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Nikolaus Thomas Hering: Auch rasende Heilige müssen Bußgeld zahlen!

Thomas Hering mit seinen Nikolaus-Insignien
Fotos: goa

04.12.2023 / FULDA - Die Adventszeit hat endlich begonnen – und damit haben diverse "Funktionsträger" Hochsaison: Weihnachtsmänner, Engel, Rentiere und natürlich gerade in diesen Tagen Nikoläuse. Einen der Letztgenannten wollen wir heute näher vorstellen, er ist nämlich im positivsten Sinne anders als die breite Masse seiner "Kollegen".



Gerade dieser Nikolaus wird nicht nur "gespielt", sondern gelebt und er unterscheidet sich schon durch seine äußerlichen Insignien deutlich von einem Kaufhaus-Nikolaus. SEINE Auftritte sind kein Klamauk, sondern leiten sich aus ernsten, traditionellen christlichen Hintergründen ab. OSTHESSEN|NEWS hat diesen besonderen Nikolaus zu Hause besucht und sich von ihm erklären lassen, warum er so wohltuend anders ist – und wir haben ihn bei einem seiner Auftritte begleitet.

Maberzell, Sportheim, später Samstagnachmittag. Etliche Eltern haben sich mit ihren Kindern eingefunden, weil auch in diesem Jahr wieder der Nikolaus erwartet wird. Der steht hier hoch im Kurs, denn man weiß, dass dieser in Maberzell im Einsatz befindliche Nikolaus so authentisch ist. Die funkelnden Kinderaugen stehen im Wettstreit mit dem Strahlen der Mamas und Papas, als unser Nikolaus den Saal betritt. Und fürwahr, es ist eine stattliche, äußerst würdevolle Erscheinung. Er läuft nicht, sondern er schreitet oder wandelt, jede Bewegung und jedes gesprochene Wort zeugen von seiner Autorität, aber auch von seiner Güte.

Wer in seinem Leben landauf, landab schon unzählige Nikolaus-Auftritte erlebt hat, erkennt sofort: DIESER Nikolaus agiert in einer eigenen Liga. Welcher Nikolaus kommt schon mit einem Krumm- (oder auch Bischofs-)stab, einem so prächtigen Messgewand, einer beeindruckenden Mitra als Kopfbedeckung und weißen Handschuhen daher? Alles ist in sich stimmig – bei ihm wird kein Handy läuten, es wird auch keine Armbanduhr zu sehen sein, die ihn verraten könnte, Perücke und Bart lassen nur ein minimales Sichtfenster frei… So wird der Termin in Maberzell wie auch die anderen, der er noch zu absolvieren hat, zu einem wirklich angemessenen Ereignis im Kontext des Heiligen Nikolaus, das weder die Kinder noch die Erwachsenen so schnell vergessen werden. Na klar, auch dieser Nikolaus hat kleine Geschenke für die Kinder dabei – aber wirklich wichtig ist das Geschenk seines Auftrittes in der beschriebenen Form.

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OSTHESSEN|NEWS hatte sich bereits im Vorfeld des Termins auf den Weg gemacht, um gerade DIESEN besonders vielbeschäftigten Nikolaus kennenzulernen - den Menschen unter dem Messgewand. Es ist einer, für den theologische Themen so bedeutsam sind, dass er sogar bis zum Vordiplom zweieinhalb Jahre Theologie am Priesterseminar der Theologischen Fakultät Fulda studierte. Er übte dann aber doch nicht das Priesteramt aus, sondern ergriff den Polizeiberuf, wo er bis zum Dienstgruppenleiter aufstieg. Die langjährige politische Betätigung in der CDU führte den Polizeihauptkommissar im Januar 2019 zu einem Abgeordnetenmandat im Hessischen Landtag. Dieses Mandat hat unser Maberzeller "Nikolaus" jüngst bei der Landtagswahl für den Wahlkreis Fulda I mit einem herausragenden Ergebnis verteidigt – nunmehr dürfte klar sein, von wem die Rede ist: Thomas Hering.

Ein Nikolaus für zwei Zielgruppen: mit subtilem Humor oder kindgerechter Sprache – ohne Ho-Ho-Ho!

