Was wir lesen, was wir schauen (98)
"Make Hummus, not War!" - Ben David Oz & Jalil Dabit, Kanaan – das Kochbuch
Foto: Elissavet Patrikiou/Südwest Verlag
28.07.2024 / FULDA -
"Wir, Oz aus Israel und Jalil aus Palästina, haben mitten in Berlin einen Ort geschaffen für ‚Love and Peace‘ – unser Restaurant ‚Kanaan‘. Benannt ist es nach dem biblischen Land, das Abraham, dem Stammvater der Juden, Christen und Muslime, verheißen wurde. Für uns ist Kanaan ein Symbol für Hoffnung und Einheit. Im Kanaan werden Dinge möglich, die auf den ersten Blick unmöglich scheinen."
So beginnt die Einführung zu diesem Kochbuch, und so habe ich Ihnen diesen Titel am 19.November 2023 vorgestellt. Sie haben es vielleicht in den Medien verfolgt: In der Nacht zum vergangenen Sonntag wurde ein Anschlag auf das "Kanaan" verübt und das Restaurant verwüstet. Zertrümmertes Mobiliar, zerschlagene Weinflaschen, Fäkalien auf dem Boden und Hassbotschaften an den Wänden. Wer tut so etwas? Wer greift ein Restaurant an, das sich für das friedliche Miteinander von Israelis und Palästinensern einsetzt? Gestohlen wurde nichts, also muss man wohl von einer hassmotivierten Tat ausgehen. Hass auf Frieden? Hass auf Miteinander und Gemeinsamkeiten? Mir fehlen die Worte. Diese Tat ist ein guter Grund, Ihnen dieses wunderbare Kochbuch nochmals ans Herz zu legen.
Denn das "Kanaan" ist ein Ort, das zeigt, wie gut das alltägliche Miteinander von Israelis und Palästinensern gelingt. Ganz nebenbei und intuitiv versteht man, wie das gelingt – indem man miteinander spricht, lacht – und kocht. Wenn Sie die vegetarische Küche mögen, wenn Kochen für Sie nicht Last, sondern Lust ist, wenn Sie am liebsten nicht nur für, sondern mit Freunden kochen, dann sollten Sie sich dieses Buch bestellen oder beim nächsten Berlin-Besuch im "Kanaan" essen. Denn auch nach dem Anschlag vom Sonntag ist klar: Ben David Oz und Jalil Dabit machen weiter: "Gemeinsam werden wir den Hass überwinden und weiterhin einen Raum schaffen, in dem alle willkommen sind und gefeiert werden."
Geschmacksreise durch Israel und Palästina
Ben David Oz und Jalil Dabit sind seit Jahren befreundet, ihre Freundschaft begann über einem guten Essen – zu dem natürlich auch Hummus gehörte. Daraus entwickelten sich gemeinsame Rezepte, die besten davon sind in diesem Buch versammelt. Alle Rezepte sind "family-approved", denn während der Arbeit "haben wir die Zeit genutzt, um möglichst oft nach Israel zu reisen. Gemeinsam mit unseren Familien haben wir gekocht und dabei unzählige Fragen gestellt – auch die Vergangenheit haben wir nicht ausgespart. Es wurde viel gelacht, aber auch viel geweint. Gerade in Momenten, in denen es augenscheinlich nichts zum Lachen gibt, finden wir darin Trost – genauso wie in gutem Essen, das Körper und Seele nährt."Aber auch Berlin, die Stadt, in der beide leben und in der sie ihr Restaurant Kanaan betreiben, hinterlässt seine Spuren in diesem Buch. Fotografin Ellisavet Patrikiou hat die Rezepte und die beiden Köche wunderbar in Szene gesetzt. Menschen kann noch so viel trennen – die Herkunft, die Sprache, die Verhältnisse – die Liebe zu gutem Essen führt sie zusammen. Erst recht, wenn die Küche unideologisch einfach kultureller Mischmasch ist und das Beste aus zwei oder mehr Welten vereinigt. Viel zum Erinnern, viel zum Entdecken, viel zum Ausprobieren.
Wer hat’s erfunden?
Es gibt viele Geschichten darüber, wer den Hummus erfunden hat, DAS Gericht Israels und der umgebenden Länder. Israelis, Palästinenser, Syrer und Libanesen beanspruchen alle, die Erfinder dieses köstlichen Gerichts zu sein. Wahrscheinlich haben sie alle recht, denn im Hummus finden sich die vielfältigen Einflüsse nicht nur eines Landes oder einer Region wieder. Und so kommt es, dass Hummus in all diesen Ländern Nationalspeise ist – und darauf können sich alle sehr friedlich einigen.Hummus geht immer, als Dip, als Vorspeise (gern zusammen mit anderen Meze), als Brotaufstrich oder als Snack für zwischendurch. Besonders gut passt zu Hummus natürlich Challah. Auch das Rezept für dieses traditionelle Hefebrot finden Sie im Buch. Challah wird traditionell am Freitagabend zum Shabbat gebacken und passt großartig zu pikanten Gerichten. Challah ist nach den jüdischen Speisevorschriften "kaschrut" (koscher), es wird ohne Milchprodukte gebacken, da Milchiges und Fleischiges nicht zusammen gegessen werden darf.
