"Erfahrungen einbringen"

Nach 20 Jahren startet Elke Hesse wieder als Festspiel-Chefin durch

Elke Hesse (60) übernimmt ab der Saison 2026 die Intendanz der Bad Hersfelder Festspiele.
Fotos: Christopher Göbel

22.08.2024 / BAD HERSFELD - Unter großem Medieninteresse wurde am Mittwochmorgen das lang gehütete Geheimnis gelüftet: Elke Hesse (60) kommt als Intendantin der Bad Hersfelder Festspiele zurück und übernimmt die Nachfolge von Joern Hinkel ab der Spielzeit 2026. In einer Pressekonferenz präsentierte Bürgermeisterin Anke Hofmann die "neue Alte".


Elke Hesse war bereits von 2006 bis 2009 vier Spielzeiten lang in derselben Position tätig. Damals war sie nach dem plötzlichen Tod Hans Gratzers eingesprungen. Nun hat sie einen Fünf-Punkte-Plan für das sommerliche Theaterfestival erarbeitet, den sie als Grundlage ab dem Jahr 2026 umsetzen möchte.

"Nachdem Joern Hinkel im August 2023 mitgeteilt hat, dass er seinen Intendantenvertrag nicht über das Jahr 2025 hinaus verlängern möchte, wurde ich vom Magistrat beauftragt, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu suchen", so Bürgermeisterin Hofmann. Für sie war es übrigens ein ganz besonderer Tag, denn sie hat am Mittwoch Geburtstag. Sie habe mit mehreren Bewerberinnen und Bewerbern gesprochen, doch Hesse habe sich schnell als ihre Favoritin herauskristallisiert. "Damit möchte ich die Arbeit von anderen keineswegs herabwürdigen", sagte die Bürgermeisterin. "Elke Hesse sprudelt vor Ideen."

Rückkehr nach rund 20 Jahren

Nachdem sich Elke Hesse in der vergangenen Woche dem Magistrat und der Festspiel- und Kulturkommission der Stadt vorgestellt hatte, stimmte der Magistrat am Dienstagnachmittag einstimmig für Hesse. "Ich bin wieder da!", so Hesse freudestrahlend. "Ich freue mich, dass ich die Geschicke der Festspiele wieder leiten darf." Rund 20 Jahre nach ihrer ersten Intendanz komme sie mit neuen Erfahrungen, die sie unter anderem als Geschäftsführerin des "MuTh" (Konzertsaal der Wiener Sängerknaben in ihrer Heimatstadt Wien) gesammelt habe, zurück.

Auf fünf Säulen möchte sie ihre Intendanz aufbauen: Als "Aufbruch" bezeichnet Hesse die Aufgabe, das traditionelle Theaterfestival in die Zukunft zu führen. Die künstlerische Qualität stehe im Fokus, aber auch die finanzielle Ausstattung müsse gesichert sein. Dazu plant Hesse, Netzwerke aufzubauen - künstlerische ebenso wie die mit finanziellen Förderern.

"Einfach für alle" nennt Hesse ihre zweite Säule. "Wir wollen neues Publikum gewinnen. Dazu gehören unter anderem junge Menschen - als Publikum und auf der Bühne", so Hesse. "Ich möchte mit allen arbeiten. Mein starker Fokus liegt auf der Vermittlungsarbeit", was auch zur dritten Säule führt: "In der Stadt, mit der Stadt, für die Stadt", hat sie diese überschrieben. Hesse stellt sich ein ganzjähriges Interesse für die Sommer-Festspiele vor, welches sie mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt gemeinsam wecken möchte. "Ich wünsche mir eine Art Festspiel-Zentrum zum Austausch und für andere Aktionen", so die designierte Intendantin. Als Beispiel nannte sie die "Faust-Pudel", die sie seinerzeit in der Stadt aufstellen ließ.

Festspiel-Budget und künstlerische Kreativität

Die vierte Säule ist die Finanzierung. "In Zeiten wie heute muss man damit rechnen, dass die bisher hohe finanzielle Unterstützung von Bund und Land weniger werden könnte. Ich möchte Netzwerke aufbauen, stelle mir beispielsweise Fundraising vor", sagte Hesse. Erfahrungen bringe sie durch ihre kaufmännische Verantwortung im "MuTh" mit. "Das Budget ist neben der künstlerischen Kreativität auch wichtig", sagte Hesse. Als fünfte wichtige Säule sieht sie die Außendarstellung der Bad Hersfelder Festspiele. "Branding und Kommunikation sind Schlüsselfaktoren, um neues Publikum zu gewinnen", konstatierte sie.

Wie es das Schicksal möchte, sind die Bad Hersfelder Festspiele 2026 die 75. "Das Jubiläum wird ein Feuerwerk", so Hesse, ohne etwas über ihre Ideen zu verraten. Davor steht noch Hinkels letzte Spielzeit. "Wir hatten gestern ein sehr angenehmes Gespräch in der Intendanz", erzählte Hesse. Sie sehe die Zusammenarbeit bzw. Übergabe mit ihrem Vorgänger als unproblematisch an. "Joern Hinkel hat eine wunderbare Basis gelegt. Ich danke ihm sehr für seine Kooperation. Das war hier auch schon anders", erinnerte sie sich.

Schauspiel ohne Mikroports?

Zum Spielplan 2026 wollte sie sich noch nicht äußern. "Musik wird eine Rolle spielen", so Hesse. Und sie möchte den Fokus auf die Akustik der Stiftsruine legen - sprich: wieder Sprechtheater ohne technische Verstärkung (Mikroports) anstoßen. "Ich denke, das kann man wagen", so Hesse. Sie selbst sehe sich eher als Managerin der Festspiele, die wahrscheinlich nicht selbst inszenieren werde. Auf Nachfrage, ob sie wie in der Vergangenheit bekannte Größen aus Film und Fernsehen nach Bad Hersfeld holen würde sowie über eine mögliche Stücke-Auswahl, sagte Hesse: "Ein Festival braucht Magneten. Ich möchte bei den Stücken eine Balance finden. Wir können hier kein großes intellektuelles Theater machen."

Der Hessische Kulturminister Timon Gremmels (SPD) sagte zur neuen Personalie in Bad Hersfeld: "Ich freue mich sehr, Elke Hesse ab der Saison 2026 erneut als Intendantin der Bad Hersfelder Festspiele begrüßen zu dürfen. Elke Hesse bringt wertvolle Erfahrung aus ihrer früheren Zeit in Bad Hersfeld mit. Ihre Verbundenheit mit Nordhessen und ihre langjährige Expertise in der Kulturszene machen sie zur idealen Wahl, um die Festspiele weiterzuentwickeln. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie die künstlerische Strahlkraft der Festspiele weiter steigern wird und bin schon jetzt gespannt auf ihr Programm."

Da Elke Hesse in Wien wohnt, wird sie von April bis September ihren Wohnsitz nach Bad Hersfeld verlegen und den Rest des Jahres pendeln, denn ihre Aufgaben in der österreichischen Hauptstadt möchte sie weiterhin ausüben. Aber: "Ich brenne für Bad Hersfeld und ich freue mich auf diese Aufgabe!" (Christopher Göbel) +++

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