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Die Bundestagswahl in Thüringen

Eine "Silberlocke" stemmt sich erfolgreich gegen die "blaue Bastion"

Bodo Ramelow ist wieder: Unser Bild zeigt ihn als Thüringer Ministerpräsident bei der Eröffnung der Biathlon-Weltmeisterschaften 2023 in Oberhof Bodo Ramelow ist wieder: Unser Bild zeigt ihn als Thüringer Ministerpräsident bei der Eröffnung der Biathlon-Weltmeisterschaften 2023 in Oberhof
Archivbild: O|N/Hans-Hubertus Braune

25.02.2025 / ERFURT - Das vorläufige Endergebnis der Bundestagswahl sorgt für jede Menge Diskussionen. Zumal das Wählerverhalten in den einzelnen Regionen von großen Unterschieden geprägt ist. Die Parteien versuchen sich nun in Erklärungen und leiten aus den Ergebnissen ihre Forderungen und Konsequenzen ab.



In Thüringen lässt sich der Ausgang auf eine relativ einfache Formel bringen: Fast das gesamte Bundesland ist "blau". Die Alternative für Deutschland (AfD) erreichte bei den Zweitstimmen 38,6 Prozent. Auch die Linke ist mit 15,7 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Das Bündnis Sarah Wagenknecht kommt auf 9,4 Prozent. Die ehemaligen Ampel-Koalitionsparteien spielen auch und besonders in Thüringen keine Rolle mehr. Die SPD mit 8,8 Prozent, die Grünen mit 4,2 Prozent und die FDP mit 2,8 Prozent bedeuten ein desaströses Ergebnis.

Während die Sozialdemokraten im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 14,6 Prozent einbüßen, gewinnt die AfD 14,6 Prozent dazu. Entsprechend bewerten die Medien in Thüringen das Ergebnis: "Färbt man Thüringens Gemeinden nach der Gewinnerpartei ein, dann ist Thüringen ein blaues Meer mit vereinzelten schwarzen und dunkelroten Flecken. In der überwältigenden Mehrheit der rund 600 Gemeinden erzielt die AfD den höchsten Zweitstimmenanteil. Die CDU gewinnt in 21 Gemeinden, die Linke liegt in Jena und in der kleinen Ortschaft Dietzenrode/Vatterode im Landkreis Eichsfeld vorne", schreibt etwa der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) in der "Analyse der Wahlergebnisse in Thüringen".

"Abgrenzung zur Linken überdenken"

Prominente Ausnahme ist der ehemalige Ministerpräsident Bodo Ramelow. Die Mission "Silberlocke" mit seinen Linken-Kumpels Dietmar Bartsch und Gregor Gysi hat funktioniert. Ramelow gewann den Wahlkreis 192 Erfurt – Weimar – Weimarer Land II und will sein Bundestagsmandat annehmen. Gysi jubelt über seinen Erfolg im Wahlkreis Berlin Treptow-Köpenick und wird wohl Alterspräsident des künftigen Bundestages. Wie die Ostthüringer Zeitung in ihrem Liveticker berichtet, habe Ramelow die CDU aufgefordert, ihre totale Abgrenzung zur Linken zu überdenken. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU, der jede Form der Zusammenarbeit ausschließt, sei ein Relikt wie aus Zeiten des Kalten Kriegs, habe der ehemalige Ministerpräsident laut OTZ in Erfurt erklärt.

Die AfD hat vor allem in den ostdeutschen Bundesländern weiter zugelegt. Entsprechend zufrieden ist der Thüringer Landeschef Björn Höcke. Auf "X" (vormals "Twitter") schrieb Höcke: "Voigt hat sich die Schlüssel zur Staatskanzlei unter den Nagel gerissen, indem er eine Koalition gegen den Willen der Thüringer geschmiedet hat. Voigt ist jetzt schon ein MP auf Abruf. Die nächste Etappe für Thüringen ist die absolute Mehrheit der AfD." Die AfD hat sieben der acht Wahlkreise in Thüringen gewonnen - vor allem in den ländlichen Regionen im Süden und im Osten Thüringens. Ihr stärkstes Zweitstimmenergebnis holte sie in Karlsdorf im Saale-Holzland-Kreis mit 73,3 Prozent.

