Berufe, Berufungen, Menschen (10)
Astrid Suermann und Volker Zey: Schausteller mit ganz viel Leidenschaft
Fotos: goa/Privat
01.05.2023 / FULDA -
Das Fuldaer Ehepaar Astrid Suermann und Volker Zey ist in Aufbruchstimmung. Für sie beginnt gerade das Jahr wieder so richtig - oder besser gesagt die Rummelplatz-Saison. Schlüchtern, Wächtersbach, Alsfeld, Lauterbach, Schlitz, Fulda und Bad Hersfeld – sie sind praktisch überall in Osthessen und der Nachbarschaft zu Hause. Ein Leben im Takt der Feste: in der einen Woche hier, in der nächsten Woche da. OSTHESSEN|NEWS hat mit ihnen über ihre Tätigkeit, den Reiz ihrer Branche und deren Schwierigkeiten gesprochen. Nicht nur Corona stellt(e) die Branche vor immense Herausforderungen und hat so manchen Traum platzen lassen.
Ein großer "Schießwagen", Kinderkarussell, ein großes Karussell, kleine und große Weihnachtshütten, Crêpes-Stand – es ist eine beeindruckende Bandbreite, die dem Paar Suermann/Zey für alle möglichen Märkte zur Verfügung steht. "Schießbude hieß es früher, als zum Schießen auf den Jahrmärkten tatsächlich regelrechte Buden auf- und abgebaut werden mussten. Inzwischen finden ja seit Jahrzehnten die fertig konfigurierten Langwagen Verwendung, so auch bei uns."
Für Suermann aber schon. Als problematisch wurde allerdings von ihren Eltern die Wahl ihres Gatten angesehen, der quasi als Seiteneinsteiger ohne vorherigen Schaustellerbezug als "potenziell ungeeignet für die Rolle des Schwiegersohns" abgestempelt wurde. "Da war vielleicht was los bei uns", lacht sie heute über die Skepsis ihrer Eltern. "Das kann nicht gut gehen, das macht doch keiner lange mit, der damit nicht groß geworden ist", waren sich ihre Eltern sicher." Sie sollten sich irren - Volker Zey entwickelte sich an ihrer Seite nicht nur zu ihrem Ehemann, sondern wurde wie sie tatsächlich Vollblut-Schausteller. "Ich kann mir das Leben heute auch gar nicht mehr anders vorstellen", sagt er.
Seniorchefin Elfriede Suermann, Astrids Mutter, war zusammen mit ihrer Tochter jahrzehntelang auf allen Märkten als Mutter-Tochter-Paar ein unverwechselbares Markenzeichen. Sie verstarb im Dezember im Alter von 95 Jahren, viele Menschen werden sie aus den Jahrzehnten auf den Rummelplätzen in lebendiger und freundlicher Erinnerung haben.
Corona - eine Herausforderung für die ganze Branche
"Die Corona-Phase hat unserer Branche schwer zugesetzt", blicken sie zurück. Zwar gab es staatliche Überbrückungshilfen, aber ohne das Angreifen von Rücklagen, die eigentlich die Altersvorsorge bilden sollten, wäre es nicht gegangen: eine Lebensversicherung musste herangezogen werden. "Die Kredite und staatlichen Zuschüsse müssen ja auch zurückgezahlt werden, was viele nicht bedacht haben. Das hat schon etliche Existenzen gekostet und wird es noch eine Weile tun, denn das dicke Ende kommt bei manchen erst noch", befürchten sie. Im Blick behalten muss man auch die enormen Investitionskosten für die Modernisierung und Instandhaltung: Beim Karussell wandert gerade ein fünfstelliger Betrag in neue LEDs samt Einbau, außerdem wird der Schießwagen gerade generalüberholt und mit verbrauchsgünstiger LED-Beleuchtung versehen. Doch nach der langen Durststrecke und allen Schwierigkeiten waren sie hochzufrieden mit der Saison 2022: "Die Menschen haben es so genossen, wieder die Feste mit uns Schaustellern feiern zu können. Wir hatten im Vorjahr durchgehend gute Umsätze und man hat nach den Coronajahren noch viel intensiver gespürt, wie sehr die Menschen die Rummelplätze und Feste als wohltuende Abwechslung vom Alltag gebraucht haben. Es werden dort so viele Emotionen frei, da ist es einfach eine tolle Sache, diese Glücksgefühle an Groß und Klein vermitteln zu können. Wir lieben unsere Tätigkeit und den Dienst für unsere Gäste, die sich umgekehrt auch immer über uns freuen und viele liebenswürdige Gespräche mit uns führen! Es ist nur sehr selten mal der Fall, dass sich jemand danebenbenimmt. Da merkt man auch die positiven Auswirkungen der Sicherheitsdienste auf den Plätzen."Personalprobleme
"Junger Mann zum Mitreisen gesucht!" – Wer kennt nicht seit Jahrzehnten dieses Schild, bis heute? Genderkonform müsste es ja heute eher "Junger Mensch…" heißen, aber es sind dann doch eher Männer, die Interesse am Mitreisen haben. "Wir suchen ständig dringend Personal zum Auf- und Abbau, aber auch für die Dienste auf den Märkten. Es ist so schwer, zuverlässige Leute zu bekommen", bedauern sie die Misere. Dabei haben sie auch für das Personal richtig investiert, um das Jahrmarktleben attraktiver zu machen: "Wir haben einen richtigen Badewagen angeschafft. Sanitärer Komfort und Hygiene sind heute wichtige Voraussetzungen. Davon hätte man früher nur träumen können!"Ausblick
"Wir freuen uns, dass wir nun, wenn auch die Wagen wieder alle auf Vordermann gebracht sind und selbst die Gewehre beim Büchsenmachermeister durchgecheckt wurden, wieder in eine durchgeplante Saison starten. In allen Orten haben wir ganz viele Stammbesucher, die uns Jahr für Jahr immer wieder aufsuchen. Das ist wie zurückzukommen zur Familie! Nun hoffen wir sehr, dass wir an das vergangene erfolgreiche Jahr anknüpfen können!" Man spürt, wie sie mit den Hufen scharren. Ihr Optimismus wird im Gespräch mit O|N auch nur kurz getrübt, als sie von einem Einbruch in ihren Wohnwagen berichten: Ärger über die dreisten Täter, Ärger über den Diebstahl von Gegenständen mit einem ideellen Wert, die nicht ersetzbar sind, und Ärger bei der Schadensregulierung. Als ob die existenzielle Bedrohung durch die Corona-Jahre nicht bereits hart genug gewesen wäre …Doch man wäre nicht im Hause Suermann / Zey, wenn in diesen Tagen und Wochen nicht wieder das positive Denken und die Vorfreude auf die Saison und ihr einzigartiges buntes Leben zur Freude der Besucher im Mittelpunkt aller Gefühle stehen würden: Es kribbelt bei beiden schon wieder so richtig, das ist unverkennbar. (goa) +++
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