Tribünen-Talk (7)
Gioia Osthoff, selbstbewusst-schlau-gerissene Polly in "Die Dreigroschenoper"
Fotos: Christopher Göbel
18.07.2024 / BAD HERSFELD -
Gioia Osthoff spielt Polly Peachum in "De Dreigroschenoper" bei den Bad Hersfelder Festspielen 2024. OSTHESSEN|NEWS stellt in dieser Saison wieder einige Festspiel-Darstellerinnen und -Darsteller in Kurz-Porträts mit jeweils sechs Fragen vor.
Dieselbe Anziehungskraft die Mackie Messer, seine Gang und die düstere Welt von Soho auf Polly ausübt, hatte die Magie der Bühne auf mich. Bereits mit siebzehn hab auch ich entschlossen dafür mein Elternhaus zu verlassen. Das war ein großer Schritt, von Ecuador ganz allein nach Berlin zu ziehen. Es ist diese Zielstrebigkeit, die mich an dieser Rolle interessiert und die mich mit ihr verbindet. Polly schafft es, sich in dem Stück auch noch ein zweites Mal zu emanzipieren und diesmal ist es ein fast noch größerer Schritt. In der von Männern dominierten Welt, der Gang von Mackie Messer, gibt Polly bald die souveräne Anführerin. Das ist doch eine tolle Frauenfigur, die inspiriert.
Nach einer intensiven Probenphase und Premiere ist es oft das Schönste, Menschen zu treffen, die so gar nichts mit meinem Beruf zu tun haben. Da wird die Welt sofort wieder größer und der Fokus verschiebt sich - das tut gut. Meine wahre Aufladestation ist aber die Natur. In einen See zu springen, Klettern zu gehen oder einfach nur zu wandern. Dabei tanke ich auf und komme wieder zurück zu mir selbst.
Mein aufregendstes Theaterereignis war hier in Bad Hersfeld. Und zwar am Tag unserer Premiere. Besser gesagt - zwei Stunden vor unserer Premiere: Ich sitze gerade in der Maske, versuche mich zu entspannen, denn vor einer Premiere ist man ja besonders aufgeregt, da kommt eine Kollegin herein und fragt, ob wir wissen, dass zwei unserer Musiker im Stau stecken, mehr noch, dass sie es wohl nicht mehr rechtzeitig schaffen werden. Wir hatten sechs Wochen lang geprobt, jede Nuance geübt. Die beiden Musiker spielen allein über acht verschiedene Instrumente in unseren Vorstellungen. Mir ist das Herz in die Hose gerutscht. 1.300 Menschen sollten sehen und hören, wie wir ohne eine einzige Probe völlig neue musikalische Konstellationen meistern müssten. Die "Dreigroschenoper" als eine Art Jam Session? Und da ging es auch schon los. Der Abend war schlussendlich keineswegs überschattet von dem Unglück. Die Anwesenden der Band spielten um ihr und unser Leben und haben grandios improvisiert. Wie Kinder, die sich an der Hand nehmen, um gemeinsam ins kalte Wasser zu springen, haben wir uns einfach aufeinander eingelassen. Es ist schön, was möglich ist, wenn die Angst nicht im Vordergrund steht, sondern der Zusammenhalt und das Vertrauen ineinander. Bach der Pause war die Band dann vollständig …
4. Was ist Ihr Lieblingsessen und warum?
Ich liebe gute, vegetarische Küche. Mit sieben habe ich beschlossen kein Fleisch mehr zu essen. Früher war es immer sehr schwierig, etwas zu finden. In den Restaurants gab es eigentlich immer nur Beilagen. Inzwischen hat sich das zum Glück geändert. Auf meiner Weltreise habe ich so unglaublich tolle und vielseitige Gerichte probieren können. Sei es auf Sri Lanka, das frische Rice and Curry, die exotischen Sommerrollen in Vietnam oder eine unglaubliche Ramen Suppe in Japan. Ich bin einfach nicht der Typ für nur eine Lieblingsspeise, dafür gibt’s viel zu viele gute Rezepte auf dieser Welt.
Es gibt sie tatsächlich, die Theater Albträume. Meistens passieren sie zum Glück nur nachts. Da steht man plötzlich vor verschlossenen Türen, bekannte Wege kriegen unbekannte Gabelungen und man irrt wie in einem Labyrinth umher und findet die Bühne nicht, bis man plötzlich schweißgebadet aufwacht. Einer dieser Träume war besonders kreativ. Mein Unterbewusstes stellte mich auf die Bühne in einem historischen Kostüm. Weder wusste ich, welches Stück ich spielte, noch welchen Text ich sprechen sollte. Offenbar war ich für eine Kollegin eingesprungen. Plötzlich: Stille. Alle starren mich an. Es war mein Einsatz. Die letzten Sätze gerade noch in meinem Ohr. Mit Schrecken stelle ich fest, nicht nur das Kostüm ist historisch, sondern das Stück ist in Sonetten - also in Reimen geschrieben. Man stelle sich das vor. Da zu improvisieren kann nur eine verhängnisvolle Angelegenheit sein. Dieses eine Mal hatte ich Glück, denn der Alptraum nahm eine gute Wendung für mich. Tatsächlich gelang es mir auf shakespeareisch Reime zu extemporieren und die Eingebungen sprudelten plötzlich aus mir raus. Beim Aufwachen musste ich jedoch laut auflachen und bin immer noch froh, dass nur ich selbst das miterleben durfte.
