Was wir lesen, was wir schauen (73)
The Collected Words of Jim Morrison - No one here get’s out alive
© Verlag
06.08.2023 / REGION -
Am 03. Juli 1971 endete eines der schillerndsten Leben in der Geschichte der Musik – James Douglas "Jim" Morrison wurde tot in seiner Pariser Wohnung aufgefunden. Damit wurde auch er Mitglied des ominösen "Club 27". Zwischen dem 03. Juli 1969 und dem 03. Juli 1971 starben vier seiner berühmtesten Mitglieder: Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison.
Am Anfang stand "The End"
Ziemlich zu Beginn meines Studiums ‚begegnete‘ ich zwei Musikern, die mich bis heute begleiten und deren Werk auf meiner all-time-favourite-Liste steht. Der eine ist Billy Joel, dessen Familiengeschichte samt ihren tragischen Verbindungen nach Nazi-Deutschland ich erst Jahrzehnte später kennenlernte. Und der andere war Mr. Mojo Rising – Jim Morrison.
1980 kam Oliver Stones Film "The Doors" ins Kino, in dem Val Kilmer eine bravouröse Leistung ablieferte. Leider hatte der Film nur wenig mit den Doors zu tun. Morrison als völlig außer Kontrolle geratenen Soziopathen darzustellen, missfiel nicht nur mir – die verbliebenen Doors-Mitglieder Ray Manzarek, Robby Krieger und John Densmore gaben zu Protokoll, das sei zwar ein guter Film über eine amerikanische Rockband, nur leider keiner über die Doors.
Es ist ein wahrer Glücksfall, dass Morrisons Schwester Anne "The Collected Words of Jim Morrison" herausgegeben hat. Als Doors-Fan findet man hier eine schier überwältigende Fülle an bislang unbekanntem Material, das Einblicke gewährt in Morrisons Schaffensprozess. Natürlich sind sämtliche Liedtexte darin, bekannte und viele bislang unbekannte Fotos, auch aus dem Familienalbum der Morrisons. Veröffentlichte und unveröffentlichte Gedichte, Notizen, das Transkript der letzten Aufnahme Morrisons an seinem 27. Geburtstag (08.12.1970), das Pariser Notizbuch – wahrscheinlich sein letztes, Auszüge aus dem Notizbuch, das er während des Prozesses 1970 in Miami führte, und der Epilog "As I look back" – eine ebenso berührende wie erschütternde Autobiographie in Gedichtform. Sie beginnt mit diesen Zeilen:
As I look back
over my life
I am struck by post cards
Ruined snap shots
faded posters
of a time I can’t recall.
Morrison schrieb seit frühester Jugend. Fast alles notierte er zuerst in einem Notizbuch, manchmal aber auch auf einem Papierfetzen, einer Serviette oder einem zerknitterten Briefumschlag. Seine Freundin Pamela Courson brachte nach Morrisons Tod viele dieser Notizbücher zurück nach Los Angeles. Nach ihrem Tod verwahrte ihr Vater sie und engagierte Morrisons Freund Frank Lisciandro, um sie zu editieren und zu transkribieren. So erschienen in den 1980er zwei Bände mit Morrisons Gedichten.
Extra: Die Doors Alben
Es gibt nur fünf Studio-Alben, außerdem einige Live-Mitschnitte. An den Studio-Alben kommt man nicht vorbei, auch 50 Jahre nach Entstehen haben sie nichts von ihrer Kraft verloren.
The Doors (1967) – Das Debütalbum war und ist der Hammer. Jeder Song auf dieser Platte ist großartig, nicht nur die beiden Mega-Hits "Light my fire" und "The End". Das Album elektrisierte die Welt, sicherlich auch, weil die Doors einen Gegenentwurf zu Flower-Power und der Love-me-do-Welt der Swingin‘ Sixties entwarfen. Die Musikzeitschrift Rolling Stones zählt es zu den 500 besten Alben aller Zeiten (Platz 42). Das Cover stammt von dem amerikanischen Fotografien Guy Webster und dürfte eines der ikonischsten Bilder der Doors sein.
Strange Days (1967) – darauf die Hits "Moonlight Drive", "People are strange”, "Love me two times” und "When the music’s over". Alle Titel auf diesem Album hatte die Band bereits in den Jahren 1965/66 geschrieben. Die Musikzeitschrift Rolling Stone zählt das Album zu den 500 besten aller Zeiten (Platz 409).
Waiting for the sun (1968) – ein Album, das deutlich balladiger ist als die beiden Vorgänger. "Hello I love you" wurde zum zweiten Nummer-eins-Hit der Doors in den USA, sehr erfolgreich auch "Love Street", "Spanish Caravan" und "The Unknown Soldier".
The Soft Parade (1969) – für viele ist dies das schwächste Album der Doors. Der Sound ist verändert, Streicher und Bläser gab es bisher auf keinem Doors-Album. Witzigerweise ist ausgerechnet der erfolgreichste Titel des Albums, "Touch me", mit Streichern und Bläsern instrumentiert. Auf diesem Album rückt Gitarrist Robby Krieger stärker in den Fokus, denn wegen der zunehmenden Alkoholprobleme Morrisons gestalteten sich die Aufnahme-Sessions schwierig.
Morrison Hotel (1970) – mit diesem Album kehren die Doors zu ihren Wurzeln zurück. Die Musik ist rockig und bluesig, bekannte Titel darauf sind "Roadhouse Blues”, "Waiting for the Sun” und "Ship of Fools”. Das Cover zeigt das real existierende Morrison Hotel in der South Hope Street in Los Angeles. Eigentlich hatte der Hotel-Manager Aufnahmen des Hotels verboten, die Band machte die Aufnahmen dennoch, als gerade keiner hinschaute. Fotograf Henry Diltz fotografierte in den 1960ern und 1970ern mehr als 250 Album-Cover – für Künstler wie Neil Young, Crosby, Stills & Nash, Steppenwolf, Jim Hendrix und eben die Doors. Diltz war auch der offizielle Fotograf des Woodstock Festivals (1969).
L.A. Woman (1971) – die letzte Platte der Doors und Blues-Musik, wie sie schöner kaum geht. Die bekanntesten Songs sind "Love her madly" (wahrscheinlich eine Liebeserklärung an Pamela Courson) und "Riders on the storm". Auch dieses Album sieht das Musikmagazin Rolling Stone unter den 500 besten aller Zeiten (Platz 362). Im titelgebenden Song "L.A. Woman" singt Morrison erstmals von Mr. Mojo Risin‘ – ein Anagramm seines Namens.
(Jutta Hamberger)+++
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