Was wir lesen, was wir schauen (57)
Erich Maria Remarque, Im Westen nichts Neues - Das Grauen der Welt
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20.11.2022 / REGION -
Vor wenigen Tagen, am 11. November, jährte sich das Ende des Ersten Weltkriegs zum 104. Mal. Der Krieg in der Ukraine dauert am heutigen Sonntag genau 270 Tage. Zwei sehr gute Gründe, einen der berühmtesten Antikriegsromane aller Zeiten aus dem Regal zu nehmen und wieder zu lesen. Nachdrücklicher als Remarque hat keiner die Sinnlosigkeit des Kriegs beschrieben.
Wir lagen neun Kilometer hinter der Front
Erstarrt im Stellungskrieg
Ein einziges Mal sprechen die Soldaten über die Ursachen des Kriegs, bleiben aber an der Oberfläche, vielleicht auch, weil sie gelernt haben, dass zu viel Nachdenken schädlich fürs Überleben ist:
‚Weshalb ist dann überhaupt Krieg?’, fragt Tjaden.
Kat zuckt die Achseln. ‚Es muss Leute geben, denen der Krieg nützt.’
‚Na, ich gehöre nicht dazu’, grinst Tjaden.
‚Sicher stecken andere Leute, die am Krieg verdienen wollen, dahinter’, brummt Detering."
Im Westen nichts Neues
Die Leser:innen haben das verstanden, und doch immer auch die politische Dimension des Romans gesehen. Remarques Roman wurde zu dem Antikriegsbuch schlechthin, sein Titel synonym für das sinnlose Sterben des Einzelnen in Konflikten, die nicht er selbst, sondern andere ausgelöst haben, um davon zu profitieren. Heute ist "Im Westen nichts Neues" in ca. 50 Sprachen übersetzt, die weltweite Auflage liegt zwischen 20 und 40 Millionen Exemplaren.
Die erste Verfilmung von 1930
Der Amerikaner Lewis Milestone verfilmte den Roman als Erster, der Film wurde mit zwei Oscars ausgezeichnet (Bester Film, beste Regie). Der Film erhielt hervorragende Kritiken. Das Branchenblatt Variety meinte, dass der Völkerbund den Film auf der ganzen Welt und in jeder Sprache zeigen sollte, bis das Wort "Krieg" aus dem Wörterbuch gestrichen sei. Nur in Deutschland sah man den Film mit gemischten Gefühlen. Die Veteranenverbände waren in der Regel monarchistisch und sahen den Film als Angriff auf die einfachen Soldaten, die für das Vaterland in den Krieg gezogen waren. Gauleiter Goebbels fuhr eine massive und letztlich erfolgreiche Kampagne gegen den Film. Schließlich knickte die Filmprüfstelle ein und verbot den Film wegen seiner "ungehemmt pazifistischen Tendenzen". Der Film ist als DVD erhältlich.
Die aktuelle Verfilmung von 2022
Edward Berger schuf tatsächlich die erste deutsche Verfilmung des Romans. Der Film tritt als deutscher Kandidat für die Oscars 2023 an. Berger über seinen Film: "Anders als bei amerikanischen oder britischen Werken kann es bei einem deutschen Kriegsfilm das Gefühl der Glorifizierung nicht geben. Bei uns dürfen wir keine Heldengeschichte erzählen, es geht immer um Trauer, Scham, Schuld und Terror. Und natürlich gibt es nichts, worauf man stolz sein kann in diesen Kriegen."
Die SZ kritisierte, dass der Regisseur den Zusammenhang von Film und Roman aufgelöst habe – herausgekommen sei zwar ein Kriegsfilm oder Antikriegsfilm, aber keine Verfilmung von "Im Westen nichts Neues". Berger habe nach Belieben Personen hinzugefügt oder weggelassen, und den Schluss so verändert, dass Titel und Inhalt keine Verbindung mehr hätten. Die Verfilmung ist auf Netflix abrufbar.
Über Erich Maria Remarque: https://www.sueddeutsche.de/politik/erich-maria-remarque-im-ersten-weltkrieg-sechs-wochen-in-der-hoelle-1.1921119
Remarque to go: https://www.youtube.com/watch?v=81OOuTRtwnk
Wer war Remarque?: https://www.youtube.com/watch?v=N8QOQ8BFPGw
Der Krieg in den Schützengräben: https://www.youtube.com/watch?v=a508gsM4H8o
Interview Daniel Brühl zur Neuverfilmung: https://www.youtube.com/watch?v=Rs9IlelVwbg
Felix Kammerer zur Neuverfilmung: https://www.youtube.com/watch?v=ZMUOUvKfvyY
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