Profis bei der Arbeit (46)

Pflegekraft Christine Stüß: Zwischen leuchtenden Augen und Lebensende

Christine Stüß im Gespräch mit Maria Roth, Heimbeiratsvorsitzende im Heilig Geist
Fotos: Carina Jirsch

28.08.2017 / FULDA - Bei ihrem Gang durch das DRK-Seniorenzentrum Heilig Geist in Fulda bleibt Christine Stüß alle paar Meter stehen, begrüßt herzlich die Bewohner und wünscht ihnen einen schönen Tag. Seit 35 Jahren ist die 53-Jährige in der Pflege tätig und auch nach so einer langen Zeit macht sie ihren Job noch gerne - und das, obwohl sich die Rahmenbedingungen laut der freundlichen Poppenhäusenerin für den Pflegeberuf deutlich verbessern müssen.

"Ich wusste schon in der dritten oder vierten Klasse: Ich werde Krankenschwester. Der Gedanke hat mich nie losgelassen", sagt Stüß. Seit dieser Erkenntnis hat sie stets ihr Ziel verfolgt. In der 8. Klasse startete sie ihren regelmäßigen Sonntagsdienst im Seniorenzentrum. "Ja, ich war schon 1978 das erste Mal hier im Heilig Geist", denkt Stüß mit einem Schmunzeln zurück. Nach der Schule startete sie dann ihre Ausbildung als Krankenschwester im Klinikum Fulda. "Davor habe ich ein einjähriges Praktikum gemacht. Sechs Monate in der Altenpflege, sechs Monate als Krankenschwester."

Bei dem Maximalversorger konnte Stüß ihren Berufswunsch jedoch nicht realisieren: "Ich sollte nach der Ausbildung in den OP. Und das wollte ich nicht. Ich wollte mit Menschen arbeiten. Aus diesem Grund hat es mich wieder in die Altenheime gezogen." Viele Jahre lang hat die 53-jährige Erfahrungen in verschiedenen Seniorenheimen und auch in der mobilen Pflege gesammelt. Seit 2005 ist sie nun wieder im Heilig Geist angestellt - da, wo alles begann.

"Ich versuche schon immer, die Menschen so zu pflegen, wie ich auch gepflegt werden möchte", sagt Stüß. Das gelinge nicht immer. Doch trotzdem wurde in dem Gespräch deutlich, mit wie viel Liebe und Herzblut Stüß für die Seniorenheim-Bewohner da ist - immer bedacht, die Würde des Menschen zu wahren. 2011 startete sie dann ihre Ausbildung als Betreuungskraft (43b-Kraft). "Das ist mein Ding", so Stüß. Seit fünf Jahren hat Stüß die Leitung der sozialen Betreuung im Heilig Geist übernommen. Die 53-Jährige ist nun unter anderem mit dem Aktivitätenplan, der Gymnastik, der Planung des Gedächtnistrainings und der Organisation von Festen betraut. "Ich bin in allen Belangen Ansprechpartner und versuche für jeden da zu sein und ein offenes Ohr zu haben."

Täglich plant die Poppenhäusenerin einen bunten und vielfältigen Tag für die Senioren. "Ich versuche das Leben der Bewohner hier so angenehm wie möglich zu gestalten und auf alle Wünsche einzugehen", sagt Stüß, die bei Personalengpässen liebend gerne in der Pflege aushilft. Die 53-Jährige bedauert es, dass die Pflegekräften oft nicht die Möglichkeit haben, sich ausreichend Zeit für jeden Bewohner zu nehmen. "In der Politik muss sich dringend was ändern. Aber als kleine Pflegekräfte können wir nicht an den richtigen Schrauben drehen." Auch ein Blick auf die monatliche Gehaltsabrechnung sei kein plausibler Grund, diesen Beruf auszuüben. "Jeder braucht die Hilfe im Alter - einer mehr, ein anderer weniger", nennt Stüß den Grund, warum die Attraktivität für diesen Beruf dringend gesteigert werden sollte.


"Es ist unbezahlbar, wie viel Dankbarkeit wir zurückbekommen. Egal ob in der Pflege oder Betreuung", erklärt Stüß, warum sie jeden Tag gerne an die Arbeit geht. Auf die Frage, wie sie mit dem Tod der Bewohner umgeht, hält sie kurz inne: "Wenn das Leben zu Ende geht, sollte man jedem Menschen das Recht einräumen zu gehen. Viele wollen nicht mehr", sagt die 53-Jährige und fügt an: "Das Ende vom Leben gehört zum Leben dazu. Ich kann mich gut in die Lage der Senioren versetzen und versuche, dass hier jeder bis zum Ende eine schöne Zeit hat." (Julissa Bär) +++

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