Profis bei der Arbeit (132)

"Wehren Sie sich gegen Abzocke!" - Verbraucherberaterin Monika Bracht kämpft

Monika Bracht weiß aus langjähriger Erfahrung, wo die Verbraucher der Schuh drückt
Fotos: Carina Jirsch

23.08.2018 / FULDA - Donnerstagvormittag in der Verbraucherberatung Fulda: in der Karlstraße 2 im 1. Stock klingelt es, die Tür ist verschlossen, denn heute ist kein Publikumsverkehr. Doch vielleicht ist an der Art des Klingelns zu erkennen, dass hier jemand dringend der Hilfe bedarf. Mitarbeiterin Cornelia Umlauf hat längst ein Gespür dafür bekommen, bei wem es wirklich brennt. "Da wurde jemandem der Strom abgestellt - er wusste sich keinen Rat mehr", berichtet sie. Die Leitende Beraterin Monika Bracht lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, dafür ist sie schon zu lange im Job. "Da muss man ganz schnell unterscheiden können, was wichtig ist und was nicht", erklärt sie. Praxiserfahrung hat sie reichlich, denn sie berät Verbraucher in allen Lebenslagen schon seit 1993.


Als sie nach ihrem Lehramtsstudium in Tübingen keine Stelle bekam - damals herrschte Einstellungsstopp - landete sie bei der Jobsuche bei der Verbraucherzentrale Hessen. Obwohl die Themenfelder im Laufe der Jahre immer vielfältiger und komplizierter wurden, kamen ihr Ausdauer, Biss und Zähigkeit zugute. Von der überhöhten Zahnarztrechnung über mysteriöses Versicherungskleingedrucktes, Telefonanbieterchaos, Kaffeefahrtenabzocke bis Energie- und Budgetberatung oder Berufsunfähigkeitsvorsorge schlägt bei ihr tagtäglich alles auf, was Menschen Kopfzerbrechen und schlaflose Nächte bereiten kann.

Als langjährige Allrounderin weiß Monika Bracht viel, aber natürlich nicht alles, mindestens aber, wer in trickreichen Spezialfällen weiterhelfen kann und ist auch gut vernetzt mit anderen Beratungsstellen und Experten aller Couleur. Besonders liegen ihr die Klienten am Herzen, die sich verzweifelt aufraffen und endlich dagegen wehren, über den Tisch gezogen zu werden - ob von angeblichen Schnäppchenverkäufern an der Haustür, unseriösen Gewinnspiel-Anbietern oder Internetbetrügern. Wenn erst die vertrackten Unterlagen bei ihr auf dem Tisch liegen, ist schon fast alles gewonnen. "Ich hab nicht umsonst Mathematik studiert, bin strukturiert, analytisch und gehe den Dingen auf den Grund", sagt sie über sich. Dabei schreckt die 61-Jährige auch nicht vor unkonventionellen Methoden zurück: um die illegale Praxis bei Kaffeefahrten zu dokumentieren, nahm sie selbst als Oma verkleidet mit versteckter Kamera am Ausflug teil und entlarvte so die üble Abzocke. Und als die hessische Landesregierung 2003 unter Roland Koch den Rotstift im Sozialbereich ansetzte und der Beratungsstelle Gelder gestrichen wurden, ging sie bei einer Demo im Nachthemd nebst Infusionsständer und Schild "Verbraucherschutz hängt am Tropf" auf die Straße.

Heikel: unseriöse Erotik-Hotline und halbseidene Partnervermittlung

Besonders brisant sind Kunden, die nicht auf Anhieb damit herausrücken wollen, wo sie der Schuh drückt. Horrende Rechnungen nach Telefonsex oder Knebelverträge von unseriösen Partnervermittlungen stecken häufig dahinter. "Die Betroffenen schämen sich doppelt: dass sie sich als liebebedürftig outen müssen und dass diese Scham von den halbseidenen Firmen gnadenlos ausgenutzt wird und sie die Dummen sind", sagt Bracht. Oft sind sie auf eine fingierte Zeitungsanzeige reingefallen, in der eine ansprechende Person künftiges Glück, Liebe und Geborgenheit verspricht. Doch ist es keineswegs eine private Anzeige, sondern ein dubioser Freizeit-Club, der mit diesen fiktiven Lockvogel-Annoncen teure Mitgliedschaften verkaufen will. Ruft der Interessent dort an, wird ihm noch versichert, die Helga (oder der Bernd) werde wirklich hervorragend zu ihm oder ihr passen.

Emotionaler Notstand und Erste Hilfe

Doch erst muss man den Besuch eines Vertreters der Firma bei sich daheim empfangen und nach dessen wortreicher Überredung zahlreiche Unterschriften leisten, bevor man endlich die Daten der Wunschpartnerin oder des -partners bekommen soll. Der (oder die) ist dann leider gerade schon vergeben, doch der kostspielige Vertrag ist nun abgeschlossen. "Viele wissen immer noch nicht, dass man solche Verträge innerhalb einer 14-tägigen Frist widerrufen kann", klärt Bracht auf. Doch die besagte Firma hat sich auch dagegen trickreich gewappnet: Der abgezockte Kunde bekommt nämlich nicht mitgeteilt (und kriegt es auch im Internet nicht raus), wo die Partnervermittlung überhaupt sitzt und wohin er seinen Widerspruch schicken soll. Zur emotionalen Not kommt bei den Geneppten dann auch noch der Frust über saftige Monatsabbuchungen. Monika Bracht rät bei allen Vertragsabschlüssen grundsätzlich: "Unterschreiben Sie nicht blind etwas und fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen. Und egal, wie sehr der Verkäufer Sie drängt, hören Sie auf Ihr Bauchgefühl und schlafen Sie eine Nacht drüber!" Ansonsten gibt es kompetente Hilfe in der Karlstr. 2 in Fulda. (Carla Ihle-Becker)+++

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