OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (97)

Klaus Lembach: "Der Vergleich mit dem Sommermärchen hinkt"

Klaus Lembach war zu Gast in der O|N-Redaktion
Fotos: Marius Auth

29.06.2024 / FULDA - Klaus Lembach aus Blankenau (Gemeinde Hosenfeld) ist seit fast 40 Jahren glühender Fan der deutschen Nationalmannschaft. In dieser Zeit war er bei über 100 Länderspielen live vor Ort, reiste zu acht Europameisterschaften, vier WM-Endrunden und flog mit der DFB-Elf sogar bis nach Belarus. Auch bei der aktuell laufenden Heim-EM unterstützt er die Mannschaft von Julian Nagelsmann live im Stadion. Wie er die Stimmung im Land erlebt, was er von Vergleichen mit dem Sommermärchen 2006 hält und was er der DFB-Elf noch zutraut, erzählt er im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch.


Im O|N-Sportgespräch lassen wir immer Menschen aus verschiedenen Sportarten der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte. Heute folgt Teil 97 der Serie.

O|N: Klaus, am Samstag geht es im Achtelfinale gegen Dänemark. Zufrieden mit dem kommenden Gegner der DFB-Elf?

Klaus Lembach: Es ist ein bisschen kurios. Ich habe 1988 bei der ersten EM in Deutschland mein erstes Spiel gesehen. Damals wie heute war ich beim Eröffnungsspiel im Stadion. Mein zweites Spiel damals war mit dänischer Beteiligung. Von daher schließt sich da für mich ein bisschen ein Kreis (lacht). Um aber auf deine Frage zurückzukommen: Ich finde, Dänemark ist ein machbarer Gegner, gegen den wir weiterkommen werden.

O|N: Du hast bereits die drei Gruppenspiele der DFB-Elf live im Stadion verfolgt. Was für einen Eindruck macht die Mannschaft auf dich?

Lembach: Einen guten. Natürlich werden die K.O.-Spiele jetzt noch mal eine Nummer schwerer, aber eigentlich bin ich sehr optimistisch, weil ich das Gefühl habe, dass ein sehr guter Geist in der Mannschaft herrscht. Es scheint untereinander einfach zu passen. Außerdem kann Nagelsmann aktuell gut von der Bank nachlegen, wie man jetzt bei Füllkrug gesehen hat, der nach seiner Einwechslung gleich getroffen hat.

O|N: Wie nimmst du die Stimmung im Land und rund um die Nationalmannschaft war?

Lembach: Sehr positiv. Man hat das Gefühl, die Leute haben so was mal wieder gebraucht. Es ist einfach eine tolle, friedliche und sehr angenehme Atmosphäre. Und auch im Stadion war die Stimmung wirklich toll, die Leute gehen alle mit.

O|N: Zuletzt gab es aber auch Kritik an der mauen Stimmung in Frankfurt beim Spiel gegen die Schweiz

Lembach: Ich glaube, eine Rolle dabei hat gespielt, dass wir schon für das Achtelfinale qualifiziert waren. Letztlich war es ja egal, ob wir gewinnen oder verlieren, es konnte ja nichts passieren. Das hat man dann auch beim Support gemerkt. Beim Auftakt gegen Schottland war das noch ganz anders. Ich kenne das als langjähriges Bayern-Mitglied auch aus der Allianz-Arena. Da ist die Stimmung bei einem normalen Bundesligaspiel auch eher verhalten. Wenn es dann aber in der Champions League um alles geht, sind die Fans auch da. Das ist vielleicht ein Stück weit unsere deutsche Mentalität.

O|N: Die Hoffnung vieler war im Vorfeld eine Wiederholung des "Sommermärchens" von 2006. Du warst auch damals hautnah dabei. Kann man die beiden Turniere miteinander vergleichen?

