Was wir lesen, was wir schauen (59)

Bücher und Filme für "zwischen den Jahren" - Weihnachtszeit - Schmökerzeit!

Fröhliche Weihnachten!
© Pixabay

18.12.2022 / REGION - Nicht mehr lange hin bis Weihnachten – vielleicht gehören Sie zu den unglaublich gut sortierten Menschen, die schon alle Geschenke besorgt haben? Falls nicht, kommen hier ein paar Lese-, Guck- und Hörtipps. Wobei Sie sich natürlich auch selbst beschenken können. Nach einem Krisenjahr wie diesem haben Sie das ganz gewiss verdient!



Für Freunde des nordischen Knisterns

Hamilton (ZDF, Amazon)

Wer Spannung liebt und den Norden Europas, der kommt mit der TV-Serie "Hamilton" voll auf seine Kosten. Die Buchreihe unter dem Titel "Coq Rouge" schrieb Jan Guillou, der – wie auch Ian Fleming – über berufliche Erfahrung im Spionagegeschäft verfügt. In deutsch-schwedischer Kooperation entstand nach seinen Romanen die Serie "Hamilton". Die kann es mit amerikanischen Top-Produktionen aufnehmen – das Setting stimmt, die Action ist rasant, die Schauspieler überzeugen. Erwarten sie nicht unbedingt Tiefgang bei der Charakterisierung der Personen, dafür werden Sie mit Spannung bis zur letzten Minute entschädigt. Ach ja, den norwegischen Hauptdarsteller Jakob Oftebro kennen Sie sicher schon aus "Die Brücke" oder "Norseman". Sollten Sie dem schwedischen Superspion noch nicht verfallen sein – das ist Ihre Chance!

Das fast Beste an dieser Serie: Man bekommt richtig Lust, Guillous Romane zu lesen. Die erste Staffel lief bereits im ZDF, die zweite wird ab dem 12. Dezember 2022 ausgestrahlt – beide Staffeln sind in der ZDF-Mediathek und bei Amazon Prime verfügbar, leider nur in der synchronisierten Fassung.

 

So werden Sie Hand-Schmerzen wieder los

Daniela Neye, Hände in Top-Form (Trias Verlag)

Hände sind faszinierend. 27 Knochen, 36 Gelenke, 33 Muskeln und 3 Hauptnerven, dazu viele straffende Bänder und Sehnen. Und mit unseren Händen vollbringen wir täglich Hochleistungen. Wir denken darüber aber so gut wie nie nach – meistens erst dann, wenn es zwickt und zwackt. Zu den klassischen Beschwerden wie Arthrose, Ganglien, Gicht, Sehnenscheidenentzündungen oder Karpaltunnelsyndrom kommen heute noch durch übermäßige digitale Betätigung verursachte Beschwerden wie Mausarm und Whatsappitis hinzu. Noch sind wir an Bewegungen wie Wischen, Tippen und Scrollen nämlich nicht angepasst – in einigen tausend Jahren wäre das sicher anders!

Es ist also eine ziemlich gute Idee, Hände nicht nur mit Handpflege-Creme zu verwöhnen, sondern auch mit entlastenden Bewegungen oder Übungen. Die finden Sie in diesem Buch, das für alle Probleme und Beschwerden gezielte Übungen anbietet. Und die können sogar eine Operation oder die Dauereinnahme von Schmerzmitteln überflüssig machen. Daniela Neye rät dazu, sich täglich ein paar Minuten um die Hand-Fitness zu kümmern, auch wenn man keine Beschwerden hat.

Hier eine Kostprobe aus dem Handtraining: Strecken und spreizen Sie die Finger und den Daumen der Hand maximal, bis Sie einen Zug in der Handfläche und den Gelenken spüren. Dann die Hand fest zur Faust schließen. Im Zwei-Sekunden-Takt zehnmal hintereinander mit jeder Hand ausführen. Die Übung mobilisiert die Fingergelenke und stärkt die Fingermuskulatur.


