Sportlehrer auf akademischen Niveau als Dozent weiter. Konkret bin ich für zwei Trainerkurse verantwortlich - zum einen der Fußballtrainerkurs und zum anderen der Athletiktrainerkurs. Vor meiner Abreise nach Fulda habe ich gerade Lehrproben abgenommen, zwei Athletiktrainer unterschiedlicher afrikanischer Nationalität.

Du hast parallel auch für den Bundesligisten RB Leipzig gearbeitet ...

Litwinow: Ja, von 2017 bis Ende 2021. Als Athletiktrainer. Dann ging die Reise weiter. Seit Anfang des Jahres arbeite ich für den DFB.

Was kannst du speziell aus deiner Arbeit berichten?

Litwinow: Neben meiner Arbeit beim DFB und an der Uni versuche ich eine Plattform namens NEUROMEETS aufzubauen. Es geht vordergründig um das Thema Neuroathletiktraining. Dabei geht es um Probleme in der Informationsübertragung bevor es zu einer sportlichen Handlung kommt. Dafür schaue ich mir die Kommunikation zwischen Auge, Gleichgewicht und Körperwahrnehmung an.

Das hört sich spannend an ...

Litwinow: Ist es auch. Aufgrund der medialen Möglichkeiten kann man Informationen darüber besser streuen. Ich denke, dass wir ohne diese Methode künftig gar nicht mehr arbeiten werden. Sie wird fester Bestandteil sein. Auch die Fußballer Serge Gnabry und Jamal Musiala arbeiten mit dem System. Mit Erfolg. Das Neuro-Training hat Musiala einen richtigen Push gegeben. Er macht das ja schon seit mehreren Jahren.

Klingt auch so, dass das Neuro-Athletiktraining nicht nur für Fußballer geeignet ist ...

Litwinow: Ja, auf jeden Fall. Es ist sportart- und themenübergreifend. Es wird vielfach in Prävention und Rehabilitation eingesetzt. Auch bei Konzentrationsschwäche, klassischen Rückenschmerzen oder mit ADHS-Störungen.

Welches sind die Unterschiede in der Arbeit bei RB Leipzig und dem DFB?

Litwiniow: Beim DFB hab' ich nicht die festgelegten Arbeistzeiten - was auch meiner Familie zugutekommt. Wir treffen uns einmal im Monat. Diese eine Woche muss aber perfekt geplant sein. Ich telefoniere viel mit den Vereinen - um herauszufinden, wie die Belastung der Spielerinnen ist. Es gibt jetzt noch viel mehr Daten als früher - zum Beispiel über Verletzungen. Das mache ich mir zunutze. Wir können aber nur Handlungs-Empfehlungen geben.

Nachdem die DFB-Auswahl bei der WM ausgeschieden ist - wem drückst du jetzt die Daumen?

Litwinow: Ehrlich gesagt: keine Ahnung. Ab jetzt soll der Beste gewinnen. Aktuell habe ich Studenten aus Marokko, denen würde ich das natürlich gönnen. Ich fokussiere mich auch eher auf mein Team.

Verfolgst du noch den heimischen Fußball in Osthessen?

Litwinow: Ja. Aber nur dort, wo ich auch Freunde hab'. Speziell Dominik Günther. Was mit der SG Barockstadt passiert, ist spannend. Ab und zu schaue ich auch, was die Frauen in Gläserzell machen.

Ein Wort zu Marie Voth, die jetzt U16-Lehrgänge bestreitet ...

Litwinow: Sie weiß, was sie will. Und ist klar im Kopf. Marie kann gut mit jedem. Das ist eine gute Basis.

Vielen Dank für das Gespräch. (wk)

Zur Person

WANJA LITWINOW
ist in Pawlodar in Kasachstan geboren. Früh, als Dreijähriger ist er übergesiedelt. Zunächst kam er in einer Art "Auffangslager" in Dietershan an, seine Familie lebte in der Unterkunft in einem Zimmer. Ehe sie nach Steinau zog. Nun lebt er mit seiner kleinen Familiei in Leipzig. +++

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