OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (75)

Valentino Herrlich: Im Motorsport entscheidet nicht immer das Talent

Valentino Herrlich war zu Gast in der O|N-Redaktion
Fotos: Brandon Watkins

13.10.2023 / FULDA - Viele Jungs und Mädchen träumen davon, einmal das Leben eines Profisportlers zu führen. Valentino Herrlich tut dies bereits - und dabei ist er erst 14 Jahre alt. Der Langenbieberer gehört zu den besten Nachwuchs-Motorradsportlern der Welt und reist für seinen Sport regelmäßig zu Rennen nach Spanien oder Portugal. Über sein nicht ganz alltägliches Leben, den steinigen Weg zum Profi und seine erste Saison im European Talent Cup spricht Herrlich im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch.



O|N: Valentino, deine erste Saison im European Talent Cup neigt sich dem Ende entgegen, nur noch ein Rennen ist zu fahren. Wie fällt denn dein vorgezogenes Saisonfazit aus? 

Valentino Herrlich: Man muss wissen, im European Talent Cup starten 55 Fahrer, von denen sich insgesamt 30 für den Endlauf am Wochenende qualifizieren. Bei bislang sechs Rennwochenenden hab ich das dreimal geschafft. In der ersten Saison schaffen es wenige, sich direkt für die Endläufe zu qualifizieren. Man fährt da nicht aus dem Stand einfach so vorne mit. Die Fahrer, die da mitfahren, fahren meistens schon ihre zweite oder dritte Saison im European Talent Cup. Von daher bin ich sehr zufrieden mit meiner Premierensaison. 

O|N: Für Leute, die sich im Motorsport nicht so gut auskennen. Kannst du den European Talent Cup mal etwas genauer beschreiben? 

Herrlich: Es ist eine Europameisterschaft, allerdings fahren nicht nur Europäer mit, sondern die besten Nachwuchsfahrer der Welt im Alter zwischen 14 und 17 Jahren. Gefahren wird ausschließlich in Spanien und Portugal. Auch alle großen Teams sind dort mit ihren Juniorenteams am Start. 

O|N: Das ständige Reisen nach Spanien oder Portugal ist natürlich auch mit einem enormen logistischen Aufwand verbunden. Wie sieht so eine Rennwoche bei dir aus? 

Herrlich: Wir reisen meist dienstags schon an die Strecke, weil wir am Mittwoch für die Streckenbegehung oder Interviews da sein müssen. Entweder fliegen wir, fahren mit dem Auto oder dem Transporter, je nachdem, was günstiger ist. Am Donnerstag geht es dann schon mit den Trainingseinheiten los. Nach dem Rennen am Sonntag geht es wieder zurück. 

O|N: Wie bekommst du das mit der Schule unter einen Hut? 

Herrlich: Es ist manchmal schon schwer, wenn man nicht da ist und den Unterricht verpasst. Ich muss viele Arbeiten dann nachschreiben. Und die Hausaufgaben mache ich auch öfters mal auf der Autobahn. An der Rennstrecke ist das nicht möglich.

O|N: Wie viele Stunden investierst du in den Motorradsport? 

Herrlich: Wir versuchen ein bis zweimal die Woche auf dem Motorrad zu trainieren. Was allerdings nicht so leicht ist, da die Möglichkeiten hier begrenzt sind. Dazu kommt noch das, was ich abseits des Motorrads mache. Sprich Krafttraining, Ausdauertraining und sowas. Ich gehe zum Beispiel zu Michael Franz ins Zentrum Mensch. Jetzt im Winter, wenn man hier nicht mehr auf die Strecken kann, werde ich für Trainingslager wieder nach Spanien fahren.

O|N: Im Motorsport entscheidet leider ja nicht immer nur das reine Talent, wer es zum Profi schafft. Auch finanzielle Aspekte spielen eine große Rolle. Denkst du manchmal darüber nach, dass dein Traum am Geld scheitern könnte oder blendest du das völlig aus? 

Herrlich: Ich versuche das auszublenden, aber klar, der Motorsport ist so. Es ist einfach extrem teuer. Die Formel 1 hat sich schon zu einem Sport für die Reichen entwickelt und der Motorradsport ist leider auf dem Weg dorthin. Die meisten deutschen Talente scheitern auch am Geld. Wir können nur versuchen, mehr Sponsoren zu finden, um mehr trainieren zu können, dadurch besser zu werden und damit auch wieder attraktiver für weitere Sponsoren.  

O|N: Du wirst inzwischen auch von der ADAC-Stiftung Sport unterstützt. Wie sehr hilft dir das? 

Herrlich: Das hilft enorm. Wir bekommen dort zum einen eine hohe finanzielle Unterstützung, zum anderen aber auch Trainingspläne, Seminare und Leistungsdiagnostik. 

O|N: Vor einigen Tagen warst du bei der Red Bull Rookie Selection. Was hat es damit auf sich? 

Herrlich: Das war das Auswahlverfahren für den Red Bull Rookie Cup. Das ist eine Serie, die im Rahmen der Weltmeisterschaft ausgetragen wird. Wenn du genommen wirst, bekommst du von Red Bull alles gesponsert. Ich war einer von 111 eingeladenen Fahrern, Red Bull hat davon zehn ausgewählt, die nächstes Jahr im Rookie Cup fahren dürfen. Da schon ein Deutscher dort mitfährt, wusste ich, dass es für mich schwer werden würde. 

O|N: Ist das nicht frustrierend? 

Herrlich: Doch, aber so ist der Motorsport nun mal. Er ist sehr schön, aber auch sehr hart. So lange es mir aber Spaß macht, ist es für mich ok  

O|N: Steht denn schon fest, wie es bei dir nächste Saison weitergeht? 

Herrlich: Fest steht es noch nicht, aber ich würde gerne noch mal im European Talent Cup fahren. Die meisten Fahrer fahren diese Serie zwei, drei Jahre. Und diese Zeit braucht man auch, um dort vorne mitzufahren.

O|N: Was wäre dann der nächste Schritt? 

Herrlich: Das wäre dann die Junioren-WM. Dort wird dann schon mit den Motorrädern gefahren, die auch bei der Weltmeisterschaft der Erwachsenen gefahren werden. Viele Fahrer, die den Schritt von der Junioren-WM zu den Erwachsenen gehen, fahren dort auch direkt vorne mit. Ich will nächste Saison im European Talent Cup aber erstmal in die Punkte fahren. Sollte mir das gelingen und ich mich so weiterentwickeln, kann man den Schritt dann irgendwann gehen. 

O|N: Valentino, vielen Dank für das Gespräch. (fh)+++

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