Kultureller Mischmasch vom Feinsten
Verständnis statt Hass
Beim Betrachten der Nachrichtenlage scheint es, als seien die Verhältnisse zwischen Israelis und Palästinensern auf Ewigkeit zerrüttet. Auch wenn es schwer vorstellbar ist, das ist nicht so, beide Völker haben eine gemeinsame Zukunft. Das "Kanaan" wirbt dafür, im Buch genauso wie im Restaurant. Es versteht sich fast von selbst, dass im Restaurant auch Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten und Afrika beschäftigt werden, dass das Restaurant sich als "safe space" für alle Geschlechter versteht und Rassismus, Homophobie und Antisemitismus nicht geduldet werden. Man muss über Toleranz keine großen Worte verlieren, man kann sie leben – und kochen.
Wenn Sie sich das Buch noch nicht bestellt haben, sollten Sie es jetzt tun, um die Betreiber zu unterstützen und um ihr Kochbuchregal zu bereichern. Und wenn Sie noch mehr tun möchten, können Sie die Spendenaktion des "Kanaan" unterstützen. Der Aufruf auf GoFundMe war sagenhaft erfolgreich, innerhalb von 24 Stunden erreichten Ben David Oz und Jalil Dabit ihr Spendenziel – und sind überwältigt von so viel Zuspruch. Jetzt sammeln sie weiter, alle Spendengelder gehen in Projekte, die sich für die politische Erziehung zu gegenseitiger Toleranz oder die israelisch-palästinensische Koexistenz einsetzen: : https://www.gofundme.com/f/restore-kanaan-restaurant-a-symbol-of-unity-and-resilience und https://www.kanaan-berlin.de/(Jutta Hamberger) +++
Was wir lesen, was wir schaun - weitere Artikel
Was wir lesen, was wir schauen (106)
"Ich werde nie zurückkommen" - Ruth Maier, Es wartet doch so viel auf mich
Was wir lesen, was wir schauen (105)
Günter Grass, Das Treffen in Telgte - Gestern wird sein, was morgen gewesen ist
Was wir lesen, was wir schauen (104)
Anne Applebaum: Verlockung des Autoritären - Jenseits von richtig und falsch
Was wir lesen, was wir schauen (103)
Nina Burleigh, Donald Trump und seine Frauen - Ehefrauen als Accessoires
Was wir lesen, was wir schauen (102)
Marion Zimmer-Bradley, Die Nebel von Avalon - Eine Welt voll Zauber und Magie
Was wir lesen, was wir schauen (101)
Edna O’Brien, Country Girls - Die furchtlose Erzählerin der Wahrheit
Was wir lesen, was wir schauen (100)
Ephraim Kishon, Drehen Sie sich um, Frau Lot - Der Mann mit den drei Karrieren
Was wir lesen, was wir schauen (99)
Betty Smith, Ein Baum wächst in Brooklyn - Ein Mutmacherbuch
Was wir lesen, was wir schauen (97)
Ross Macdonald, Schwarzgeld - Vom richtigen und falschen Handeln
Was wir lesen, was wir schauen (96)
Ronald Reng, 1974 - Deutschland spielt gegen Deutschland
Was wir lesen, was wir schauen (95)
M. Atwood, Report der Magd -"Ich schreibe Bücher, damit sie nicht wahr werden"
Was wir lesen, was wir schauen (94)
Zuhause zwischen Berlin und Tel Aviv - Mirna Funk, Von Juden lernen
Was wir lesen, was wir schauen (93)
Thomas Mann, Die Buddenbrooks - Lebet wohl im prächt’gen Hause
Was wir lesen, was wir schauen (92)
Marianne Brentzel, Mir kann doch nichts geschehen - Nesthäkchen im KZ
Was wir lesen, was wir schauen (91)
Cord Jefferson, American Fiction - Heucheln Sie ruhig weiter
Was wir lesen, was wir schauen (90)
Kristine von Soden, Ob die Möwen manchmal an mich denken?
Was wir lesen, was wir schauen (89)
Johannes Mario Simmel, Und Jimmy ging zum Regenbogen - zerstörte Träume
Was wir lesen, was wir schauen (88)
Kerstin Wolff: Tomate, Fahrrad, Guillotine - kurze Frauengeschichte in 30 Bildern
Was wir lesen, was wir schauen (87)
Erich Kästner, Emil und die Detektive - Zeit für kluge Kinder
Was wir lesen, was wir schauen (86)
Volker Kutscher, Olympia - Deutschland auf dem Weg in die Finsternis
Was wir lesen, was wir schauen (85)
Wieslaw Kielar, Anus Mundi - Fünf Jahre in Auschwitz - "Ich will leben"
Was wir lesen, was wir schauen (84)
Dorothy L. Sayers, Starkes Gift - Alles hieb- und stichfest?
