Was wir lesen, was wir schauen (82)
Ein Gabentisch für Sie mit lohnenden Büchern, CDs und Filmen
Symbolbild: pixabay
19.12.2023 / FULDA -
Weihnachten kann leicht in Schenk-Stress ausarten. Deshalb kommen hier ein paar Anregungen für Bücher, CDs und Filme, mit denen Sie sich selbst und Ihre Lieblingsmenschen glücklich machen können.
Esther & Abi Ofarim, Songs of our life
Heike Faller, 100
Sense of Tumour
Ich gestehe, ich kenne nur wenige TV-Serien oder Filme aus Belgien. Auf meiner belgischen Top-Position steht unangefochten die Medical-Drama Serie "Sense of Tumour", die 2018 auf der Berlinale als beste europäische Serie ausgezeichnet wurde. Sie können sie aktuell in der ZDF-Mediathek sehen, die TV-Sendetermine sind leider zu nachtschlafender Zeit.
Held der Serie ist Tristan – ein Überflieger, dem alles gelingt, ein Womanizer, der jede Frau rumkriegt, und daneben noch Medizin studiert und Football spielt. Der Lebens- und Karriereplan steht längst fest, Tristan will in die Neurochirurgie. Es könnte also alles so schön sein, aber dann schlägt das Schicksal zu – Tristan erhält die Diagnose Krebs. Arzt wird Patient – das ist lehrreich, vor allem für die Hauptfigur. Die Stelle als junger Facharzt ist erst mal weg, denn Tristan muss sich auf seine Behandlung und Genesung konzentrieren. Wir sind hier weit weg von amerikanischen Ärzteserien, deutschen Bergrettern und Schwarzwaldkliniken. Das liegt auch daran, dass die Serie auf den Erfahrungen echter Krebspatienten basiert, die am Ende jeder Episode selbst in kurzen Statements zu Wort kommen.
Mit Tristan durchleben durchleiden und durchlachen wir die verschiedenen Krankheitsstadien. Nebenbei muss er auch noch mit der Ehe- und Identitätskrise seiner Eltern klarkommen, mit einem Mitpatienten und dessen nerviger Tochter Hanne und mit seiner permanent schwangeren Schwester Inge und deren chaotischen Familienleben. Irgendwann funkt die Liebe dazwischen, nicht romantisch, sondern zwischen Krankenhaus, gestrickten Mützen und Tankstellenshop. Bevor die Serie aber rosarot ausklingen kann, haut das Schicksal Tristan erneut aus der Spur.
Stieg Larsson, Millennium-Trilogie
Larsson selbst hat seinen Mega-Erfolg nicht mehr erlebt, schon 2004 erlag er einem Herzinfarkt. Es sind bisher vier Fortsetzungen erschienen (Verschwörung, Verfolgung, Vernichtung und Verderben), die auf Entwürfen und Exposés Larssons basieren, aber bei weitem nicht an die Qualität der Millennium-Trilogie heranreichen. Verfilmt wurden die Romane natürlich auch, mit Michael Nykvist und Noomi Rapace und Teil 1 dann erneut mit Daniel Craig und Rooney Mara. Sie haben also die Qual der Wahl, wenn Sie filmisch in Larssons düsteren Kosmos eintauchen wollen.
Valer Sabadus, To touch, to kiss, to die
Der aus dem rumänischen Banat stammende und in Deutschland aufgewachsene Countertenor Valer Sabadus stammt aus einer musikalischen Familie. Dass er einmal als Counter von sich reden machen würde, daran sei – so beschrieb er das selbst – Countertenor Andreas Scholl schuld, den Sabadus in einer Fernsehsendung erlebte. Er war hin und weg, so wollte er auch singen. Heute ist Sabadus einer der besten seines Fachs. Auf dieser CD singt er altenglische Lieder von Purcell, Matteis und Dowland – unglaublich genau in der Intonation, sehr textverständlich und mit wunderbarer Stimmführung. "Oh Solitude" und "If music be the food of love" gehören zu meinen Lieblings-Tracks auf dieser CD. Bis in schwindelnde Höhen beherrscht Sabadus Koloraturen, und das alles mit größter Natürlichkeit. In meinem persönliche Counter-Himmel wohnt Sabadus direkt neben Philippe Jaroussky. In Fulda konnten wir uns vor kurzem von seinen Qualitäten überzeugen (Konzert mit dem Ensemble Alta Ripa am 26. Oktober).
Astrid Lindgren, Tomte Tummetott
Und nochmal geht es nach Schweden. Wichtel sind adventsdesignmäßig gerade schwer angesagt. Allerdings herrscht in den meisten Deko-Artikeln und Bastelbüchern eine fast schon radikale Infantilisierung vor. Alles ist furchtbar nett, kleinbürgerlich und geblümt. Vom ursprünglichen skandinavischen Tomte ist da wenig übriggeblieben. Gut, dass es dieses himmelschöne Weihnachts-Bilderbuch von Astrid Lindgren gibt, in unserer Familie war es ein Vorlese-Klassiker.
Dessen Ursprung ist eine der bekanntesten Weihnachtsgeschichten in Schweden, das Gedicht "Tomten" von Viktor Rydberg, es beginnt so:
Bitterkalt ist die Winternacht,
Sterne glitzern und funkeln.
Menschen und Tiere schlummern sacht,
Haus und Hof sind im Dunkeln.
Still zieht der Mond durch den Himmelsraum,
weiß glänzt der Schnee auf jedem Baum,
glänzt auf der Hausdachschräge.
Einzig der Wichtel ist rege.
Schattengleich steht er am Scheunentor,
grau vor dem weißen Toben,
schaut, wie so viele Winter zuvor,
sinnend zur Mondscheibe oben,
schaut nach dem nahen Waldesrand,
der um den Hof steht wie eine Wand,
grübelt, ein Rätsel zu lösen
von undurchdringlichem Wesen.
Rabén & Sjögren, Lindgrens Hausverlag, hatte dieses 1881 geschriebene Gedicht von Harald Wiberg neu illustrieren lassen. Der Verlag stieß aber vor allem auf dem so wichtigen deutschen Lizenzmarkt auf Ablehnung. Oetinger wollte zwar die Illustrationen Widbergs, aber nicht das Rydberg-Gedicht, das fand man zu metaphysisch. So schrieb Lindgren eine neue Geschichte zu den Bildern – und damit begann die Erfolgsgeschichte von Tomte Tummetott.
Ich wünsche Ihnen von Herzen frohe und gesegnete Weihnachten.
(Jutta Hamberger)+++
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