Lembach: Ich glaube, dieser Vergleich hinkt. Da liegen fast 20 Jahre dazwischen, damals war es eine ganz andere, vielleicht auch unbeschwertere Zeit als heute mit den vielen Krisen auf der Welt. Was man aber vergleichen kann, ist die Lust der Leute auf so ein Turnier. Die kommt mir heute fast noch größer vor als damals. Wenn man die Bilder aus den Biergärten, Kneipen oder den Fanmeilen sieht, merkt man, dass die Menschen Lust haben, sich zu verabreden, zu feiern und gemeinsam Fußball zu schauen. Das war ja bei den letzten Turnieren in Katar, Russland und der Corona-EM 2021 nicht der Fall. Zusammengefasst würde ich sagen, es ist sehr schön, aber anders schön als 2006.

O|N: Du hast in deinem Leben über 100 Länderspiele live im Stadion verfolgt. Wie ist diese Leidenschaft entstanden?

Lembach: Die EM 1988 in Deutschland war der Auslöser. Das war das erste Turnier, was ich live im Stadion verfolgt habe. Später war ich dann auch bei der WM 1990 in Italien und der EM 1996 in England. Als uns Oliver Bierhoff mit seinem Golden Goal in Wembley zum Europameister gemacht hat, saß ich im Stadion. Das sind Erlebnisse, die vergisst man sein Leben lang nicht mehr. Als 2003 der Fanclub ins Leben gerufen wurde, habe ich mich mit meinem Sohn direkt angemeldet. Mit Ansgar Marx, der in Haimbach lebt und lange Fanclub-Betreuer war, und meinen Freunden Hartmut und Gerhard Wahl und Thomas Lang haben wir seitdem viele, viele Touren mit der Nationalmannschaft gemacht. Wir waren sogar in Belarus und Island. Es geht dabei aber nie nur um den Fußball, es geht auch immer darum, ein Land oder eine Stadt kennenzulernen.

O|N: Bei welchen Turnieren warst du vor Ort?

Lembach: Seit 1988 habe ich nur die EM-Endrunden in Schweden 1992 und Holland/Belgien 2000 verpasst. Bei Weltmeisterschaften war ich 1990 in Italien, 2006 in Deutschland, 2014 in Brasilien und 2022 in Katar vor Ort.

O|N: Welche Erlebnisse sind dir in all den Jahren besonders in Erinnerung geblieben?

Lembach: Ich würde schon sagen, dass es das EM-Finale 1996 war. Dabei zu sein, wie Deutschland im alten Wembley Europameister wird, war schon etwas ganz Besonderes. Aber auch die Reise nach Belarus war was ganz Spezielles. Als ich im Flieger saß, hab ich mich noch gefragt, was zur Hölle ich hier mache. Aber die Menschen dort waren unfassbar freundlich. Und ich habe selten eine Stadt gesehen, die so sauber ist wie Minsk. Leider muss dieses Land unter der Herrschaft von Lukaschenko so leiden. Das ist unfassbar traurig.

O|N: Lass uns zum Abschluss noch einmal zur Aktualität zurückkommen. Wirst du am Samstag wieder im Stadion sein?

Lembach: Ja, ich hatte Glück und habe als langjähriges Fanclub-Mitglied wieder Karten bekommen.

O|N: Und wie gehts aus?

Lembach: 2:0 für Deutschland. Im Viertelfinale gegen Spanien entscheidet dann die Tagesform. Ich traue der Mannschaft aber zu, dass sie ins Finale kommt. 1988 hatte ich Final-Karten, damals sind wir aber im Halbfinale an den Holländern gescheitert. Ich habe meine Karte übrigens danach abgegeben, weil ich die Niederländer, nachdem sich Ronald Koeman mit Olaf Thons Trikot den Hintern abgewischt hatte, nicht mehr sehen wollte. Deshalb hoffe ich umso mehr, dass es Deutschland dieses Jahr schafft und ich im Finale dabei sein kann.

O|N: Klaus, vielen Dank für das Gespräch. (fh)+++

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