Bundesvorsitzender der Grünen im Interview

Felix Banaszak über Merz' Wortbruch und die Zukunft der Grünen

elix Banaszak, der neue Bundesvorsitzende der Grünen, war als prominenten Gast angereist und sprach in einem Interview mit OSTHESSEN|NEWS offen über die politische Situation.
Archivfotos: ON/Carina Jirsch

06.02.2025 / FULDA - Beim Neujahresempfang der Grünen im antonius-Café in Fulda standen am Samstagnachmittag vor allem zwei Themen im Fokus: die Rolle von Friedrich Merz und die aktuelle politische Lage im Bundestag (OSTHESSEN|NEWS berichtete). Felix Banaszak, der neue Bundesvorsitzende der Grünen, war als prominenten Gast angereist und sprach in einem Interview mit OSTHESSEN|NEWS offen über die politische Situation.



Merz' Versprechen und Vertrauensbruch

Banaszak wurde unter anderem gefragt, ob er glaube, dass Friedrich Merz als Kanzler weiterhin mit der AfD zusammenarbeiten würde. Der Grünen-Chef erinnerte an Merz’ Versprechen, dass es keine Mehrheiten mit der AfD geben würde – weder zufällig noch absichtlich. "Dieses Versprechen hat er gebrochen. Da ist Vertrauen verloren gegangen, das er wieder aufbauen muss", so Banaszak.

Vorwürfe von Merz und die Verantwortung der Regierung

Friedrich Merz hatte den Grünen und der SPD vorgeworfen, mit ihrer Politik das Erstarken der AfD begünstigt zu haben. Banaszak wies diesen Vorwurf entschieden zurück und betonte, dass niemand alleine für die politische Situation verantwortlich sei. "Die Verantwortung dafür kann niemand alleine von sich weisen – und auch nicht alleine übernehmen. In der Ampel wurde öffentlich viel gestritten, das war dem Vertrauen in Politik sicherlich nicht zuträglich. Die einseitige Schuldzuweisung, die Friedrich Merz vornimmt, wird der Lage aber nicht gerecht. Rechtsextremismusexperten sagen, dass bloße Spekulationen über eine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen zu deren Normalisierung beitragen. Auch die Übernahme rechtsextremer oder rassistischer Erzählungen tragen dazu bei. Es ist unredlich von Friedrich Merz und seiner Union, hier keine Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen", erklärte Banaszak.

Koalitionsmöglichkeiten mit der CDU

Auf die Frage, ob eine Koalition mit der CDU für die Grünen denkbar sei, antwortete der Bundesvorsitzende der Grünen, dass dies nicht an seiner Partei oder der SPD liege, sondern an Merz selbst. "Er muss zeigen, ob er eine Koalition in der demokratischen Mitte dieses Landes überhaupt noch will. Nach vergangener Woche bestehen daran Zweifel", erklärte er.

Grüne Politik nach der Bundestagswahl

Sollten die Grünen nach der Bundestagswahl an einer Koalition beteiligt werden, werde der Klimaschutz weiterhin eine zentrale Rolle spielen. "Wir werden beim Klimaschutz Kurs halten und den Ausbau erneuerbarer Energien weiter vorantreiben. Gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass der Strompreis dauerhaft sinkt – indem wir die Stromsteuer senken und die Kosten des Netzausbaus staatlich vorfinanzieren. Das Leben muss für die Menschen bezahlbarer werden. Dafür wollen wir Mietsteigerungen begrenzen, das Elterngeld erstmals seit 2007 an die Inflation anpassen und das 49-Euro-Ticket zu diesem Preis beibehalten. Wir wollen in unser Land investieren, damit Fahrpläne nicht nur eine grobe Orientierung sind, sondern der öffentliche Personennahverkehr verlässlich läuft und Straßen und Brücken intakt sind. Kitas und Schulen sollen die schönsten Orte im Land werden, Orte, an denen sich Kinder gerne aufhalten und ihnen allen gerechte Startchancen ins Leben geboten werden", so Banaszak. Hinsichtlich der europäischen Politik betonte er das Ziel der Grünen, für einen Frieden in Freiheit in Europa einzutreten und nicht für einen Frieden durch Unterwerfung.

Migrationspolitik und europäische Lösungen

Ein weiteres Thema, das alle in diesem Land beschäftigen würde, sei die Migrationspolitik. Banaszak betonte, dass die Grünen sich seit Jahren intensiv mit diesem Thema befasst hätten. Der Unterschied zwischen den Vorschlägen der Grünen und denen von Merz sei jedoch klar: "Friedrich Merz setzt auf die Abschottung Deutschlands in Europa und eine pauschale Zurückweisung an den Grenzen", kritisierte er. Die Grünen hingegen hätten sich mit Außenministerin Annalena Baerbock für eine europäische Lösung starkgemacht. "Mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gibt es nun einen Weg, der sowohl Deutschlands Interessen als auch die der anderen europäischen Staaten berücksichtigt. Die Union muss sich entscheiden, ob sie sich weiterhin in der Tradition von Helmut Kohl und Angela Merkel als Akteur in Deutschland begreifen will – oder ob sie sich von diesem Erbe lossagt."

Zudem hob er hervor, dass Deutschland trotz der Herausforderungen in der Migrationspolitik ein offenes Land bleiben müsse. "Hunderttausende, die nach Deutschland eingewandert oder hierher geflohen sind, fragen sich vor dem Hintergrund dieser Debatte, ob sie in Deutschland noch willkommen sind. Das nehmen wir sehr ernst. Es muss gelingen, über bestehende Herausforderungen zu diskutieren, ohne weiter Ressentiments zu schüren und Menschen mit Migrationsgeschichte pauschal als Problem zu markieren", erklärt Banaszak abschließend. (Mathias Schmidt) +++

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