Profis bei der Arbeit (139)

Kranführer Marco Auth: "Ohne Popometer bringt alles Hightech nix"

Kranführer Marco Auth in seinem Cockpit
Fotos: Marius Auth

24.09.2018 / GROSSENLÜDER - Wenn Kranführer Marco Auth aus Döllbach in seinem Cockpit sitzt, hängt alles auf der Baustelle von ihm ab – wortwörtlich: Tonnenschwere Lasten bugsiert der 45-Jährige auf Knopfdruck ans Ziel, trotz modernster Technik geht nichts ohne "Popometer", meint Auth.



Denn Fingerspitzengefühl, zusammen mit einer intuitiven Raumempfindung fürs große Gerät, entscheidet über Erfolg oder Misserfolg auf der Baustelle. Bei Bimbach steht der 70-Tonnen-Kran an der Lüder, eine in die Jahre gekommene Fußgängerbrücke aus Holz wird abgerissen und durch eine nagelneue aus Stahl ersetzt. Im Kran-Cockpit klackert der Lautsprecher und zeigt die Geschwindigkeit der Winde an, mit einer Bewegung des Joysticks lässt Auth die Kette ab. "Wir müssen uns blind aufeinander verlassen können: Wenn der Monteur 'Ab' sagt, dann lasse ich ab. Ob jemand den Finger dazwischen hat, sehe ich ja nicht. Mit diesen riesigen Lasten kann jeder Fehler leicht tausende Euro kosten, deswegen muss vorher alles überprüft werden", erklärt Auth.

Bevor der Kranführer von der Wehner Kran- und Pannendienst GmbH aus Fulda überhaupt mit seinem schweren Autokran anrückt, läuft er deswegen auf der Baustelle die Entfernung vom möglichen Kranstandort bis zum Punkt ab, wo die Lasten hinbefördert werden müssen: "Der Untergrund ist das größte Problem: Wenn irgendwo fünf Zentimeter dick Schotter liegen, kann das Erdreich darunter trotzdem zu weich sein, um es mit ein paar Tonnen zu belasten. Wenn ein Untergrund gefunden ist, darf nichts im Schwenkbereich stehen. Von Hochspannungsleitungen muss ich mindestens fünf Meter Abstand halten, wenn ich in der Nähe von Bahntrassen arbeite, sorgt ein Erdungsstab beim Kran für Sicherheit."

Wenn die nötige Entfernung bis zum Ziel und damit die Länge des Kranauslegers ermittelt ist, muss Auth rechnen: "Mit jedem Zentimeter, den ich den Kranausleger ausfahre, kann ich weniger Gewicht dranhängen. In der Traglasttabelle kann ich nachschauen, was das für meinen Job hier bedeutet: Die 70 Tonnen für den Kran beziehen sich nur auf die Belastung, die die seitlichen Stützen aushalten können. Die Strecke vom Kran bis zur Brückenabladestelle beträgt hier etwas mehr als 28 Meter, da kann ich nur noch knapp über fünf Tonnen am Haken haben." Die neue Brücke über die Lüder wiegt rund 4,5 Tonnen – passt.

Zwei Displays im Cockpit machen die Arbeit leichter: Auf dem linken werden Auslegerlänge, aktuelle und mögliche Zuladung angezeigt, auf dem rechten, zu wieviel Prozent die Mäste schon ausgefahren sind: "Mit der Technik kann man eigentlich nichts mehr falsch machen – aber ohne Popometer geht nichts: Man muss einfach im Blut haben, wie mit der Last umzugehen ist – und wie man die Kollegen unten bedient. Die Last darf nie ins Schwingen kommen, bei Wind muss man ständig gegensteuern." Um als Kranführer zu arbeiten, braucht es neben dem Lkw-Führerschein eine mehrwöchige Schulung für den jeweiligen Kran.

Neben Baustellen fährt Auth für seinen Arbeitgeber auch Unfallstellen im Landkreis Fulda an – vor Ort muss auf andere Dinge geachtet werden: "Bevor ich anfangen kann zu arbeiten, wird die Straße gesperrt - das kann eine ganze Weile dauern. Oft müssen Auflieger und Zugmaschine von Lkws erst voneinander getrennt werden, um sie abtransportieren zu können. Obwohl alles schon demoliert ist, muss ich darauf achten, keine weiteren Schäden zu verursachen. Deswegen benutzt man mehrere Hebebänder nebeneinander, damit ein langer Anhänger beim Heben nicht verbiegt." Für Unfalleinsätze steht Auth Tag und Nacht auf Abruf bereit, dagegen sind die Einsätze auf der Baustelle beinahe entspannend: "Früher oder später kennt man die Leute, weiß, wie sie sich bewegen, auf was man achten muss. Das Schönste ist, wenn man die Baustelle verlässt und die Monteure sich bedanken, dass alles so gut geklappt hat." (Marius Auth) +++

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