"Berufe. Berufungen. Menschen!" (7)

Dirk Lindemann bringt den Udo-Jürgens-Zauber mit einer Bigband auf die Bühne

Dirk Lindemann in seinem Alsfelder Heim-Studio
Foto: goa

10.04.2023 / ALSFELD / ANCONA - Wenn man gebeten würde, eine osthessische Person zu benennen, die so etwas wie ein "musikalisches Chamäleon" verkörpert, wäre er ein heißer Kandidat: der Alsfelder Dirk Lindemann. Komponist, Texter, Alleinunterhalter, als Sänger und Keyboarder mit allen möglichen deutschsprachigen Stars auf Tournee, mit eigener Big-Band auf den Spuren von Udo Jürgens wandelnd, und dann auch noch als Produkt-Entwickler bei einem internationalen Marktführer der Keyboardbranche vom italienischen Ancona aus operierend – sozusagen musikalische Software und Hardware in einer Person vereinigt. OSTHESSEN|NEWS hat ihn in seinem Home-Studio in Alsfeld getroffen.



Mit den Curocas als Begleitband der Wildecker Herzbuben war er intensiv bis 2006 unterwegs. Während dieser Zeit stand er gemeinsam auf der Bühne mit Otti Bauer, Andy Borg, Florian Silbereisen, den Geschwistern Hofmann, dem Naabtal-Duo, der Original Egerländer Kapelle und Patrick Lindner – ein Ausschnitt der Stars. Dirks Beiträge offenbaren seine Vielfalt: Keyboard, Gesang, Gitarre und sogar Posaune. Und selbst in Hessens Polizeiorchester hat er einige Auftritte gespielt.

Den Zeitstrahl seines Schaffens beginnt Lindemann mit seiner Elektrotechnikerausbildung in 1999. Ab 2009 arbeitet er neben der Bühnenarbeit im Vertrieb für den Keyboardhersteller Korg, deren Instrumente er auch zuvor bereits selbst intensiv spielte. Korg machte sich 2021 seine vielfältigen Erfahrungen als Profi-Anwender zu Nutze und holte ihn in maßgeblicher Funktion in die Produktentwicklung - ein Ritterschlag. Bereits hochwertige Musikgeräte noch besser und vielfältiger, dabei aber auch benutzerfreundlich und für den Endkunden schnell erlernbar zu machen, das sei eine sehr reizvolle Tätigkeit, erklärt er. Man nimmt es ihm sofort ab, wenn er von den High-End-Geräten spricht und sie ganz nebenbei zu einem Orchester macht. Mit der neuen beruflichen Funktion war eine geografische Veränderung für ihn und Lebensgefährtin Jenny Wagner, die in der Alsfelder Musik- und Kulturszene auch eine feste Größe ist, verbunden: einen nicht geringen Teil ihres Lebens verbringen sie nun in Ancona an der italienischen Adria, südlich von Rimini. "Ja, da kann man es schon gut aushalten. Essen, Trinken und Leben in Italien gefallen uns. Wir sind aber auch sehr heimatverbunden. Es käme für uns auf keinen Fall in Frage, alle Brücken abzubrechen. Die Zeitsummen in Ancona und der Heimat halten sich in etwa die Waage."

Vernetzung und Onlinearbeiten erleichtern auch das Arbeiten aus der Ferne, natürlich in beiden Richtungen – eine stabile Internetverbindung vorausgesetzt.

Von der "Tom und Jerry"-Titelmusik zum Lebenswerk von Udo Jürgens

Die Produktentwicklungsarbeit für Korg ist so etwas wie die Arbeit für das Lindemann-Gehirn, während die Musik auf der Bühne der Job für Dirks Herz ist. "Ich bin durchaus eine Rampensau, das darf man so sagen", räumt er ein. Ein musikalisches Idol hat es ihm seit Jahrzehnten besonders angetan: "Vielen Dank für die Blumen" von Udo Jürgens hat mich schon als Titelmelodie von "Tom und Jerry" fasziniert und angetriggert. Und Udo, dieses Genie, hat es mit seinem Gesamtwerk geschafft, dass in mir noch zu seiner Lebenszeit ein Ziel entstand: bis zu meinem 40. Geburtstag wollte ich eine topp-besetzte Bigband stehen haben, die nur Udo-Jürgens-Werke spielt. Und es hat geklappt: seit 2017 lassen wir Udo mit seiner unfassbaren Bandbreite vom Schlager bis zum Chanson, mit Flügel, E-Gitarre und großer orchestraler Besetzung, aufleben. Ein sehr aufwändiges Projekt, weil sich dafür 13 Spitzenmusiker aus ganz Deutschland einfinden. Es macht mich stolz und sehr glücklich, wenn wir, ohne eine 1:1-Kopie zu sein, diese Ikone an einem ganzen Konzertabend würdigen." Die regelmäßig begeisterten Konzertbesucher sind sich sicher: Udo hätte garantiert seine Freude daran! Die Noten-Arrangements für die Band hat Lindemann übrigens komplett selbst geschrieben.

Corona: Mit Mut und Kreativität gemeistert

Wie bei allen Künstlern brachte Corona auch für Dirk Lindemann tiefgreifende Einschnitte. Die Folgen beschreibt er so: "Mit Corona verbinde ich die Begriffe Veränderung, Bremse, Anpassung an neue Umstände, Mut haben und noch mehr Kreativität wagen. Dadurch und durch die verschiedenen Standbeine bin ich ganz gut durch diese Zeit gekommen. Es fehlte natürlich die Interaktion mit dem Livepublikum – wie schön, dass das nun endlich wieder möglich ist!"

Zum Runterfahren: Modellflugzeug und das Weihnachtskonzert in der Frauenberg-Kirche

Wer als Hansdampf so viel unterwegs ist und die Grenzen von Beruf und Berufung ineinander übergehen lässt, der muss zuweilen auch für das Runterfahren des Stresslevels sorgen: "Wenn ich das Modellbau-Segelflugzeug über mir mit der Fernbedienung seine Kreise ziehen lasse, dann kann ich abschalten und entspannen. Das tut sehr gut." Und einen ritualisierten musikalischen Reset-Knopf an jedem Jahresende hat Dirk Lindemann auch: "Das Weihnachtskonzert "Licht ins Dunkel" in der Frauenberg-Kirche in Fulda ist ein kleines Juwel. Ich wirke seit 15 Jahren dort mit und genieße den Klang, die Ruhe und die Besinnlichkeit. Es gibt dort nur einmal Applaus, das ist am Ende – dann aber richtig! Ein sehr besonderes Konzert am Ende eines Jahres."

Konzert in Planung

Wer als Udo-Jürgens-Fan neugierig geworden ist, dem kann Hoffnung gemacht werden. "Wir planen ein Konzert mit der Bigband in der Stadthalle in Alsfeld, der Termin steht aber noch nicht fest." Soviel ist aber sicher: O|N wird dabei sein und berichten. (goa) +++

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