Schmuse-Jazz vom Feinsten

Gregory Porter, Still Rising (Blue Note Universal)

Wenn Sie das Glück hatten und am 13. November eine Karte für das Konzert von Gregor Porter im Fuldaer Schlosstheater ergattert hatten, muss ich Ihnen nicht erzählen, warum Sie sich unbedingt eine CD des amerikanischen Jazzsängers leisten sollten. Porter gehört zu den besten überhaupt. "Still Rising" ist eine 2021 erschienene Collection von Songs aus Porters gesamter Karriere, nicht wirklich ein Best of, sondern eher ein Karriererückblick des amerikanischen Sängers. Porter selbst war es ein Bedürfnis, diese musikalische Zwischenbilanz zu ziehen. Er mixt bekannte und neue Songs mit Klassikern, die in seiner Interpretation besonders gewinnen. Genau das richtige für kalte Winternächte – Musik, die für Lonely Hearts genauso funktioniert wie für Frischverliebte. "Still Rising" gibt es als CD und auf vielen Streaming-Plattformen.

Nachdenklich, berührend und wild

Raynor Winn, Über Land (Dumont Verlag)

Auch England war im Lockdown praktisch geschlossen. Winn: "Mit dem Lockdown legte sich eine Lähmung über das ganze Land. Wintertage schleppen sich dahin und werden zu Wochen, es ist fast wie in einem Winterschlaf." Und doch entscheiden sich Raynor und ihr Mann Moth dazu, mitten in der Pandemie zu einer neuen Wandertour aufzubrechen. Diesmal sind die beiden auf dem Cape Wrath Trail in Schottland unterwegs. Kein Spaziergang, sondern anspruchsvollstes Gelände, eine Strecke von 370 km.

"Die Denkart eines Fernwanderer hat viel gemein mit der Einstellung, die man braucht, um einen Lockdown zu überstehen. Als Wanderer muss man sich dem wechselnden Wetter und der Landschaft anpassen, muss es aushalten, viele Tage ausschließlich mit dem Wanderpartner zu verbringen. Und es braucht Ausdauer: die Fähigkeit, unverdrossen weiterzugehen, egal wie lange die Wanderung dauert, und immer wieder den nächsten Schritt zu machen, in der festen Überzeugung, dass man irgendwann am Ziel angelangt sein wird."

Auch in Krisenzeiten hilft diese Einstellung weiter – genau wie die widerborstige Einstellung dieser beiden, eine tödliche Krankheit durch die Kraft der Natur zu zähmen. Das geht nicht ohne dunkle Stunden und Verzweiflung. Blasen an den Füßen, Hunger, lästig-laute Vögel und die schottischen "midges" (Stechmücken) sind Herausforderungen, die gemeistert werden müssen. Aber am Ende steht die belohnende Erkenntnis, einen Ort in sich entdeckt zu haben, den man vorher nicht richtig bewohnt hat. "Ein Ort in mir, der immer wild, leer und frei sein wird." Wieder ist Raynor Winn ein tief berührendes Reisebuch gelungen, dessen Zauber man sich nicht entziehen kann. Gerade in so anspruchsvollen Zeiten wie diesen, die unsere Resilienz fast täglich auf die Probe stellen, ist das ein Buch, das einen aufrichten und stärken kann.

In the mood for Jingle Bells

The Christmas Chronicles (Netflix)

Spätestens ab Mitte November sind die Streaming-Plattformen mit Weihnachtsfilmen überschwemmt, und auch das klassische Fernsehen lässt sich nicht lumpen. Die meisten dieser Filme folgen demselben Schema: halb-unglückliches Big-City-Girl muss aus irgendwelchen Gründen in eine Kleinstadt, trifft dort einen kernigen Naturburschen und verliebt sich in ihn. Fortan sind Big City und Karriere egal, und das traditionelle Rollenverständnis feiert fröhliche Urstände.

