Festspiel-Profis bei der Arbeit (125)

Souffleuse Ute Uhlemann - meistens unsichtbar, aber immer unverzichtbar

Ute Uhlemann - ihr Textbuch hat sie immer dabei
Fotos: Gudrun Schmidl

30.07.2018 / BAD HERSFELD - Souffleusen sind an Theatern ein wichtiger Teil des Teams. Dennoch ist ihr Platz versteckt am Rand des Geschehens. Zwar sitzen sie längst nicht mehr in einer Souffleusen-Muschel am vorderen Bühnenrand, sondern werden in der ersten Stuhlreihe, seitlich auf der Bühne oder wie Ute Uhlemann sogar auf der Feuerleiter postiert, um im Notfall den Schauspielern über einen Texthänger hinwegzuhelfen. Das dieser an sich „unsichtbare“ Beruf auch mit Nervenkitzel verbunden ist, bekam Ute Uhlemann bei ihrem ersten Engagement bei den Bad Hersfelder Festspielen zu spüren, denn sie wurde, was ganz ungewöhnlich ist, gut sichtbar auf der Bühne platziert und in einer Zirkus-Szene mit Messern beworfen.  

Das alles passierte 2015 in der „Komödie der Irrungen“, inszeniert von dem ehemaligen Intendanten Dieter Wedel, mit dem sie seit 2011 zunächst bei den Nibelungenfestspielen in Worms zusammengearbeitet hat. Im Folgejahr wurde sie mit ihrem Gewerk bei Wedels „Hexenjagd“ eingesetzt, die auch 2017 mit ihr als Souffleuse als Wiederaufnahme Erfolge feierte. Bei den 67. Bad Hersfelder Festspielen war sie weiterhin bei „Luther – Der Anschlag“ im Einsatz. In diesem Jahr ist die gebürtige Dresdenerin zum vierten Mal in der Festspielstadt engagiert, reiste pünktlich zum Probenbeginn Anfang Mai an und bleibt natürlich bis zum Ende der Spielzeit in Bad Hersfeld, wo sie sich in ihrer hübschen Wohnung mit sehr netten Vermietern außerordentlich wohl fühlt.

Wie bei anderen Souffleusen auch ist die Arbeit am Text das Kernstück ihres Jobs, wie auch die zahllosen Proben, bei denen die Stücke entstehen. Vielfach sitzen die Texte und Auftritte noch nicht so gut, zum anderen werden Szenen noch umgestellt. Alle Änderungen und Besonderheiten notiert sich Ute Uhlemann in ihrem Textbuch. Geprobt wird tagsüber, abends und sogar nachts. Ihre freie Zeit ist daher knapp bemessen, denn sie ist für namhafte Schauspielgrößen wie Christian Nickel (Peer Gynt) oder Nina Petri(Shakespeare in Love) und alle anderen Schauspielkollegen  der Rettungsanker. "Den Schauspielern begegne ich mit viel Einfühlungsvermögen und Herz", betont Ute Uhlemann.

„Die größte Herausforderung an Souffleusen ist eine gute, klare und deutliche Aussprache – ob laut oder leise“. Ute Uhlemann spricht von Souffleusen, denn es ist ein überwiegend weiblich besetzter Beruf mit großen Anforderungen. „Soufflieren kann man nicht lernen. Wichtig ist, dass man ein Gefühl für Theater und das ganze Feeling hat“, betont Ute Uhlemann, die diesen Beruf seit 2001 ausübt. Da Soufflieren kein Ausbildungsberuf ist, ist sie, wie viele andere, eine Quereinsteigerin. Ute Uhlmann hat in der ehemaligen DDR als ausgebildete Radiomoderatorin gearbeitet und als Moderatorin selbst auf großen Bühnen gestanden. Irgendwann fiel eine Souffleuse aus und sie sprang spontan ein. Seitdem souffliert sie mit Herzblut und hoch konzentriert, natürlich auch in ihrer Heimat- und Kulturstadt Dresden. „Man darf keine Sekunde mit den Gedanken woanders sein“, bekräftigt sie.  „Ich lese den Text in Gedanken mit, ohne den Mund zu bewegen“, erläutert sie ihre Arbeitsweise. Textzeile für Textzeile verfolgt sie mit gespitztem Bleistift und eine Souffleusen-Lampe spendet ihr bei Dunkelheit das nötige Licht.


Soufflieren geht übrigens auf Französisch „souffler“ zurück, was so viel bedeutet, wie blasen oder flüstern, hauchen. In einer Spielstätte wie der Stiftsruine reicht flüstern aber nicht aus, dafür sind der Raum und die Entfernungen zu groß. Deshalb trägt Ute Uhlemann genau wie die Schauspieler auch ein Mikrofon. Von ihrem zugewiesenen Platz rechts vor der Bühne hat sie die Schauspieler im Blick, die von ihrer Erfahrung, feiner Beobachtungsgabe und Intuition profitieren. Eine gute Souffleuse muss unbedingt unterscheiden können, ob ein Darsteller eine Kunstpause macht oder einen Texthänger hat. Dafür lernt sie schon während der Proben die von der Regie gesetzten Pausen kennen und den Sprachduktus jedes Schauspielers, seinen Tonfall, seinen Rhythmus. „Die Kollegen helfen sich aber auch gegenseitig, wenn sie einen Hänger haben“, weiß sie aus Erfahrung.

Ute Uhlemann liebt ihren spannenden Beruf, auch wenn ihr Gewerk oft vergessen beziehungsweise übersehen werde. Trotzdem fühlt sich die Dresdenerin absolut zugehörig und teilt mit den Darstellern und allen Beteiligten das Lampenfieber vor den Premieren und den Aufführungen. "Wenn das fehlt, kann ich meinen Beruf an den Nagel hängen", bekräftigt sie. (Gudrun Schmidl) +++

Mehr Information unter www.bad-hersfelder-festspiele.de. Ticket-Hotline 06621-640200.  


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