Profis bei der Arbeit (48)

Maßschneiderin Eva Schönherr lässt jedermann schön aussehen


Fotos: Julissa Bär

05.09.2017 / FULDA - Auf der Suche nach dem perfekten Anzug ist "man" bei Eva Schönherr an der richtigen Adresse. Die 38-jährige Schneidermeisterin zaubert jedem Kunden die perfekt sitzende Klamotte auf den Körper. Ihre Maßschneiderei "Der schöne Herr" in Fulda ist vor allem für Männer eine beliebte Anlaufstelle: Hier werden Anzüge ganz nach den Vorstellungen der Herren geschneidert. Mit ihrem Handwerk gibt die Landenhäuserin ihren Kunden ein neues Selbstbewusstsein und Lebensgefühl.



In ihrer Schneiderei ist Schönherr jeden Tag fleißig am Tüfteln. Sobald sie die Kunden in einem Gespräch etwas näher kennengelernt hat, wird gemeinsam ein Konzept erarbeitet. "Die Entstehung muss im Miteinander sein", weiß die Expertin. Aus über 1.500 Mustern wird dann der passende Stoff ausgewählt. Sobald die Herren vermessen wurden, macht sich die Schneidermeisterin ans Werk. Oft sind zwei Anproben nötig, denn der Anzug soll sich perfekt an den Körper schmiegen und sitzen, wie eine zweite Haut. "Ich muss den Kunden richtig einschätzen und auch seine Defizite erkennen, die der Anzug überspielen soll", so die 38-Jährige.

Viele Stunden Arbeit stecken in jedem Kleidungsstück. Ganze acht bis zehn Wochen braucht es, aus einem Stück Stoff einen Anzug zu kreieren. "In einem tollen Kleidungsstück steckt schon viel drin. Und da haben es Männer einfacher als Frauen: Mit einem Anzug ist man immer gut angezogen. Er muss gut sitzen und der Träger sich darin wohlfühlen, dann entsteht ganz automatisch eine Synergie."

"Jeder Anzug ist ein individuelles Einzelstück. Es steckt so viel Handarbeit drin", erklärt Schönherr. Langweilig werde ihr die Arbeit nicht, auch wenn man meinen sollte, dass die Herrenschneiderei sehr eintönig ist: "Es ist unglaublich schön zu sehen, wie ein Anzug in meinen Händen wächst." Und spätestens, wenn sie die leuchtenden Augen der Herren sieht, die sich stolz und zufrieden vor dem Spiegel in ihrer Schneiderei drehen und wenden, kochen bei Schönherr die Glücksgefühle über: "Das ist mehr wert als alles Geld der Welt."

Dass sie ihre Karriere im Handwerk startet, war für Schönherr eigentlich schon immer klar: "Ich komme aus einer Handwerkerfamilie." Gelernt hat die Landenhäuserin die Herrenschneiderei im Kloster Frauenberg bei Bruder Gerhard Busche. Da sie schon einen Abschluss als Kinderpflegerin hatte, konnte Schönherr ihre duale Ausbildung auf zwei Jahre verkürzen. Damals waren die Damen- und Herrenschneiderei noch voneinander getrennt. Aus diesem Grund hat sich Schönherr auf die Männer spezialisiert.

"Ich liebe das Arbeiten mit Stoff. Meine Liebe zum Handwerk ist innerhalb der Ausbildung immer weitergewachsen", erklärt Schönherr. Bei ihrer Arbeit legt sie vor allem Wert auf Feinheiten und Exaktheit. "Das steht bei der Herrenschneiderei mehr im Vordergrund als die Kreativität." Vor allem die Stoffe haben es der 38-Jährigen angetan. "Der Anzug soll die Persönlichkeit des Trägers unterstreichen." Die "kitzelt" Schönherr aus ihren Kunden heraus.

Inzwischen hat Schönherr erfolgreich ihren ersten Lehrling Tobias Kind ausgebildet, der immerhin Kammersieger wurde. Derzeit gibt sie ihrer zweiten Auszubildenden ihr Wissen mit auf den Weg. "In meinem Handwerk muss man sehr zielstrebig sein und auch Leidensfähigkeit mitbringen." Denn auch, wenn man bei einem Stück alle Nähte wieder auftrennen muss, müsse man Durchhaltevermögen beweisen und den Auftrag mit Liebe zu Ende bringen. "Ich gehe einfach jeden Morgen gerne an die Arbeit. Ich will nichts anders mehr machen", sagt Schönherr. Und ihr Name spricht Bände: Der Beruf passt zu ihr wie die Faust auf's Auge. (Julissa Bär) +++

Profis bei der Arbeit - weitere Artikel

↓↓ alle 149 Artikel anzeigen ↓↓

X