Träger des Großen Hersfeldpreises

Helena Sigal und Henry Arnold: Die Chemie stimmt auf und hinter der Bühne

Helena Charlotte Sigal und Henry Arnold spielen gemeinsam im Festspiel-Stück "Wie im Himmel" und erhielten vergangene Woche beide den Großen Hersfeldpreis.
Fotos: Christopher Göbel

05.08.2024 / BAD HERSFELD - Henry Arnold und Helena Charlotte Sigal harmonieren nicht nur auf der Bühne, sondern auch außerhalb des Rampenlichts. Das wird im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS in der Festspielkantine deutlich. Im Festakt vor knapp einer Woche wurde den beiden der Große Hersfeldpreis für ihre darstellerische Leistung verliehen. Im Gespräch plaudern sie über das Theater, das temporäre Leben in einer Kleinstadt und natürlich über "Wie im Himmel" bei den 73. Bad Hersfelder Festspielen.



Festspiel-Intendant Joern Hinkel inszenierte das Stück nach dem Film von Kay Pollack, das noch bis zum letzten Spieltag dieser Saison (18. August) in der Bad Hersfelder Stiftsruine aufgeführt wird. "Der Preis kam sehr unerwartet für mich", sagt Helena. "Ich war ganz schön geflashed", sagt auch Henry. Beide haben erst im Festakt erfahren, dass die Jury ihnen den Preis zuerkannt hat. "Wir freuen uns auf jeden Fall sehr über diese Auszeichnung", sagen sie unisono.

Auf der Bühne agieren Helena und Henry als Paar, das erst im Laufe des Stückes zueinander findet. Kann das funktionieren, wenn sich die Darstellenden außerhalb der Bühne nicht verstehen? "Bei uns ist es so, dass wir auch privat harmonieren", erzählt Helena. Bei "Unsympathie" wäre es schwerer - ginge auf professioneller Ebene aber auch. "Das wäre eine Herausforderung", so Henry. "Wir kannten uns vorher nicht, sind aber schnell auf eine Ebene gekommen, um die Beziehung glaubwürdig rüberzubringen."

"Kein Konkurrenzdenken auf der Bühne"

Dafür danken die beiden Schauspielenden auch dem Regisseur Joern Hinkel, der dieses Ensemble zusammengestellt hat. "Es gibt - anders als bei manchen anderen Produktionen - überhaupt keine Eifersüchteleien oder Konkurrenzdenken", sagt Henry. Jede Rolle sei so besetzt, dass auch nur diese Person sie spielen könne. "Es ist ein großes Geschenk, mit diesen ganzen tollen Menschen auf der Bühne zu stehen", so der Schauspieler. Natürlich habe es in der intensiven Probenphase so manche Krise gegeben. "Aber diese haben wir alle schnell bewältigt", sagt Helena.

Bei der Entwicklung des Stückes habe Hinkel den Darstellenden viel Freiraum gelassen. "Er hat immer ein offenes Ohr gehabt, über mögliche Änderungen oder Erweiterungen der Rollen zu sprechen", sagt Henry. Er habe ein Gemeinschaftsgefühl des gesamten Ensembles hergestellt. "Außerdem haben wir alle gegenseitig aufeinander geachtet", fügt Helena hinzu. Auch die Zusammenarbeit mit dem Laienchor habe sich in der Probenzeit sehr positiv entwickelt. "Ich mag alle total gerne", schwärmt Helena mit einem warmen Lächeln. Der Abstand zwischen Laien und professioneller Schauspielerriege habe sich während der Probenzeit verringert. "Berührungsängste sind verloren gegangen. Und wir haben beispielsweise gemeinsam, dass wir zum ersten Mal auf dieser großen Bühne stehen", so die Schauspielerin. "Ich freue mich, dass auch Menschen höheren Alters Lust auf Theatermachen haben."

"Ein bisschen Urlaub in Bad Hersfeld"

Die Inszenierung steht und die ersten Aufführungen sind gespielt. Henry Arnold und Helena Charlotte Sigal verbringen auch die aufführungsfreie Zeit in der Festspielstadt. "Das ist ein bisschen Urlaub für mich", erzählt Helena. Und was macht sie den ganzen Tag? "Schlafen!", sagt die Schauspielerin im Brustton der Überzeugung. "Lineares Fernsehen auf dem Sofa entdecken", fügt sie lachend hinzu. Henry ist passionierter Radfahrer und erkundet die Umgebung Bad Hersfelds auf diese Weise. "Neulich bin ich mal in den Wald Richtung Heenes gefahren", erzählt er. "Die Stadt hat genug zu bieten", so der Mime. Beide leben in Berlin und finden in der Kleinstadt Erholung vom Großstadttrubel. "Ich vermisse die U-Bahn kein bisschen", sagt Helena lachend. Hier habe man den Luxus, überall hinlaufen zu können, ohne sich eingeengt zu fühlen. Sie habe sich inzwischen auch an den veränderten Tagesrhythmus gewöhnt. "Dann steht man eben erst mittags auf."

