Profis bei der Arbeit (43)

Architektin Axenia Deifel ist Mittlerin zwischen Büro und Baustelle

Architektin Axenia Deifel aus Rommerz auf der Baustelle
Fotos: Marius Auth

17.08.2017 / FULDA - Berufswünsche stammen häufig aus der Kindheit. Seit Axenia Deifel aus Rommerz ihrem Vater beim Hüttchenbauen im heimischen Garten half, stand fest: Etwas mit Bauen soll es sein. Nach mehreren Zwischenstationen ist die 27-Jährige heute als Architektin beim Fuldaer Architekten- und Ingenieurbüro Staubach & Partner für den Brandschutz zuständig.


Am Zeichentisch liegen die Pläne für den Neubau "Wohnen am Vonderau Museum", der moderne Architektur ins barocke Umfeld integriert. Als Bauleiterin ist Deifel jeden Tag vor Ort und gibt den Arbeitern die konkreten Vorgaben, etwa bei Bodenbelägen und Wandmaterialien. Ihre Pläne enthalten deswegen jede Menge Details, die auf dem allgemeinen Bauplan nicht verzeichnet sind - sie ist die Mittlerin zwischen Architekturbüro und ausführenden Kräften vor Ort. Ganz am Anfang stehen jedoch die Gespräche mit dem Bauherrn: Was wird gewünscht, wie soll gebaut werden, mit welchen Materialien, in welchem Stil? Wenn das klar ist, kann die Ausschreibung erfolgen, bei der die Gewerke an die Handwerksunternehmen vergeben und die Kosten verhandelt werden.

Nach dem Bachelor-Studium "Bachelor of Engineering" hat Deifel ein Masterstudium für vorbeugenden Brandschutz an der Technischen Universität Dresden nebenberuflich absolviert, dabei hat Staubach + Partner die junge Frau unterstützt: Alle zwei Monate war die Studentin für eine Woche für Vorlesungen und Klausuren in der sächsischen Landeshauptstadt. Der Weg zur Bauplanerin war jedoch nicht vorgezeichnet: "Meine ältere Schwester arbeitet im Gesundheitswesen. Erst wollte ich ihr nacheifern und mein Fachabitur im Gesundheitswesen ablegen, aber ich habe schnell gemerkt, dass mir das nicht liegt. Ich wollte etwas Technisches machen. Deswegen habe ich mich an der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen fürs Architekturstudium beworben. Das hat mir so gut gefallen, dass ich ab dem dritten Semester Bauingenieur-Wesen dazugewählt habe: Das Know-how, wie etwas konstruiert wird, wie es zusammengesetzt ist, wie die Details und Anschlüsse wirklich aussehen, wird im normalen Architektur-Studium nicht vertiefend vermittelt. Während des Studiums habe ich bereits bei mehreren Architektur-Büros gearbeitet. In einem Ingenieurbüro in Frankfurt, das auf Brandschutz spezialisiert ist, habe ich drei Jahre gearbeitet und dort meine Lieblings-Thematik gefunden. Als ich mich dann im Jahr 2013 bei Staubach + Partner beworben habe, war mir wichtig, weiter als Brandschutzsachverständige zu arbeiten", erklärt Deifel.

Die Fachkompetenz im Bauingenieur-Wesen hilft, auf der Baustelle für voll genommen zu werden: "Als Frau muss man sich immer noch beweisen: Erst durch das technische Know-how kann man mitreden - wenn die Kollegen merken, dass alles, was gesagt wird, Hand und Fuß hat, läuft die Zusammenarbeit reibungslos", so Deifel. In anderen Fällen hilft selbst die Fachkompetenz wenig: "Statik, Wärme-, Schall- und Brandschutz und andere Vorgaben der Hessischen Bauordnung sind einzuhalten. Aber natürlich hat man als Architektin Vorstellungen von Stil und Proportion, die man auch versucht, dem Kunden zu vermitteln. Die Küche setzt man nicht in die tiefste Ecke der Wohnung, wo kein Licht ist, das Bad nicht an ein bodentiefes Fenster. Bei der Fassadengestaltung muss die Bauaufsicht konsultiert werden: Ein schreiend grünes Haus wird selbst in der Innenstadt kaum genehmigt werden, auch die Materialien wie etwa Naturstein müssen sich harmonisch ins städtebauliche Gesamtbild einfügen. Eine Befreiung vom Bebauungsplan muss genehmigt werden: Wer statt einem Satteldach ein Flachdach verbauen will, muss dies gut begründen können. Schwieriger wird es noch, wenn Denkmalschutzvorgaben berücksichtigt werden müssen: Dann sind Fassadengestaltung, Fenster- und Dachmaterialien häufig komplett vorgegeben", erklärt Deifel.

Vor Ort in der Universitätsstraße gegenüber dem Vonderau-Museum zeigt die junge Architektin, wie modernes Wohnen in der Innenstadt interpretiert werden kann: Zwölf großzügige Wohneinheiten sind mit Annehmlichkeiten wie Klimaanlage und großen Balkonen ausgestattet, auch ein Erdwärmeanschluss hat sich nach Messungen als sinnvoll herausgestellt. Deifel schaut bei den ausführenden Handwerkern vorbei, um den Fortschritt zu überprüfen und die Vorgaben für die nächsten Schritte zu besprechen: "Die Bedeutung von Teamwork hat über die Jahrzehnte zugenommen: Vom Architekten bis zum Arbeiter ist jeder in die Planung einbezogen - konstruktive Vorschläge kommen von jedem", erklärt Deifel. Verpflichtende Fortbildungen halten die Bau-Expertin auf dem Laufenden - und geben Punkte. Momentan darf Deifel als Bauplanerin mit Masterabschluss noch keine Objekte mit mehr als 200 Quadratmetern Grundfläche planen. Der Türöffner für höhere Ambitionen ist die Mitgliedschaft in der Architektenkammer, die Deifel anstrebt: Dann dürfen selbst Hochhäuser realisiert werden. "Der Anspruch im Studium ist schon hoch: Am Anfang sitzt man mit 300 Studenten im Hörsaal, den Abschluss machen dreißig. Manche springen auch ab und machen etwas Handfesteres wie eine Schreinerlehre. Bevor ich mich fürs Studium entschieden habe, habe ich auch Praktika beim Zimmermann und beim Maurer gemacht, um ein Gefühl für die Praxis zu bekommen", erklärt Deifel. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt für angehende Architekten gestaltet sich positiv: Auch das Architekten- und Ingenieurbüro Staubach & Partner ist momentan auf der Suche nach einem Architekten und einem Bauleiter. (Marius Auth) +++

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