Fest im Herzen der Menschen

Bürgermeisterin Anke Hofmann zum Lollsauftakt: "Fünfe mal gerade sein lassen"

Bürgermeisterin Anke Hofmann bei ihrer Lollsrede am Montagmittag in Bad Hersfeld
Fotos: Moritz Rös

14.10.2025 / BAD HERSFELD - Zur schönen Tradition des Lullusfestes gehört es, dass die amtierende Bürgermeisterin unmittelbar vor dem Entzünden des Fierchens zum Volk spricht. In der Rede geht es um das abgelaufene Lollsjahr, was gibt es Neues in der Stadst, was läuft udn was nicht.



Anke Hofmann wünscht sich für alle Herschfeller und Hergeloffenen, ein friedliches und fröhliches Lullusfest. "Dieses Fest ist Teil unseres Herzens, Teil unserer Stadtseele."

Lesen Sie die Rede im Wortlaut:

Liebe Bad Hersfelderinnen und Bad Hersfelder,

liebe Freundinnen und Freunde unseres Lullusfestes, sehr geehrte Gäste aus nah und fern,

Herzlich willkommen – zu einem Moment, den viele von uns das ganze Jahr herbeisehnen.

Wenn die bunten Lichter leuchten, das Feuer knistert und Musik durch unsere Straßen zieht, dann wissen wir:

Es ist wieder Lullusfest!

Aber – und das ist mir heute besonders wichtig – das Lullusfest ist mehr als Karussell und Zuckerwatte, mehr als Lichter und Musik.

Dieses Fest ist Teil unseres Herzens, Teil unserer Stadtseele.

Wir feiern das Lullusfest nicht einfach so. Wir feiern es, weil wir damit etwas weitertragen, was Generationen vor uns begonnen haben.

Schon seit 1.173 Jahren versammeln sich Menschen in Bad Hersfeld um diese Zeit. Der heilige Lullus, unser Stadtgründer, wird geehrt – aber mit ihm auch die Idee von Gemeinschaft, von Zusammenhalt, von Leben.

Und was für ein Geschenk ist das bitte?

In einer Welt, die lauter wird, härter, unübersichtlicher – setzen wir hier ein Zeichen. Jahr für Jahr. Ein Zeichen der Menschlichkeit. Der Nähe. Der Freude.

Denn das Lullusfest bedeutet:

dass wir uns begegnen – auch, wenn wir verschieden sind,

dass wir lachen – auch, wenn nicht alles leicht ist, dass wir feiern – weil wir das Leben lieben.

Und ja, es ist Tradition – aber es ist auch ein echtes Bekenntnis zu unserer Stadt und zueinander.

Was von jeher gilt: Das Lullusfeuer steht als Symbol für das Leben, für Wärme, für Licht in der dunkler werdenden Jahreszeit.

Und vielleicht brauchen wir dieses Licht heute mehr denn je.

Heute ist auch ein Moment zum Innehalten. Zum Rückblick. Und vielleicht sogar zum Stolzsein.

Lassen Sie mich Ihnen sagen: Dieses Jahr war kein einfaches. Für viele nicht. Und doch – wenn wir zurückblicken, dann dürfen wir mit Stolz sagen:

Wir haben in Bad Hersfeld gemeinsam angepackt.

Ob im Großen oder im Kleinen – wir haben uns nicht entmutigen lassen.

Ein paar besondere Projekte möchte ich heute mit Ihnen teilen – weil sie zeigen, wie lebendig, wie mutig und wie zukunftsgewandt unsere Stadt ist:

Beginnen wir mit unserem Stadtarchiv: Dort, wo unser kulturelles Gedächtnis bewahrt wird, haben wir mit dem Beginn des Baus auch ein wenig Geschichte für unsere Nachwelt geschrieben. Wir haben den Grundstein gelegt und das Richtfest gefeiert.

So wie wir in dieser Woche das Lullusfest feiern, bewahren wir auch im Archiv unsere Geschichten, unsere Werte, unsere Identität.

Vor zwei Wochen haben wir das neue Feuerwehrgerätehaus Hohe Luft/Petersberg seiner Bestimmung übergeben.

Dies ist das dritte neue Feuerwehrgerätehaus innerhalb weniger Jahre. 1,95 Mio € haben wir investiert in einen modernen Standort für die Menschen, die rund um die Uhr bereitstehen, wenn es brennt – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.

Und auch die Ausstattung kommt nicht zu kurz:

eine Drehleiter mit Korb, einen Gerätewagen-Logistik sowie vier Löschgruppenfahrfeuge im Wert von rd 2,7 Mio EURO konnten wir in den letzten zwölf Monaten beschaffen bzw werden bis zum Jahresende in den Dienst gestellt. Sicherheit ist keine Selbstverständlichkeit – sie ist ein Ergebnis von Engagement, Vertrauen und Investition - eine Investition auch in das Miteinander. Denn was wäre eine Stadt ohne Menschen, die Verantwortung übernehmen?