Für Thomas Hering ist der Heilige Nikolaus bereits in seiner Kindheit verankert, denn sein Vater verkörperte den Nikolaus im Kindergarten. Als Herings Heimatpfarrer von der Gemeinde St. Joseph an der Ochsenwiese, Hubert Kümpel, ihn als Obermessdiener bat, den Nikolaus zu verkörpern, war er genau am Richtigen. Hering genoss es von Anfang an und machte es nicht nur gerne, sondern mit einer nach und nach optimierten Ausstattung auch authentisch gut. Kümpel vermachte Hering sein Messgewand, eine Mitra als Kopfbedeckung eines Bischofs kam hinzu und schließlich goss sich Hering einen neuen Stabkopf. "Der Bischofsstab ist wie bei einem Hirten ein Zeichen für einen "Aufpasser", der seine Schafe damit auch mal anschubst", erklärt Hering. Das tut Nikolaus Hering nämlich seit mehr als 30 Jahren durchaus gerne, vor allem, wenn er vor Erwachsenengruppen agiert: akribisch ist er dann darauf vorbereitet, mit wem er es zu tun hat. Man ahnt seinen Genuss und den der jeweils eingeweihten Tippgeber, die sich kaum noch halten können, wenn der Nikolaus aus dem Nähkästchen plaudert. "Subtile Texte mit versteckten Spitzen und hintergründiger Kritik, viel Humor und immer voller Respekt und mit Stil!", betont Hering, "es wird garantiert niemand bloßgestellt!" Herings jahrzehntelange Nikolaus-Erfahrung bei Erwachsenen: sein gründlich vorbereiteter, humorvoller Tiefgang erziele mehr Nachhall als jede zu beobachtende Nikolaus-Clownerie oder sinnbefreites Weihnachtsmann-Gehampel. Für Hering sind beim Nikolaus nämlich grundsätzliche Aspekte unverzichtbar: "sein" Nikolaus ist kein "Ersatz-Weihnachtsmann", der einfach nur ein paar Geschenke bringt. Vielmehr ist die Figur ja eine leuchtende Adventsgestalt: sie geht zurück auf die historische Person Nikolaus von Myra, dem sehr viele gute Taten zugeschrieben werden. Er wirkte in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts als Bischof von Myra in der kleinasiatischen Region Lykien (heute Türkei). "Übrigens ist er einer der wenigen Heiligen, der eines natürlichen Todes gestorben ist", weiß Hering zu berichten.

Wer Hering sieht und hört, spürt seine Freude, aber auch die Ernsthaftigkeit seines Tuns: "Den Nikolaus zu verkörpern, ist für mich kein bloßer Spaß, kein Gag. Von mir wird man nie ein "Ho-Ho-Ho" hören. Bei Kindern geht es in entsprechender Sprache auch ein wenig um religiöse Bildung, ich erkläre die Insignien und weise auf die Botschaft des St. Nikolaus hin!" Da kommt ihm sein Theologie-Studium natürlich zugute.

Der heilige Nikolaus und die Zeit…

Auch ein "Heiliger" hat zuweilen mit höchst irdischen Problemen wie Zeitmangel und Termindruck zu kämpfen. So ist die Zahl der Heringschen Einsätze durch seine intensive politische Arbeit im Landtag auf etwa zehn geschrumpft. Doch auch in den Jahren zuvor herrschte hier und da Zeitknappheit bei mehreren aufeinanderfolgenden Auftritten und der Nikolaus musste sich sputen, um die nächste Gesellschaft nicht zu lange warten zu lassen: "Einmal musste ich nach Steinbach raus richtig hetzen, da erwischte mich im Bereich Hünfeld ein Blitzer. Auf dem gestochen scharfen Foto erkannte man mich in dem Messgewand. Ich wies in der schriftlichen Stellungnahme darauf hin, dass ich, wie klar zu erkennen, als Nikolaus für die Kinder und den guten Zweck unterwegs war und bei einem "Bußgeld" die Rentiere vielleicht anschließend nicht genug Futter bekämen. Die Antwort der Verfolgungsbehörde war, dass sich auch Heilige an die Verkehrsvorschriften zu halten hätten – man hoffe aber, dass trotz der zu entrichtenden Zahlung die Rentiere nicht leiden müssten…" Hering alias Nikolaus zahlte natürlich und kein Rentier nahm Schaden... Die Spenden, die Hering für seine Nikolaus-Auftritte erhält, gehen übrigens allesamt an karitative Institutionen.

Wir wünschen gerade diesem Nikolaus aus Maberzell, aber natürlich auch allen anderen, dass die Rentiere ihre diensthabenden Nikoläuse rechtzeitig und verkehrsregelkonform zu ihren Einsatzorten bringen. Möge es viele weitere tiefgründige Auftritte mit glücklichen Kindern und erfreuten Erwachsenen geben! (goa) +++

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