Was wir lesen, was wir schauen (91)
Cord Jefferson, American Fiction - Heucheln Sie ruhig weiter
@ Pixabay
21.04.2024 / FULDA -
Diskutieren Sie bei Fragen wie "Gendern" und "N-Wort" gern mit oder wenden Sie sich genervt ab, weil sie mit Identitätsgequake in Ruhe gelassen werden wollen? Egal, wie Sie die Frage für sich beantworten – ich habe heute einen Filmtipp für Sie, in dem unter anderem auch solche Fragen verhandelt werden.
Vom Aushalten können
Das Getue um N-Worte, Verletzungen und Identitätspolitik geht Monk gewaltig auf den Senkel. Er hat sich immer geweigert, sich über ‚Rasse‘ oder Hautfarbe zu definieren. Und im Gegensatz zur hyper-empfindsam gewordenen weißen Mehrheitsgesellschaft ist er davon überzeugt, dass man Stoffe, Begriffe und historische Ereignisse aus ihren jeweiligen Bezügen erklären und verstehen kann und sie nicht sofort als persönliche Beleidigung begreifen muss. Also kein Umschreiben, Redigieren, Eliminieren. Das alles kommt in einer für ihn schwierigen Lebensphase, seine Mutter leidet an Alzheimer und er muss einen Pflegeplatz für sie finden.
Nichts davon ist ernstgemeint. Dumm nur, dass die überwiegend blütenweiße amerikanische Verlagsszene sich vor Begeisterung gar nicht mehr einkriegt. Soviel ‚street credibility‘, soviel authentisch schwarzes Sprechen! Monks Agenten flattert ein Höchstgebot auf den Tisch. Monk ist hin- und hergerissen: Soll er das Spiel mitspielen oder nicht? Ein letzter Versuch, auszusteigen, ist eine Erpressung: Stagg R. Leigh will den Titel ändern, wenn nicht, sei der Deal vom Tisch. Der Verlag braucht keine 20 Sekunden für das Jawort, und damit beginnt die Erfolgsgeschichte von "Fuck".
Und so nimmt die Satire ihren Lauf, mit unglaublich vielen komischen, berührenden und auch herzergreifend traurigen Momenten. Die durchweg grandiosen Leistungen der Schauspieler machen den Film zu einem Vergnügen. Diese Literaturverfilmung setzt eigenständige Akzente und filmt das Buch nicht einfach nur ab. Und: Nein, das ist KEIN Film über Schwarze, denn das, was hier verhandelt wird, sind allgemeinmenschliche Probleme, Sorgen und Nöte. Sie könnten so in jeder Familie vorkommen. Cord Jefferson zeigt elegant und fast schon subversiv, wie man mit Rassismus umgeht und dabei Stereotypen vermeidet.
Wie ‚schwarz‘ ist die US-Literatur?
"Erasure" (Ausradiert) heißt Percival Everetts 2001 erschienener Roman, der die Vorlage für das Drehbuch des Films ist. Leider liegt das Buch nicht auf Deutsch vor – vielleicht ändert sich das ja bald. Und genauso leider ist "American Fiction" nicht in deutschen Kinos zu sehen, sondern nur auf Streaming-Plattformen.
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