Brigitte Grothum und Walter Kreye

Theater-Paar in "Wie im Himmel": Das Gefühl der Liebe bleibt immer gleich

Brigitte Grothum und Walter Kreye, das Paar Olga und Erik in "Wie im Himmel" bei den 73. Bad Hersfelder Festspielen.
Fotos: Christopher Göbel

14.08.2024 / BAD HERSFELD - Brigitte Grothum (89) und Walter Kreye (82) stehen zum ersten Mal gemeinsam auf einer Bühne - und zwar bei den 73. Bad Hersfelder Festspielen in "Wie im Himmel". Obwohl beide Schauspiel-Urgesteine sind und beide in Berlin leben, haben sie sich erst dieses Jahr in der Festspielstadt kennengelernt. OSTHESSEN|NEWS traf beide zum Gespräch - aus terminlichen Gründen nicht gemeinsam.



In "Wie im Himmel" auf der Festspielbühne spielen Grothum (Olga) und Kreye (Erik) zwei Bewohner des kleinen schwedischen Dorfes, die sich seit der Schulzeit kennen. Aber keiner von beiden hatte den Mut, den ersten Schritt zu wagen, bis der Dirigent Daniel Daréus (Henry Arnold) in sein Heimatdorf zurückkehrt. Erik gesteht nach Jahrzehnten seine Liebe zu Olga - und fortan sind sie ein Paar.

"Zurück in heimatlichen Gefilden"

Brigitte Grothum war bereits mehrfach bei den Bad Hersfelder Festspielen zu Gast, beispielsweise in "Hexenjagd", "Shakespeare in Love" und "Lenas Geheimnis". Walter Kreye ist zum ersten Mal dabei. "Ich habe den Kontakt zu Joern Hinkel nie verloren", erzählt Grothum. Im vergangenen Jahr habe der Festspiel-Intendant sie angerufen und ihr die Rolle der Olga im von ihm geplanten Theaterstück angeboten. "Die Rolle war überschaubar. Ich habe mich gefreut, sozusagen wieder in heimatliche Gefilde zurückkommen zu können", so Grothum.

"Mich hat der Anruf im Urlaub in der Provence erreicht", sagt Kreye. Er sprang für den erkrankten Horst Janson ein und hat "sofort ja" gesagt. Beide Rollen sind nicht tragend, aber durch den Mut zur Veränderung charakteristisch für "Wie im Himmel". "Walter ist ein ganz wunderbarer Spielpartner", schwärmt Brigitte Grothum. Und auch der 82-Jährige ist begeistert: "Ich bin verknallt in Brigitte", sagt er lachend. "Sie ist eine ganz wunderbare Kollegin, ein echter Knüller."

"Ein ganz tolles, homogenes Ensemble"

Beide schwärmen von dem Stück, das sie bei den Festspielen mitgestalten. "Es ist eine sehr emotionale, musikgeladene Geschichte", so Grothum. Als "äußerst skurril und überraschend" beschreibt Kreye das Stück. Beide sind begeistert von der Musik, die Jörg Gollasch für Bad Hersfeld komponiert hat. "Ich konnte keine Noten lesen. Das habe ich erst hier gelernt. Die Musik ist fabelhaft, aber sehr kompliziert", sagt Kreye. Grothum hat im Laufe ihrer Karriere viel gesungen, weswegen ihr das Lernen der Musik nicht schwerfiel. "Und Helgo Hahn hat uns sehr geholfen", sagen beide. Eine neue Erfahrung war es, in einem Chor zu singen. "Es ist ganz wunderbar, mit diesen vielen tollen Menschen zu singen", schwärmt Grothum.

Kreye lobt das Ensemble ebenfalls: "Wir helfen uns, wo wir können." Nicht nur die Bad Hersfelder Chormitglieder, sondern auch das Schauspiel-Ensemble ist laut den Beiden ein "ganz tolles". "Alle sind offen füreinander", sagt Kreye. Und Grothum sagt: "So etwas habe ich in meinem 70-jährigen Theaterleben noch nicht erlebt. Es ist ein so großes Ensemble und dennoch ganz homogen." Dazu gehe es "unglaublich freundschaftlich" zu und sie freue sich auf jede Aufführung.