CDU-Vize Christian Hirte unterliegt dem AfD-Bewerber

Im Wahlkreis 189 Eisenach - Wartburgkreis - Unstrut-Hainich-Kreis setzte sich Stefan Möller von der AfD mit 38,6 Prozent durch. Möller ist gemeinsam mit Höcke Sprecher des Landesverbands AfD Thüringen. Christian Hirte von der Union schaffte den Sprung in den Bundestag über die Landesliste seiner Partei. In seinem Wahlkreis 189 Eisenach–Wartburgkreis–Unstrut-Hainich-Kreis holte er 22,7 Prozent.

Das sagt Christian Hirte einen Tag nach der Wahl gegenüber OSTHESSEN|NEWS: "Die Union hat die Bundestagswahl 2025 klar gewonnen und wir haben daher den Auftrag zur Bildung einer neuen Bundesregierung unter Friedrich Merz. Die CDU in Thüringen hat mit 18,6 Prozent im Vergleich zu 2021 ein Plus von 1,7 Prozentpunkten zu verzeichnen. Wir werden daher diesmal mit vier Abgeordneten in den Deutschen Bundestag einziehen und können damit einen weiteren Kollegen in der Landesgruppe Thüringen hinzugewinnen.

"Wir brauchen jetzt ein Wirtschaftswunder à la Ludwig Erhard"

In meinem Wahlkreis kann ich auf einen kleinen Zuwachs auf 22,7 Prozent blicken und habe damit nach dem Wahlkreis im Eichsfeld das zweitbeste Ergebnis der CDU in Thüringen erreicht. Mit Blick auf die AfD kann das Ergebnis aber nicht kalt lassen. Wir müssen jetzt in vielen Bereichen durch bessere politische Arbeit die Bürger überzeugen. Das Ergebnis der Wahlen muss ein Weckruf für das ganze Land sein. Die SPD muss ihre staatspolitische Verantwortung annehmen und mit uns als Union schnell Ergebnisse herbeiführen. Dabei muss es vor allem um die Themenbereiche Migration, Sicherheit sowie Wirtschaft und Energie gehen. Diese Themen sind im Übrigen gleichermaßen wichtig für Ost wie West."

Dieter Bauhaus, Präsident der IHK Erfurt, zu den Ergebnissen der Bundestagswahl und einer möglichen Regierungsbildung: "Das Ergebnis der Bundestagswahl kommt für mich wenig überraschend - die Leistungen der Ampel-Regierung wurden abgestraft. Es wird viel davon abhängen, wie durchsetzungsfähig ein Kanzler Merz innerhalb einer Koalition sein wird, um den riesigen Reformstau im Land schnell und wirksam anzugehen. Die Ergebnisse in Thüringen sind ernüchternd und zeichnen ein deutliches Bild der Unzufriedenheit. Auch schadet die enorme Stärkung des rechten Randes mit der AfD sowie den hohen Ergebnissen des linken Randes mit den Linken und dem BSW in Ostdeutschland den Wirtschaftsstandort.

Alle sollten nun nach vorn schauen und angesichts der gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Turbulenzen schnell zu einer handlungsfähigen Regierung kommen und mit einem Bundeshaushalt 2025 Planungssicherheit schaffen. Die Unternehmen brauchen jetzt ein Wirtschaftswunder à la Ludwig Erhard mit Spielräumen und Zutrauen für Unternehmen und eine stärkere Leistungsbereitschaft in der Bevölkerung. Solang aktuelle wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen das größte Geschäftsrisiko für die Unternehmen darstellen, ist die Talsohle nicht durchschritten." (Hans-Hubertus Braune) +++

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