Was wir lesen, was wir schauen (83)
Auf ein gutes neues Jahr mit horizonterweiternder Lektüre
Was wir lesen, was wir schauen (82)
Ein Gabentisch für Sie mit lohnenden Büchern, CDs und Filmen
Was wir lesen, was wir schauen (81)
Nicholas Blake, Das Geheimnis von Dower House - rätselhaft und very british
Was wir lesen, was wir schauen (80)
"Make Hummus, not War!" Ben David Oz & Jalil Dabit, Kanaan – das Kochbuch
Was wir lesen, was wir schauen (79)
Martin Doerry, Lillis Tochter - Mein beschädigtes Leben
Was wir lesen, was wir schauen (76)
Lionel Feuchtwanger, Erfolg - Große Reiche vergehen, ein gutes Buch bleibt
Was wir lesen, was wir schauen (75)
Virginia Woolf, Ein Zimmer für sich allein - Haltet fest an euch und euren Zielen
Was wir lesen, was wir schauen (74)
Loren D. Estleman, Kill Zone - "Mein Beruf ist das Töten"
Was wir lesen, was wir schauen (73)
The Collected Words of Jim Morrison - No one here get’s out alive
Was wir lesen, was wir schauen (72)
Elizabeth George, Auf Ehre und Gewissen - Nicht Gold, sondern Grauen
Was wir lesen, was wir schauen (71)
Stefan Kruecken, Das muss das Boot abkönnen - Das Meer, der große Sortierer
Was wir lesen, was wir schauen (70)
Selma Lagerlöf, Nils Holgerssons wunderbare Reise mit den Wildgänsen
Was wir lesen, was wir schauen (69)
Gwen Bristow, Kalifornische Sinfonie: Go West - der Liebe wegen
Was wir lesen, was wir schauen (68)
Jessamine Chan, Institut für gute Mütter - "Ihre Tochter ist jetzt bei uns"
Was wir lesen, was wir schauen (67)
Dashiell Hammett, Der Malteser Falke - Die Revolution des Kriminalromans
Was wir lesen, was wir schauen (66)
Marie Antoinette – die verkannte Königin
Was wir lesen, was wir schauen (65)
Vicki Baum, Menschen im Hotel - Hier ist immer was los
Sensationell: vier Oscars für deutschen Film
Erich Maria Remarque, Im Westen nichts Neues - Das Grauen der Welt
Was wir lesen, was wir schauen (64)
Lee Child, Die Hyänen (Jack Reacher Bd. 24) - Ein amerikanischer Held
Was wir lesen, was wir schauen (63)
Serhij Zhadan, Himmel über Charkiv - Der Chronist des Krieges
Was wir lesen, was wir schauen (62)
Prince Harry, Spare – Reserve - Der klagende Prinz
Was wir lesen, was wir schauen (61)
Reiner Engelmann, Der Fotograf von Auschwitz - "Uns der Geschichte stellen"
Was wir lesen, was wir schauen (60)
Agatha Christie, Und dann gab’s keines mehr - Der schöne Schein trügt
Was wir lesen, was wir schauen (59)
Bücher und Filme für "zwischen den Jahren" - Weihnachtszeit - Schmökerzeit!
Was wir lesen, was wir schauen (58)
Ach, Sie lieben Kunst? - Hannah Rothschild, Die Launenhaftigkeit der Liebe
Was wir lesen, was wir schauen (57)
Erich Maria Remarque, Im Westen nichts Neues - Das Grauen der Welt
Was wir lesen, was wir schauen (56)
Maggie Haberman, Täuschung - Aufstieg Trumps und Untergang Amerikas
Was wir lesen, was wir schauen (55)
Emelie Schepp, Nebelkind - Manche Wunden heilen nie
Was wir lesen, was wir schauen (54)
John Sweeney, Der Killer im Kreml - Der Zar der Korruption
Was wir lesen, was wir schauen (53)
Alan Bennett, Die souveräne Leserin - Lesen gegen die Leere des Lebens
Was wir lesen, was wir schauen (52)
Anja Mazuhn, Meine wilden Inseln - Die Weite des Himmels und der See
Was wir lesen, was wir schauen (51)
Aiga Rasch, Im Schatten des Ruhms - Die Mutter der drei Fragezeichen
Was wir lesen, was wir schauen (50)
Theodor Fontane, Der Stechlin - Ein neues Zeitalter bricht an
Was wir lesen, was wir schauen (49)
Lupita Nyong‘o: Sulwe - Feiere das Leuchten in Dir
Was wir lesen, was wir schauen (48)
Emily Ratajkowski, My Body - Schön und feministisch