Was wir lesen, was wir schauen (80)

"Make Hummus, not War!" Ben David Oz & Jalil Dabit, Kanaan – das Kochbuch

David Ben Oz und Jalil Dabit in ihrer Küche
Foto: Elissavet Patrikiou/Südwest Verlag

19.11.2023 / FULDA - "Wir, Oz aus Israel und Jalil aus Palästina, haben mitten in Berlin einen Ort geschaffen für ‚Love and Peace‘ – unser Restaurant ‚Kanaan‘. Benannt ist es nach dem biblischen Land, das Abraham, dem Stammvater der Juden, Christen und Muslime, verheißen wurde. Für uns ist Kanaan ein Symbol für Hoffnung und Einheit. Im Kanaan werden Dinge möglich, die auf den ersten Blick unmöglich scheinen."



So beginnt die Einführung zu diesem Kochbuch. Es tut der Seele und in diesem Fall dem Magen gut, dass es ein anderes Miteinander zwischen Israelis und Palästinensern gibt als das, was uns die Nachrichten täglich zeigen. Und ganz nebenbei und intuitiv versteht man, wie Miteinander gelingt – indem man miteinander spricht, lacht – und kocht. Wenn Sie die vegetarische Küche mögen, wenn Kochen für Sie nicht Last, sondern Lust ist, wenn Sie am liebsten nicht nur für, sondern mit Freunden kochen, dann sollten Sie sich dieses Buch bestellen.

Geschmacksreise durch Israel und Palästina

Die beiden Autoren Ben David Oz und Jalil Dabit sind seit Jahren befreundet, ihre Freundschaft begann über einem guten Essen – zu dem natürlich auch Hummus gehörte. Daraus entwickelten sich gemeinsame Rezepte, die besten davon sind in diesem Buch versammelt. Alle Rezepte sind "family-approved", denn während der Arbeit "haben wir die Zeit genutzt, um möglichst oft nach Israel zu reisen. Gemeinsam mit unseren Familien haben wir gekocht und dabei unzählige Fragen gestellt – auch die Vergangenheit haben wir nicht ausgespart. Es wurde viel gelacht, aber auch viel geweint. Gerade in Momenten, in denen es augenscheinlich nichts zum Lachen gibt, finden wir darin Trost – genauso wie in gutem Essen, das Körper und Seele nährt."

Aber auch Berlin, die Stadt, in der beide leben und in der sie ihr Restaurant Kanaan betreiben, hinterlässt seine Spuren in diesem Buch. Fotografin Ellisavet Patrikiou hat die Rezepte und die beiden Köche wunderbar in Szene gesetzt. Menschen kann noch so viel trennen – die Herkunft, die Sprache, die Verhältnisse – die Liebe zu gutem Essen führt sie zusammen. Erst recht, wenn die Küche unideologisch einfach kultureller Mischmasch ist und das Beste aus zwei oder mehr Welten vereinigt. Viel zum Erinnern, viel zum Entdecken, viel zum Ausprobieren.

Wer hat’s erfunden?

Es gibt viele Geschichten darüber, wer den Hummus erfunden hat. Israelis, Palästinenser, Syrer und Libanesen beanspruchen alle, die Erfinder dieses köstlichen Gerichts zu sein. Wahrscheinlich haben sie alle recht, denn im Hummus finden sich die vielfältigen Einflüsse nicht nur eines Landes oder einer Region wieder. Und so kommt es, dass Hummus in all diesen Ländern Nationalspeise ist – und darauf können sich alle sehr friedlich einigen.

Hummus gibt es in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen, aber die Grundbestandteile sind immer gleich: Kichererbsen, rohes Tahini (Sesampaste), etwas Salz und ein Spritzer Zitronensaft. Oz und Jalil sehen es so: "Wir sollten immer daran denken, dass Hummus Grenzen überschreitet und den Herzen und Geschmäckern aller Menschen gehört. Hummus vermittelt ein Gefühl von Einheit, einer gemeinsamen Erfahrung, die uns alle verbindet."

Hummus geht immer, als Dip, als Vorspeise (gern zusammen mit anderen Meze), als Brotaufstrich oder als Snack für zwischendurch. Besonders gut passt zu Hummus natürlich Challah. Auch das Rezept für dieses traditionelle Hefebrot finden Sie im Buch. Challah wird traditionell am Freitagabend zum Shabbat gebacken und passt großartig zu pikanten Gerichten. Challah ist nach den jüdischen Speisevorschriften "kaschrut" (koscher), es wird ohne Milchprodukte gebacken, da Milchiges und Fleischiges nicht zusammen gegessen werden darf.