6. Was war Ihr schönster Moment auf der Bühne?
Weil ich diesen Moment noch so nahe habe, kommt mir unsere Premiere hier in Bad Hersfeld in den Sinn. Standing ovations bei einer geschafften Premiere gehen einfach tief unter die Haut, da kann man sagen, was man will. Und bei 1300 Zuschauern ganz besonders. Es entfachte sich eine kleine Party, sowohl auf der Bühne, als auch im Zuschauerraum und gemeinsam zu singen, zu tanzen, und kurz dieser Freude Raum zu geben, das war einfach ein ganz besonders schönes Erlebnis. (cdg) +++
Bad Hersfelder Festspiele 2024 - weitere Artikel
Bad Hersfelder Festspiele
Intendantenwechsel des Festivals: Was war, was ist und was kommen wird
Festspiel-Fundus-Verkauf
Gespensterschuhe, Jesus-Eimer und der rosafarbene Dreigroschen-Bär
"Erfahrungen einbringen"
Nach 20 Jahren startet Elke Hesse wieder als Festspiel-Chefin durch
Zum zweiten Mal
Elke Hesse wird ab 2026 wieder Intendantin der Bad Hersfelder Festspiele
Zuschauerpreis verliehen
Simon Zigah spielt sich als Mackie Messer in die Herzen des Publikums
Tribünen-Talk (20)
Jürgen Hartmann, klerikaler Hardliner mit Schwächen in "Wie im Himmel"
Tribünen-Talk (19)
Anna Graenzer, die unglücklich verliebte, spröde Siv in "Wie im Himmel"
Tribünen-Talk (18)
Sebastian Goder, musikalischer Freund mit heimlicher Liebe in "Der Vorname"
"Fantastisches Ergebnis"
Zuschauerzahlen der fünf Festspielstücke sind rekordverdächtig - Großer Dank
"Mit Stolz und Zuversicht"
Rekord-Festspielzeit: Über 103.000 Menschen sahen fünf Inszenierungen
Brigitte Grothum und Walter Kreye
Theater-Paar in "Wie im Himmel": Das Gefühl der Liebe bleibt immer gleich
Letzte Festspielwoche
Theaterfestival geht in die Schlussrunde: Saison bisher sehr erfolgreich
Tribünen-Talk (17)
Benjamin Sommerfeld, fürsorglicher Lebenspartner in "A Chorus Line"
Tribünen-Talk (16)
Laura Dittmann, sportlich-extrovertrierte Lucy in "Die Dreigroschenoper"
Tänzer in "A Chorus Line"
Arne Stephan und Emma Kate Nelson: Tanzen ist Leidenschaft
Tribünen-Talk (15)
Mia Geese, werdende Mutter und selbstbewusste Partnerin in "Der Vorname"
Wanders, übernehmen Sie!
Besetzungswechsel: Lilo Wanders spielt Jenny in der "Dreigroschenoper"
Ab heute in der Dreigroschenoper
Lilo Wanders schlüpft in die Rolle der Spelunken-Jenny
Träger des Großen Hersfeldpreises
Helena Sigal und Henry Arnold: Die Chemie stimmt auf und hinter der Bühne
Tribünen-Talk (14)
Marina Lötschert, der lächelnde Chor-Sonnenschein in "Wie im Himmel"
Tribünen-Talk (13)
Christian Nickel, belesener und impulsiver Literaturprofessor in "Der Vorname"
Tribünen-Talk (12)
Maria Joachimstaller, bravouröse Tänzerin, die (in ihrer Rolle) nicht singen kann
Kurzweiliger Vormittag in der Stiftsruine
Großer Hersfeldpreis geht an Henry Arnold und Helena Charlotte Sigal
Tribünen-Talk (11)
Inger, die mutige Pfarrersgattin in "Wie im Himmel"
Premierenkritik zu "Wie im Himmel"
Mitreißend und bewegend: Hinkels Film-Adaption begeistert das Publikum
Tribünen-Talk (10)
Wolfgang Seidenberg, der resolute selbsternannte Chef Arne in "Wie im Himmel"
Tribünen-Talk (9)
Myrthes Monteiro bringt brasilianisches Feuer in "A Chorus Line"
Tribünen-Talk (8)
Götz Schulte, Bettlerboss und Geschäftsmann in "Die Dreigroschenoper"
Königin der Kulissen
Sina Mäusgeier (29) leitet die Festspiel-Schreinerei: Holz ist ihr Metier
Tribünen-Talk (6)
Pascal Cremer, der Bobby mit viel Selbstbewusstsein in "A Chorus Line"
Simon Zigah im Interview
"Mackie Messer" auf der Festspielbühne, Kämpfer für Demokratie im Leben
Premiere im Schloss Eichhof
"Der Vorname": Die Adolf-Frage oder der verlorene Anstand
OSTHESSEN HAUTNAH: Dein Heimatpodcast
