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Das sagen regionale SPD-Vertreter

Miserabele Wahlergebnisse bei der SPD: Wie geht es jetzt weiter?

Die Freude bei Saskia Esken ist sicher mittlerweile verblasst. Trotzdem will sie nicht zurücktreten. Die Freude bei Saskia Esken ist sicher mittlerweile verblasst. Trotzdem will sie nicht zurücktreten.
Foto: Henrik Schmitt

27.02.2025 / REGION - Die Stimmung in der SPD nach den miserablen Wahlergebnissen ist ebenso miserabel. Parteichefin Saskia Esken will weiter im Amt bleiben. Wie geht es in der einst so beliebten Volkspartei jetzt weiter? Und vor allem, wer will die Partei jetzt wieder nach vorne bringen? Klar ist: Eine Koalition aus CDU und SPD gilt als wahrscheinlich. Wir haben regionale SPD-Vertreter gefragt, was sie darüber denken.



Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Torsten Stolz (SPD):

Was ist Ihre Meinung zu einer möglichen Koalition aus CDU und SPD?

"Ich begrüße das, da Deutschland möglichst schnell eine handlungs- und arbeitsfähige Bundesregierung braucht. Es ist wichtig, dass die SPD sehr klar ihre Bereitschaft adressiert, Verantwortung für Deutschland und die Menschen zu übernehmen – gerade in herausfordernder Zeit. Die neue Bundesregierung steht vor enormen Herausforderungen und da kann die SPD ein wichtiger und verlässlicher Anker sein. Die Menschen erwarten, dass es eine neue Bundesregierung gibt, die stabil und verlässlich arbeitet. Und die Menschen erwarten, dass die neue Bundesregierung nachvollziehbare und greifbare Lösungen für die anstehenden Herausforderungen im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, der Energiewende, der Sicherung der Sozialsysteme und auch der Migrationspolitik erarbeitet. Und genauso braucht es eine starke Stimme für soziale Gerechtigkeit, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein starkes Europa. Für all das steht die SPD.

Aber ich sage auch, dass sich CDU/CSU und Friedrich Merz auf die SPD zubewegen müssen. Es werden gemeinsame Lösungen erarbeitet werden müssen, es muss eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe geben und vor allem müssen aufgerissene Gräben überwunden werden. Friedrich Merz muss lernen zusammenzuführen, zu verbinden und nicht durch Populismus zu spalten. Das ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Union und SPD."

Wer ist jetzt der oder die Richtige an der Spitze der SPD?

Ich will das nicht auf die Spitze der SPD reduzieren und auch nicht in ein Namenskarussell einsteigen, aber zu zwei Personalien habe ich eine klare Meinung: Erstens: Ich wünsche mir Boris Pistorius in verantwortlicher Position für die SPD in einer neuen Bundesregierung. Er wäre ein guter Vize-Kanzler und damit das Gesicht der SPD in einer neuen Bundesregierung. Er ist die richtige Persönlichkeit für die Herausforderungen unserer Zeit. Zweitens: Ich wünsche mir bei unserer bisherigen Parteivorsitzenden Saskia Esken die Erkenntnis, dass es besser ist, den Weg frei zu machen für eine inhaltliche und personelle Neuausrichtung der SPD.

Patrick Krug, SPD-Unterbezirksvorsitzender Vogelsbergkreis:

Was ist Ihre Meinung zu einer möglichen Koalition aus CDU und SPD? Wer ist jetzt der oder die Richtige an der Spitze der SPD?

"Die Ampel hatte kaum noch Gemeinsamkeiten, hat sich in Streit und Klein-Klein verloren und war deshalb nicht mehr in der Lage, die wichtigen Themen anzupacken. So ist viel Vertrauen verloren gegangen, gerade auch in die SPD. Vertrauen, dass man zurückgewinnen kann, wenn man wieder überzeugende Antworten auf Fragen gibt, die die Menschen in ihrem Alltag auch tatsächlich beschäftigen. Ganz unabhängig von konkreten Namen muss das zukünftige Spitzenpersonal der Bundes-SPD, das sich nach einer solch krachenden und selbst verschuldeten Niederlage an einigen Stellen ändern muss, dem gerecht werden.