Hummus à la Kanaan

Hier kommt das Rezept für den Kanaan-Hummus von Oz und Jalil. Es wurde über viele Jahre verfeinert und immer wieder mit Freunden und der Familie verprobt.

Zutaten für 6 Personen

300 g getrocknete Kichererbsen
¼ TL Natron
50 ml eiskaltes Wasser
140 g Tahini (Sesampaste)
Saft von einer großen Zitrone
½ TL Zucker
Olivenöl zum Garnieren


Zubereitung

1.    Die Kichererbsen über Nacht in Wasser einweichen. Tags darauf in ein Sieb abgießen, gut abspülen. Mit reichlich kaltem Wasser und Natron in einen Topf geben und aufkochen. 1,5 Stunden kochen lassen. Die Kichererbsen sollten so weich sein, dass sie sich leicht zwischen zwei Fingern zerdrücken lassen.

2.    Den dabei entstehenden Schaum und die sich an der Oberfläche absetzenden Kichererbsenschalen abschöpfen.

3.    In ein Sieb abgießen und das Kochwasser dabei auffangen. Gekochte Kichererbsen unter fließendem Wasser abspülen, um die Natronreste zu entfernen.

4.    Kichererbsen und das eiskalte Wasser so lange pürieren (Küchenmaschine, Multimixer, Thermomix oder Pürierstab), bis die Masse schön cremig ist. Wenn die Masse noch zu fest ist, etwas vom Kochwasser dazugeben.

5.    Salz, Tahini, Zitronensaft und Zucker hinzufügen und weiter pürieren, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Bei Bedarf noch etwas Kochwasser dazugeben.

6.    Mit Olivenöl beträufeln und servieren (Hummus schmeckt lauwarm genauso gut wie abgekühlt).

Wenn man sehr hungrig ist und den Hummus deshalb ganz schnell zubereiten will, kann man als Abkürzung natürlich auch Kichererbsen aus der Dose verwenden. Im Kochbuch finden sich weitere mundwässernde Hummus-Rezepte, etwa Sabich (israelischer Hummus) oder Masabacha (palästinensischer Hummus).

Kultureller Mischmasch vom Feinsten

Vielleicht noch ein Wort zur Küche Israels. Im Land sind so viele kulturelle und religiöse Strömungen erkennbar, dass auch die Küche das widerspiegelt. Ein Paradies für Vegetarier! Mit diesen Rezepten kommt die Sehnsucht nach Fleisch gar nicht erst auf man weiß gar nicht, wo man mit dem Kochen beginnen soll. Die Rezepte sind überwiegend mittelanspruchsvoll, einige sind aber auch für Kochanfänger geeignet. Die werden allerdings das ein oder andere nachschlagen oder ausprobieren müssen, weil keine Zubereitungszeiten angegeben sind und auch nicht jeder Begriff erklärt ist – dank Internet sicher aber eine lösbare Aufgabe. Eingestreut ins Buch sind immer wieder Familiengeschichten und -erinnerungen, in denen sich alles ums Einkaufen und Zubereiten von Speisen und natürlich die Mahlzeiten mit Freunden und der Familie dreht.

Das Buch versammelt die typischen Gerichte des Landes, aber Oz und Jalil geben jedem ihre besondere Note: Mujadarra, ein Linsengericht. Shakshuka, auch eine Art Nationalgericht, in dem Eier, Tomatensauce und Kreuzkümmel die Hauptrolle spielen. Burrekas, mit Kartoffeln gefüllte Blätterteigtaschen. Maftoul, ein palästinischer Couscous. Mafroum, gefüllte Kartoffeln. Amba, eine Art Pickles. Taboulé, ein Salat, der auf keinem arabischen Fest fehlen darf. Auch Schleckermäuler kommen auf ihre Kosten, etwa mit dem Ugat Chokolad (Schokoladenkuchen), süßen Falafeln, Malabi (Pannacotta), Pistazieneis oder einen Wassermelonensalat. 

Bei Betrachten der Nachrichtenlage scheint es, als seien die Verhältnisse zwischen Israelis und Palästinensern auf Ewigkeit zerrüttet. Auch wenn es schwer vorstellbar ist, das ist nicht so, beide Völker haben eine gemeinsame Zukunft. Das "Kanaan" wirbt dafür, im Buch genauso wie im Restaurant. Es versteht sich fast von selbst, dass im Restaurant auch Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten und Afrika beschäftigt werden, dass das Restaurant sich als "safe space" für alle Geschlechter versteht und Rassismus, Homophobie und Antisemitismus nicht geduldet werden. Man muss über Toleranz keine großen Worte verlieren, man kann sie leben – und kochen. (Jutta Hamberger) +++

Kanaan – das Restaurant von Oz und Jalil in Berlin Prenzlauer Berg: https://www.kanaan-berlin.de/

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