Sandy Mölling über ihre Zeit bei den "NoAngels" und die Festspiel-Saison
Tribünen-Talk (5)
Olivia Grassner, stimmgewaltige und selbstbewusste Tänzerin in "A Chorus Line"
"Festspiele on Tour"
Tolle Stimmen erfüllen den Schlosspark mit Musical-Songs und Geschichten
Tribünen-Talk (4)
Andres Mendez, der Ganove "Hakenfinger Jakob" in der "Dreigroschenoper"
Tribünen-Talk (3)
Samantha Turton: Motivierte Tänzerin mit Rhythmus-Gen in "A Chorus Line"
Catering im Eichhof
Kleine Leckereien zur Festspiel-Komödie "Der Vorname" am Schloss
Gegen die Gerüchteküche
Bürgermeisterin Hofmann: "Wertschätzung für die Festspiele ist ungebrochen"
Tribünen-Talk (2)
Georgios Tsivanoglou: Weiser Uhu, böser Feind und cholerischer Bürgermeister
TV-, Film- und Theaterstar dabei
Festspiele: Walter Kreye übernimmt Rolle in Joern Hinkels "Wie im Himmel"
Tribünen-Talk (1)
Katharina Pichler: Extrovertiert-weise Celia Peachum in der "Dreigroschenoper"
Festpiel-Kritik
Das kleine Gespenst spukt wieder durch die Ruine - diesmal sogar im Dunkeln
Catering-Pannen zur Festspieleröffnung
Entschuldigung beim Ensemble und Verbesserung noch in dieser Saison
Kritik zu "Die Dreigroschenoper"
Bunt, skurril, voller Witz und Musikalität: Schachermaiers Inszenierung begeistert
Bilderserie vom Sektempfang
Sehen und gesehen werden - Gäste genießen Flair vor der Stiftsruine
Stars und Sternchen
Flanieren auf dem roten Festspiel-Teppich: Die Stadt empfängt ihre Ehrengäste
Bildergalerie (2) von Carina Jirsch
Tummeln, Posieren und Plaudern auf dem roten Festspiel-Teppich
Feier bis in den Morgen
Premierengäste feiern ihre Festspiele - Plaudern über Brecht und mehr
Promi-Aufgebot zur Premiere (3)
Persönlichkeiten aus Showbusiness, Politik und Wirtschaft auf dem roten Teppich
Bestes Wetter zum Auftakt
73. Bad Hersfelder Festspiele offiziell durch Boris Rhein eröffnet
Bad Hersfelder Festspiele eröffnet
Ministerpräsident gibt den Startschuss: Die Fanfare schallt über die Stadt
Festspiel-Catering
Kleine Leckereien und Getränke für Theatergäste im "Foyer im Grünen"
Lasset die Festspiele beginnen!
Am Freitag geht es los: Festakt, Roter Teppich und dann "Die Dreigroschenoper"
Proben für "Wie im Himmel" beginnen
Intendant Joern Hinkel: "Habe mich noch nie so sehr über ein Ensemble gefreut"
Landeszuschuss für die Festspiele
770.000 Euro für die diesjährigen Produktionen auf der Bühne der Stiftsruine
Sicherheitskonzept verinnerlicht
"Fit für die Ruine": Sanitätsdienstunterweisung für die Festspiele
Michael Roths "Kaffeeklatsch"
Festspiel-Trio mit Privatem, Politischem und einer ernsthaften Gesprächsrunde
Intendant Joern Hinkel ist traurig
Horst Janson kann wegen Erkrankung nicht in "Wie im Himmel" spielen
Ein pures Energiebündel
Volle Power und viel Gefühl: Alexa Feser begeistert in der Stiftsruine
Festspiel-Matinee
Große Lust auf großes Theater: Viel Musik und ein schwangerer Intendant
OSTHESSEN HAUTNAH: Dein Heimatpodcast
Bad Hersfelder Festspiele - Intendant Joern Hinkel: "Es ist wie Weihnachten"
Noch ein bekannter Name bei den Festspielen
Jürgen Hartmann spielt im Kultklassiker "Wie im Himmel" in der Stiftsruine
"Blind-Date" mit der Dreigroschenoper
Beginn der Festspielproben mit Anna Loos, Lilo Wanders und vielen anderen
Erste Festspiel-Proben
Ein Dirigent als Dirigent: Chor für Theaterstück "Wie im Himmel" übt bereits
Anna Loos spielt in "Die Dreigroschenoper"
Großes Staraufgebot bei den Bad Hersfelder Festspielen
Bretter, die die Welt bedeuten
Bühnenaufbau in der Stiftsruine für die Festspielsaison ist in vollem Gange
Große Vielfalt
Theatersommer mit viel Musik bei den 73. Bad Hersfelder Festspielen