Voraussetzung für eine schwarz-rote Bundesregierung ist, dass Union und SPD bei zentralen Themen genug Übereinstimmungen finden. Es geht dabei unter anderem darum, dass wer hart arbeitet und keine Reichtümer mit nach Hause bringt, am Ende mehr in der Tasche haben muss. Dass der Staat endlich genug in Schulen, Kitas, Straßen, Schienen und Krankenhäuser investiert. Dass wir uns gegen Bedrohungen von außen und innen sicher verteidigen können. Dass Arbeitsplätze gesichert und der Standort Deutschland zukunftsfest gemacht wird und dass Migration geordnet und für Staat und Gesellschaft gut leistbar abläuft. Damit das gelingt, werden sowohl Union als auch SPD aufeinander zugehen müssen. Dazu gehört auch, dass man zu einem respektvollen Umgang zurückfindet und auf Augenhöhe miteinander verhandelt und dann regiert. Ich bin zuversichtlich, dass das zügig gelingen kann und dadurch die Mitte und die Demokratie nachhaltig gestärkt werden können. Denn dass eine Koalition von SPD und CDU ein Erfolgsmodell sein kann, beweist der Vogelsbergkreis. Deshalb wäre mein Rat an eine zukünftige Bundesregierung auch, sehr genau denjenigen zuzuhören, die in den Städten, Gemeinden und Landkreisen Verantwortung tragen. Denn dort weiß man, wie man Probleme pragmatisch löst und was es dazu braucht."

Landtagsabgeordneter Maximilian Ziegler (SPD):

Was ist Ihre Meinung zu einer möglichen Koalition aus CDU und SPD?

"Nach einer Wahlniederlage wie dieser müssen wir uns als SPD zunächst ehrlich hinterfragen. Wir haben den klaren Auftrag der Wählerinnen und Wähler erhalten, uns inhaltlich und personell zu verändern. Dazu zählt, dass in einer Regierung unter der Führung der CDU die Gefahr besteht, dass wir unsere Kernthemen nicht ausreichend durchsetzen können. Hierfür braucht es eine ehrliche Debatte innerhalb der Partei.

Andererseits brauchen wir jetzt stabile Verhältnisse. Eine Bundespolitik, die funktioniert, sich international behauptet und den Menschen Verlässlichkeit und Sicherheit bietet. Angesichts des Wahlergebnisses kann das eine Koalition aus CDU und SPD am ehesten gewährleisten. Deshalb sollten wir mit der CDU hart verhandeln und unsere Forderungen, insbesondere in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, konsequent durchsetzen.

Ich möchte klarstellen: Die SPD darf nicht zu einem reinen Mehrheitsbeschaffer für die CDU werden, dafür sind die Unterschiede an vielen Stellen zu groß. Eine Koalition kann nur dann Sinn machen, wenn sie auch eine sozialdemokratische Handschrift trägt und echte Fortschritte für die Menschen im Land bringt."

Wer ist jetzt der oder die Richtige an der Spitze der SPD?

"Wir brauchen in unserer SPD jetzt starke, glaubwürdige Führungspersönlichkeiten, die sowohl die Basis als auch die Wählerinnen und Wähler mitnehmen können. Natürlich bringt Lars Klingbeil viel Erfahrung mit, er wird eine zentrale Rolle innerhalb der SPD spielen. Sein Erststimmenergebnis war das beste innerhalb der SPD.

Wenn Sie mich aber so direkt fragen: Boris Pistorius sollte meiner Meinung nach eine gewichtige Rolle einnehmen. Er hat in den letzten Jahren gezeigt, dass er nicht nur große Rückendeckung in der Bevölkerung genießt, sondern auch glaubwürdig und durchsetzungsfähig ist. Eigenschaften, die die SPD jetzt dringend braucht.

Und ich würde mir wünschen, dass die Wirtschaftspolitikerin Verena Hubertz wesentlich mehr Verantwortung in der SPD erhält. Als Unternehmerin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende vermittelt sie überzeugend den Spagat zwischen wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Gerechtigkeit. Sie zählt für mich zu den größten Nachwuchshoffnungen innerhalb der SPD. Die SPD war immer dann stark, wenn sie eine klare Haltung hatte und sich für die Menschen eingesetzt hat. Wir müssen uns jetzt wieder Vertrauen erarbeiten."

Fest steht: Die SPD muss jetzt einiges tun, um wieder eine Volkspartei zu werden. 16,4 Prozent reichen da bei weitem nicht. (Moritz Pappert) +++

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