Eine ganz andere Tonart schlägt "The Christmas Chronicles" an – ich gestehe Ihnen besser gleich, dass ich diesen Film jedes Jahr mit großem Vergnügen anschaue. Kurt Russell als sehr ungewöhnlicher und ziemlich rockiger Santa ist einfach unwiderstehlich – und klar, dass Goldie Hawn Mrs. Santa spielt! Auch der Ausgangspunkt – eine dysfunktionale Familie, die darunter sehr leidet, jeder auf seine Art – ist erfrischend anders. Es ist eine echte coming-of-ages-Geschichte, in der zwei Geschwister zueinander finden und ihre eigenen Fähigkeiten entdecken. Klar, dass es eine Fortsetzung gab, auch Teil zwei macht Spaß. Zu sehen auf Netflix, oder erhältlich als DVD.

 

Ein Freundschaftsbuch für Kleine und Große

Axel Scheffler, Julia Donaldson: Die Schnecke und der Buckelwal (Beltz & Gelberg Verlag)

Das deutsch-britische Duo Scheffler/Donaldson schreibt großartige Bilderbücher, die mit zum Besten gehören, was man Kindern geben kann. Ich habe noch nie ein Buch der beiden gehabt, das mich nicht überzeugt hätte. Es ist schon kongenial, was dieses Zeichner-Texter-Duo da ausdenkt! Allen Büchern gemein ist die große Zärtlichkeit den Figuren gegenüber, genauso auch die vielen Überraschungen, die in den Illustrationen und Texten versteckt sind.

In "Die Schnecke und der Buckelwal" ist die Hauptfigur eine kleine Seeschnecke, die sich tierisch langweilt in ihrer Kolonie anderer Seeschnecken. Man klebt auf seinem Felsen fest und hat nichts anderes zu tun als zu fressen. Das kann doch nicht alles im Leben sein, denkt die Seeschnecke und träumt von der fernen weiten Welt.

Nur wie kommt man als Schnecke dorthin? Was für ein Glück, dass ein Buckelwal des Wegs kommt und sie mitnimmt – in eine Welt voller Wunder und Gefahren, die beide nur deshalb bestehen, weil sie sich gegenseitig helfen. Man muss nicht groß sein, um das Richtige zu tun – nur das Herz auf dem rechten Fleck sollte man haben. Ein Bilderbuch, das Vorleserinnen genauso viel Freude macht wie Kindern! "Auf geht’s und los, die Welt ist groß. Schön ist es auf dem Buckelwal-Floß!"

 

Eis und Schnee, Verbrecher und ein Bär von Kommissar

Trapped – gefangen in Island (ZDF)

Angeblich liebt kein Volk Island mehr als die Deutschen. Vielleicht liegt es an der geheimnisvollen Musik Björks, der isländischen Liebe zu Elfen und Trollen, den starken Isländerinnen, die sich früh ihre Rechte erkämpften, der grandiosen Natur, am sexy Fußballer und Let’s Dance-Sieger Rúrik Gíslason oder am Faszinosum ständig ausbrechender Vulkane? Man sagt, jeder Deutsche sei entweder schon mal auf Island gewesen oder würde gern dorthin reisen.

Egal in welche Gruppe Sie sich einsortieren, die TV-Serie "Trapped" ist genau das Richtige für Sie. Verfolgen Sie in den beiden Staffeln, wie Kommissar Andrí mysteriöse Mordfälle und Umweltverbrechen aufklärt. Denn auch auf unserer Lieblingsinsel ruht das Verbrechen nicht. Und hinter jeder Idylle lauert der Abgrund. Die Ambivalenz aus atemberaubend schöner Landschaft und finsterem Verbrechen macht diese Serie zu einem echten Hingucker. "Trapped" finden Sie in der ZDF-Mediathek, Sie können die Serie dort sogar im isländischen Original mit Untertiteln anschauen. Oder sich die DVDs bestellen.

(Jutta Hamberger)+++

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