Und ich danke allen, die in Feuerwehren aber auch im Rettungsdienst oder THW tätig sind, von Herzen für ihren Dienst an der Gemeinschaft.

Wir haben – nach 9 Jahren der Diskussion - mit dem Wohnmobilstellplatz an der Oberau nicht nur ein touristisches Projekt beauftragt – sondern ein einladendes Zeichen nach außen gesetzt: Bad Hersfeld heißt Gäste willkommen!

Ein Thema, das viele von uns bewegt, ist natürlich der Verkehr.

Der Hochbrückenbau, der im Juni begonnen hat, ist ein Jahrhundertprojekt – und, ich sage es ganz offen, eine Herausforderung. Die Bauzeit beträgt fünf bis sechs Jahre.

Es war klar: Das wird nicht ohne Einschränkungen gehen. Aber ich bin ehrlich beeindruckt, wie gut der Verkehr derzeit läuft – trotz aller Unkenrufe im Vorfeld.

Natürlich: Es ist nicht immer bequem. Aber wir stemmen das gemeinsam – mit Geduld, mit Rücksicht, mit Haltung.

Ein besonderer Moment in diesem Jahr war die Grundsteinlegung für unser neues Klinikum.

Im Kreis entsteht eines der modernsten Gesundheitszentren Nordhessens. Und das ist nicht nur ein Bauwerk – das ist ein Versprechen an unsere Familien, unsere Seniorinnen und Senioren, an alle, die hier leben: Ihr seid uns wichtig. Eure Gesundheit zählt.

Auch im Freizeitbereich tut sich etwas: Timberjacks und BattleKart haben eröffnet– neue Angebote, die zeigen: Private Investoren glauben an uns. Sie glauben:

Diese Stadt hat Zukunft.

Besonders freue ich mich über die Initiative "Made in Bad Hersfeld", in der ich gemeinsam mit Vertretern aus der Wirtschaft Projekte wie den Fotopoint in unserer tollen Stadt sichtbar mache. Danke an alle Engagierten für diese großartige Unterstützung!

Ein in vielerlei Hinsicht besonderes Sportereignis hatten wir im September in der Stadthalle: Beim Wrestling ging es ordentlich zu Sache. Und in zwei Wochen steht ein weiteres Highlight vor der Tür:

Die DFB-Frauen trainieren bei uns! Was für ein Zeichen! Für Fairness. Für Gleichstellung. Für sportliche Spitzenklasse in Bad Hersfeld.

Auch kulturell haben wir ein bewegendes Jahr hinter uns:

Zum zweiten Mal starteten die Hersfelder Filmnächte und im Kurpark haben wir mit Jung und Alt gepicknickt und zu cooler Musik getanzt. Die Komische Nacht war in diesem Jahr zum ersten Mal bei uns – und das Feedback war überragend. Bad Hersfeld kann auch lustig!

Großen Spaß macht auch das Rikschafahren mit den Ehrenamtlichen der Stiftung Hospital. Noch bis Jahresende haben unsere Seniorinnen und Senioren die Möglichkeit, mit der Rikscha eine Runde durch die Stadt zu drehen.

Die letzte Festspielsaison unter Joern Hinkel war ein Abschied – aber auch ein Triumph: Zum zweiten Mal in Folge über 100.000 Besucherinnen und Besucher! Ich sage: Danke, Herr Hinkel! Für Ihre Leidenschaft, Ihre Handschrift und Ihre große Wirkung auf unsere Stadt.

Und nun ist sie da, unsere neue Intendantin Elke Hesse – voller Ideen, voller Elan. Ich freue mich sehr über ihre Begeisterung und ihren Schwung. Denn wir möchten die Festspiele greifbarer machen, zu Ihnen bringen und die begeistern, die wir bislang nicht erreicht haben.

Mit dem neuen Community-Projekt zum 75-jährigen Jubiläum der Festspiele im kommenden Jahr öffnen wir die Bühne für Sie – für uns alle.

Und nein, liebe HZ, auch wenn dies verlockend klingt: Ich übernehme nicht die Rolle der Pipi Langstrumpf im gleichnamigen Familienstück.

Ob im Bürgerchor, auf der Bühne oder im Publikum – wir sind Teil dieses kulturellen Wunders.

Denn Kultur ist kein Luxus. Kultur ist das, was uns verbindet – über Meinungen, Herkünfte, Generationen hinweg. Seien Sie dabei – lassen Sie uns zeigen, dass Kultur uns alle angeht. Weil sie verbindet. Und genau darum geht es: Verbundenheit.

