Echt jetzt! (26)
Die Grünen, Box-Sack der Nation - Bemerkungen von Rainer M. Gefeller
Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopres
04.10.2024 / REGION -
Wer den Schaden hat, dem fliegt bekanntlich der Spott zu wie der Biotonne das Ungeziefer. "Grün, grün, grün ist gerade voll im Eimer", ließ das NDR-Satiremagazin "extra 3" bereits vor einem Jahr den Frosch Kermit singen, nach der Melodie des über 200 Jahre alten Kinderliedes "Grün, grün, grün sind alle meine Kleider". Mit solchen Kalauern sind die Vertreter der Partei eher gut bedient. Ansonsten werden sie überall, wo sie sich blicken lassen und erst recht im Internet, mit Kübeln voller geistiger Jauche überschüttet – bittere Wut, Verachtung, Hass, Drohungen. Keine andere Partei wird derart hemmungslos für alles verantwortlich gemacht, was schiefläuft in diesem Land. Selbst schuld? Na, das wäre wohl ein wenig einfach – aber völlig schuldlos sind sie natürlich auch nicht.
Willkommen waren die grünen Störenfriede im eingespielten Polit-Betrieb nicht. Im schwarzen Fulda belächelte man sie als "Spinner", gern wurden sie als ahnungslose "Greenhorns" veräppelt. Das sind, laut Karl May, Menschen, die "beim Laden des Gewehrs die Patrone verkehrt in den Lauf" schieben. Hessens sozialdemokratischer Regierungschef Holger Börner, gelernter Betonfacharbeiter, verriet noch 1982 einem Reporter der "Bunte" mit Blick auf die links-grünen Rabauken, früher auf dem Bau hätte man "solche Dinge" noch mit dem Einsatz von Dachlatten bereinigt. Drei Jahre später sah der "Dachlatten-Django" sich genötigt, Joschka Fischer als Minister zu vereidigen. Der hatte sich für den Anlass eigens ein paar neue Turnschuhe beschafft. Seit 1990 stehen die ausgelatschten Nike’s im Offenbacher Ledermuseum. Waren die Grünen etwa damals schon reif fürs Museum?
Der Kabarettist Matthias Beltz spottete:
"Parmesan und Partisan: Wo sind sie geblieben?
Partisan und Parmesan: Alles wird zerrieben."
Die Trendfarbe von gestern jedenfalls ist blass geworden. Plötzlich erfahren die Grünen, wie das schmeckt, wenn man mit Liebes-Entzug bestraft wird. Über zwei Jahrzehnte von vielen Medien gehätschelt, weiden sich Kolleginnen und Kollegen jetzt am Niedergang der "Ökos". "Nicht nur von der Presse gibt’s ständig auf die Fresse", singt Kermit. Im Land verbreitet sich bei vielen der Eindruck: Was immer sie wollen – sie können es nicht. Unversehens wendet sich die Republik ab, alte und neue Kamellen kommen auf den Tisch: der "Veggie-Day". Das verhunzte Gebäudeenergie-Gesetz. Der teure Sprit. Das Gendern. Die E-Mobil-Pleite. Die Divers-Toiletten. Die teuren Lebensmittel. "Sollen Urlauber künftig mit dem Lastenfahrrad nach Mallorca fahren, wenn Kurzstreckenflüge abgeschafft werden?" Rumms, war ja klar, dass der Friedrich Merz den Grünen auch noch einen mitgeben muss. Die Helden von gestern sind jetzt der Box-Sack der Nation. Darauf klebt ein Etikett: Verbots-Partei.
Schlimmer geht’s nimmer, denkt man: die vergeigten Landtagswahlen im Osten, der Rücktritt der Parteiführung, der Abgang diverser Jugend-Funktionäre, statt einstmals 28 gerade noch zehn Prozent in Umfragen. Die Jungwähler sind zur AfD übergelaufen, für Naturschützer und Klima-Aktivisten (wie Friday’s for Future) sind die Grünen schon lange viel zu lasch. Wer hält eigentlich noch zu ihnen? Die "Alt-Grünen", sagt der Meinungsforscher Prof. Manfred Güllner. Das seien vor allem großstädtische westdeutsche Besserverdiener, die sich selbst als links empfinden: "Prototyp ist der Zahnarztsohn, der während des Studiums zu den Grünen fand. Was wird der wählen, wenn er die Praxis seines CDU wählenden Vaters übernimmt? Wir wissen heute, dass er grün wählt, obwohl er das gleiche Auto fährt wie sein Vater, den gleichen bürgerlichen Lebensstil pflegt und im selben Lions-Club ist." Die alte Kern-Anhängerschaft reicht immer noch, um die Grünen im Westen über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven – aber soll’s das gewesen sein? Robert Habeck, ist zu lesen, wolle die Krise nutzen, um noch viel größer rauszukommen: Er wolle die "Merkel-Lücke" füllen, die Kollege Merz mit seinem konservativen Kurs gerissen habe. Das Ziel: Die Grünen sollen Volkspartei werden. Ach, auch das noch! Gibt’s denn überhaupt genug Volk für derart viele Volksparteien – für die Union, die SPD, die Grünen? Und die AfD hat ja auch noch Ambitionen. Geht’s nicht eine Nummer kleiner?
Genug von den Grünen. Zur musikalischen Untermalung gibt es einen Song der guten alten Creedence Clearwater Revival. Green River heißt er, und eine passende Textstelle findet sich auch:
Du wirst erkennen, dass die Welt verglüht,
Und wenn Du Dich verlierst,
Komm heim zum Grünen Fluss.
https://www.youtube.com/watch?v=L5V9nK7-OkM
Falls Sie’s nicht abwarten können, sich grün, grün, grün zu lachen: Hier gibt es den YouTube-Clip aus "extra 3": https://www.youtube.com/watch?v=Lyda-IgjDpg (Rainer M. Gefeller) +++
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Journalisten-Legende schreibt exklusive Kolumne bei OSTHESSEN|NEWS