Liebe bleibt Liebe - egal ob alt oder jung

Mit ihren Rollen haben Grothum und Kreye nichts gemeinsam. "Ich war immer in geliebten Händen", sagt der 82-Jährige. Und auch Grothum konstatiert: "Ich habe wirklich gar nichts mit Olga gemeinsam." Deshalb habe sie bei Kostüm und Maske darauf bestanden, "nicht wie Brigitte" auszusehen, nicht erkennbar zu sein. Beim Thema "Liebe im Alter" sind sich Brigitte Grothum und Walter Kreye einig: "Das Gefühl des Verliebtseins und des Liebens verändert sich im Kopf auch später nicht. Die Gefühle sind genau die gleichen", sagt Kreye. "Das Kribbeln im Bauch bleibt wie bei jungen Menschen", so Grothum. "Vielleicht sind die Wünsche oder die Art des Liebens anders geworden", fügt die 89-Jährige hinzu. Es gebe auch Menschen, die zu Tanztees gingen, um nicht zu vereinsamen. "Und es gibt auch viele, die mit dem Alleinsein im Alter zufrieden sind. Es ist eine Mentalitätsfrage", sagt sie.

Beide Schauspielenden sind voll des Lobes für Joern Hinkel und dessen Regiearbeit. "Er ist als Regisseur ein wundervoller Mensch. Ich habe es selten erlebt, dass ein Regisseur so auf die Ideen der Darsteller eingeht und immer geduldig bleibt", so Grothum. "Phänomenal! Joern wusste genau, wann er aktiv werden musste. Es gibt wenige Regisseure, die so zurückhaltend sind und wo dann so ein tolles Ergebnis herauskommt", schwärmt Kreye. "Er ist ein wahrer Zauberer in der Ruine."

Brigitte Grothum und Walter Kreye sind sich auch darin einig, dass Film- und Fernseh-Drehs etwas ganz anderes sind, als auf der Theaterbühne zu stehen. Mit beidem haben sie jahrzehntelange Erfahrung. "Die Mutter des Ganzen ist die Bühne", sagt Grothum. "Der direkte Kontakt zum Publikum ist durch Film und TV nicht zu ersetzen", fügt sie hinzu. Kreye hat "keine Präferenzen", sagt aber: "Bei beiden Arten gelten unterschiedliche Regeln. Drehen wird im Alter immer weniger."

Aufhören? Noch lange nicht!

Apropos Alter: Weder Brigitte Grothum noch Walter Kreye denken ans Aufhören: "Ich möchte Theater spielen, so lange es geht", sagt der 82-Jährige. "Der Kopf muss mitmachen. Das Lernen fällt mir unglaublich leicht", sagt er. "Das regelt die Biologie", sagt Grothum. Sie wird nach der Zeit in Bad Hersfeld unter anderem im Berliner Schlossparktheater in einem neuen Stück spielen, führt ihre Solo-Aufführungen von "Mein deutsches Leben" fort, liest auf einem Literaturfest aus dem Buch über die Holocaust-Überlebende Esther Bejarano und gestaltet im Oktober szenische Lesungen mit ihrer Tochter nach Edgar-Wallace-Geschichten. Zudem setzt sie sich für die IQVS-Stiftung ("Interessenvertretung qualifizierter Schauspieler") ein, die im Alter verarmte Schauspielerinnen und Schauspieler unterstützt.

Bis zur letzten Aufführung von "Wie im Himmel" am 18. August sind Brigitte Grothum und Walter Kreye noch als betagtes Liebespaar auf der Festspielbühne zu erleben. Und beide haben noch etwas gemeinsam: Sie haben den schwedischen Film von Kay Pollack noch nicht gesehen. So haben beide ihre eigene Interpretation der Figuren Olga und Erik kreiert, die sie nun auf der Festspielbühne wunderbar umsetzen. (Christopher Göbel) +++

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