In Zeiten, in denen die Gesellschaft auseinanderzudriften scheint, ist es wichtiger denn je, Räume zu schaffen, in denen Menschen sich begegnen.

Wir haben viel erreicht!

Aber es gehört zur Wahrheit auch dazu, dass wir als Stadt – wie viele andere Kommunen auch – unter wachsendem Druck stehen. Die Anforderungen steigen, die Bürokratie wird nicht weniger, und die finanzielle Lage ist angespannt.

Mehr als zwei Drittel aller Kommunen in Hessen konnten im Jahr 2024 keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Fünf Kommunen haben gar keinen Haushalt verabschiedet – das ist ein deutliches Warnsignal. Auch wir spüren: Die Spielräume werden enger. Die Pflichtaufgaben nehmen zu, während das Geld im städtischen Säckel nicht im selben Maß zunimmt.

Immer mehr Städte und Gemeinden stehen mit dem Rücken zur Wand. Und das ist nicht nur ein Verwaltungsproblem – das ist eine Frage unserer demokratischen Stabilität. Denn wenn Kommunen handlungsunfähig werden, verlieren Menschen Vertrauen: in die Politik, in die Institutionen, in das System.

Deshalb haben wir – Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem ganzen Landkreis – vor dem Landtag in Wiesbaden und gestern beim Lollslauf gemeinsam auf unsere Situation aufmerksam gemacht.

Wir sagen ganz klar: Das Land muss die Kommunen endlich auskömmlich ausstatten. Nur so können Städte und Gemeinden konsolidieren, investieren, gestalten.

Wir brauchen weniger Bürokratie, mehr Vertrauen und faire Bedingungen – damit wir auch morgen noch lebendige Orte sein können. Orte, an denen Demokratie nicht nur ein Wort ist, sondern erlebbar bleibt. Wir erfahren immer wieder, wie schnell Worte verletzen können. Wie Misstrauen wächst, wie Gräben entstehen. Wir erleben Diskussionen, die nicht mehr auf Augenhöhe geführt werden. Wir sehen eine zunehmende Spaltung – zwischen Stadt und Land, zwischen Arm und Reich, zwischen politischen Lagern.

Ich bedaure das. Sehr sogar.

Aber wir setzen in Bad Hersfeld Zeichen – wo wir können stehen wir ein für Demokratie, für Respekt und für Zusammenhalt. Wir müssen nicht immer einer Meinung sein – aber wir sollten uns mit Achtung und Offenheit begegnen. Das ist unsere Haltung. Und das ist auch das Versprechen, das dieses Fest geben kann:

Wir wollen mit dem Lullusfest zeigen:

Dass eine Stadt mehr ist als Beton und Straßen – sie ist ein Gefühl. Eine Haltung. Ein Wir. Ich möchte heute Danke sagen: Ich danke den politischen Gremien für die konstruktive, oft auch kontroverse Zusammenarbeit.

Den vielen Ehrenamtlichen, den Vereinen, Organisationen, Schaustellern:

Ihr macht Bad Hersfeld lebendig!

Und ganz besonders danke ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Stadtverwaltung. Ohne euch wäre vieles nicht möglich – auch nicht dieses Fest. Ihr haltet den Laden am Laufen. Oft im Hintergrund, oft ohne Applaus – aber mit Herz, Verstand und Einsatz. Ich bin stolz auf euch!

Liebe Gäste,

lassen Sie uns in diesen Tagen gemeinsam zeigen, was wir sind: Eine offene, lebendige, liebenswerte Stadt.

Lassen Sie uns tanzen, lachen, diskutieren, zuhören – denn das Feuer soll nicht nur auf dem Linggplatz brennen, sondern auch in unseren Herzen!

Ich wünsche uns allen ein friedliches und fröhliches Lullusfest 2025.

Und nun, Herr Feuermeister, hören Sie:

Bürgermeisterin:
Wir zünden an uralten Brand, Was soll er künden dem deutschen Land?

Feuermeister: Am guten Alten woll’n fest wir halten!

Bürgermeisterin: Und warum hüten in treuer Hut Wir Tag und Nacht des Feuers Glut?

Feuermeister: Wie die Väter in Ehren Woll’n wir uns bewähren!

Bürgermeisterin: Das Feuer brennt mit hellem Schein, Was soll der Bürger Losung sein?

Bürgermeisterin und Feuermeister:

Feuermeister: Hersfeld, die Stadt, sie trägt im Schild,

Bürgermeisterin: Ein Kreuz und einen Löwen wild. Feuermeister: In Kreuz und Leid hab’ Löwenmut Anke: Und trau auf Gott, es wird wohl gut." (pm/hhb) +++



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