Als Lena und Daniel, auf den ersten Blick grundverschiedene Charaktere in "Wie im Himmel", finden die Beiden im Laufe des Stückes langsam zueinander. Doch keine Aufführung ist wie die andere. "Die Energie aus dem Publikum ist sehr unterschiedlich", sagt Henry. Es sei "die positive Energie, die uns auf der Bühne weiterträgt". Es gibt laut Helena "viele überraschende Momente" für das Publikum. In einem Punkt sind beide überzeugt: "Langweilig wird es nie!" Dazu trägt auch die Stiftsruine bei. "Die ist wahnsinnig", sagt Henry.

Vor den Aufführungen sucht er lieber die Ruhe und Konzentration und ist für Smalltalk nicht zu haben. Helena, die schon vor dem Beginn des eigentlichen Stückes als "Bühnenarbeiterin" unterwegs ist, nutzt diese Zeit, um mit ihrem Schauspielkollegen Peter Englert (Thore), der als Feuerwehrmann im "Vorspiel" unterwegs ist, "per Funk Quatsch zu machen". Diese unterschiedlichen Herangehensweisen entsprächen auch den Figuren, die sie dann rund drei Stunden lang verkörpern.

"Für mich schließt sich ein Kreis"

Helena stand bereits vor fünf Jahren bei den Bad Hersfelder Festspielen auf der Bühne. Damals im Stück "A long Way down" im Schloss Eichhof. "Dort zu spielen ist etwas ganz anderes als in der Stiftsruine", sagt sie. "Ich habe mich sehr gefreut, als ich das Angebot bekam, nach Bad Hersfeld zurückzukommen", erzählt sie. Christian Nickel, damals Regisseur im Eichhof und auch in diesem Jahr dort in "Der Vorname" auf der Bühne, war ihr Professor und Mentor an der Schauspielschule. Dass Nickel in zwei aufeinanderfolgenden Jahren bei den Festspielen für seine Darstellung in "Hexenjagd" und "Martin Luther - Der Anschlag" den Großen Hersfeldpreis zuerkannt bekam, schließt für Helena mit ihrer eigenen Auszeichnung einen Kreis. "Ich würde jederzeit wieder herkommen", sagt die Schauspielerin.

Einem größeren TV-Publikum dürfte Helena durch den Sieg bei "Wer stiehlt mir die Show" mit Joko Winterscheidt bekannt geworden sein. "Ich hatte mich einfach mal so mit einem 30-Sekunden-Video beworben", erzählt sie. Dann habe sie lange nichts gehört und irgendwann einen Anruf bekommen, ob sie ein längeres Video schicken könne. "Und dann habe ich mit Jojo ge-facetimed. Das Ganze war eine wahnsinnig tolle Erfahrung und hat mir selbst die Sicherheit gegeben, dass das Moderieren auch eine Option für mich ist."

Schauspieler auf der Bühne und vor der Kamera

Henry Arnold, unter anderem Grimme-Preisträger, stand schon in zahlreichen renommierten Film- und TV-Produktionen vor der Kamera. Zudem arbeitet er auch als Regisseur. "Ich liebe Theater und ich liebe Film und Fernsehen", sagt er. Die Art des Schauspielens sei anders. Beim Drehen würden einzelne Szenen aufgenommen, die später einen kompletten Film ergeben. "Auf der Bühne muss man einen großen Bogen spielen. Als Bühnenschauspieler hat man eine größere Verantwortung", sagt Henry. Als Dirigent und Pianist Daniel Daréus zeigt er Abend für Abend eindrucksvoll, welche Bühnenpräsenz er besitzt.

Wer "Wie im Himmel" noch nicht angesehen hat, kann noch Restkarten für die noch kommenden Aufführungen erwerben. "Schaut euch das Stück an", sagt Helena. Auch wenn die Musik nicht der aus dem Film entspräche. "Was Jörg Gollasch komponiert hat, ist wundervoll", fügt sie hinzu. "Und ein neuer Blick auf etwas Bekanntes - also den schwedischen Film - kann schön sein."

Ganz klar wird im nachmittäglichen Gespräch in der Festspielkantine, dass Henry Arnold und Helena Charlotte Sigal sich in der Festspielstadt sehr wohl fühlen - in allen Belangen vom Ensemble über Freizeit bis hin zum Kleinstadtleben. Bis zum 18. August sind beide noch in "Wie im Himmel" auf der Festspielbühne zu erleben. (Christopher Göbel) +++

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