Profis bei der Arbeit (71)

Gastronomin Ursula Hieronymus - seit 34 Jahren engagierte "Weihnachtsmarktfrau"

Ursula Hieronymus, die gute Seele vom Rotenburger Weihnachtsmarkt
Fotos: Gudrun Schmidl

14.12.2017 / ROTENBURG/F. - Jedes Jahr lockt der romantische Rotenburger Weihnachtsmarkt, der seit 14 Jahren von einem Weihnachtsmarktverein organisiert wird, Besucher aus nah und fern in das Fachwerkstädtchen an der Fulda. Ursula Hieronymus hält als 1. Vorsitzende von Beginn an die Fäden in der Hand, ist dem Weihnachtsmarkt allerdings schon sehr viel länger eng verbunden. Die gebürtige Hanauerin, die der Liebe wegen zunächst nach Sontra, später nach Bebra zog, hat es einem Schicksalsschlag "zu verdanken", dass sie im Jahr 1983 einen der begehrten Standplätze ergattern konnte. Diese waren in den ersten Jahren hauptsächlich den Rotenburger Geschäftsleuten vorbehalten. Rotenburger Bürgerin wurde sie kurzfristig und aus der Not heraus durch ihren Umzug in den Rotenburger Stadtteil Lispenhausen, denn nach einem Vollbrand war das Haus der Familie Hieronymus in Bebra unbewohnbar. Auch die darin befindliche Gaststätte fiel den Flammen zum Opfer.



Es war ihr inzwischen verstorbener Mann Hartmut, der sie zur Gastronomie brachte. Seit 1981 arbeitet die agile, inzwischen 64-Jährige selbstständig. Bei einem Besuch in Bonn Anfang der 80er-Jahre beobachtete sie staunend einen Crêpier, der seiner Kundschaft in kürzester Zeit hauchdünne Pfannkuchen in vielen Geschmacksrichtungen anbieten konnte.  „Das mache ich auch“ war ihr fester Entschluss, den sie tatsächlich zeitnah umsetzte. Natürlich ist sie auch in diesem Jahr mit ihrem Crêpes-Stand auf dem Rotenburger Weihnachtsmarkt vertreten, aber das ist nur eines von drei kulinarischen Angeboten, die ihre Handschrift tragen. Auch den Imbiss direkt neben der Weihnachtspyramide, in dem leckerere Bratwurst gebraten wird, bewirtschaftet sie.

Die von ihr geführte „Cocktailbar“ am anderen Ende des Marktes lockt ebenfalls die Besucher an. „Die Cocktails sind allesamt Heißgetränke“, stellt Ursula Hieronymus klar und trifft mit Winterapfel- oder Eierpunsch, einer „Heißen Hilde“ oder Heidelbeerwein den Geschmack der Besucher. Damit der Alkohol nicht zu Kopf steigt, können am gleichen Stand als Grundlage Germknödel mit Vanillesoße, Zucker und Zimt oder Butter und Mohn geordert werden.

Nahezu täglich ist die Gastronomin auf dem Weihnachtsmarkt anzutreffen, sie macht Bestandsaufnahme, liefert die benötigte Ware, schaut nach dem Rechten und packt bei Bedarf tatkräftig mit an. Und das seit nunmehr 34 Jahren, früher allerdings mehr als heute. Priorität haben für die achtfache Mutter ganzjährig und damit auch während des laufenden Weihnachtsmarktes als Haupteinnahmequelle die von ihr bewirtschaftete Gaststätte „Die Grüne Aue“, die nach Voranmeldung geöffnet wird, die Gaststätte im Vereinsheim der Bebraer Schützengesellschaft namens „Konrad-Horchler-Haus“ und vor allem die Bebraer Club & Kulturkneipe „New Sun“, bei der ihr Sohn Christoph fest eingestiegen ist. Zudem ist sie die Wirtin im Kirmesfestzelt in Bebra und seit 30 Jahren auf dem Lullusfest in Bad Hersfeld mit einem Luftballonstand vertreten.

Ursula Hieronymus erinnert sich an die Anfänge auf dem Rotenburger Weihnachtsmarkt. „Alles war klein und bescheiden. Höchstens 17 Buden wurden rund um die Kirche und in der Löbergasse aufgestellt. Der Weihnachtsmarkt war mit 10 Tagen auch sehr viel kürzer“. Bis heute unvergessen ist für sie der heftige Sturm, bei dem das Dach der Jakobikirche abgedeckt und die Standbetreiber durch die herabfallenden Ziegeln gefährdet wurden. Mit wärmendem Zwiebellook  bekleidet und mit den damals aktuellen Moon-Boots an den Füßen wurde die oftmals arktische Kälte erträglicher, was leider nicht für die Weihnachtslieder in Endlosschleife galt. „In den ersten Jahren hatten wir nur eine Kassette mit den immer gleichen Weihnachtsliedern. Das "entsprungene Ross" habe ich heute noch im Kopf“, seufzt sie. Ihren Kindern erteilte sie am Heiligen Abend und an beiden Weihnachtsfeiertagen absolutes Weihnachtsliederverbot. Heutzutage wird der Weihnachtsmarkt von ausgewählten Chören und Musikern mit einem stimmungsvollen Programm, das die rührige Vorsitzende des Weihnachtsmarktvereins organisiert, bereichert.

Zu den prägenden Erlebnissen gehört für Ursula Hieronymus allerdings die Vereinsgründung im Jahr 2003, die Hals über Kopf erfolgte, weil die Stadt, gebeutelt durch die „schwarze Null“, den Weihnachtsmarkt aus Kostengründen nicht mehr organisieren wollte. Ursula Hieronymus stoppte gerade noch rechtzeitig den Verkauf an den Kasseler Schaustellerverein. Binnen drei Tagen wurden alle Standbetreiber zur Vereinsgründung zusammengetrommelt. Der gegründete Weihnachtsmarktverein hat sich bis heute bewährt, der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung der Mitglieder untereinander ist groß. Angeführt von einer Vereinsvorsitzenden, die selbst sagt, dass sie trotz ihrer vielfältigen Aufgaben als Privat- und Geschäftsfrau die meisten Stunden eines jeden Jahres der Entwicklung und Organisation des Rotenburger Weihnachtsmarktes widmet, der zu den schönsten in ganz Hessen gehört. „Aber auch die Weihnachtsmärkte in Bad Hersfeld und in Fulda gefallen mir sehr“, betont sie.

Bis zum 20. Dezember kann der Weihnachtsmarkt in Rotenburg besucht werden, der bereits vor dem 1. Adventswochenende eröffnet wurde, weil der 4. Advent in diesem Jahr auf den Heiligen Abend fällt. „Wir brauchen die drei immer gut besuchten Wochenenden, denn die Fixkosten bleiben. Würde bei einer Verkürzung ein attraktives Wochenende wegfallen, könnte der Markt nicht mehr kostendeckend betrieben werden“, weiß Ursula Hieronymus aus Erfahrung.

Nach dem vorweihnachtlichen Großeinsatz wird Weihnachten mit der gesamten Familie gefeiert, zu der vier Söhne, vier Töchter, deren Partner und inzwischen sieben Enkelkinder gehören. „Ganz ruhig“, wie von der umtriebigen Gastronomin gewünscht, wird das Fest wohl nicht, aber am Heiligen Abend und am 1. Weihnachtstag lässt sie sich von ihren Kindern einladen, die sie gern verwöhnen und ihr auch ganzjährig hilfreich zur Seite stehen, wenn erforderlich. Der 2. Weihnachtstag ist Familientag bei Ursula Hieronymus zuhause und das bedeutet: Nudelparty. „Wir wollen viel lieber Zeit zusammen verbringen, als ein großes Menü auf den Tisch zu bringen“, betont die leidenschaftliche Köchin, die als Gastronomin generell ganzjährig selbst am Herd steht und an den letzten fünf Tagen des Weihnachtsmarktes ihre Kunden während der gesamten Öffnungszeit mit Süßem, Herzhaften oder Warmgetränken versorgt. (Gudrun Schmidl) +++













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