Lolls-Porträt

Reinhard Rauche, ein Lolls-Verrückter mit Liebe zu den Schaustellern

Reinhard Rauche ist mit dem Lullusfest verbunden wie kaum ein anderer.
Fotos: Christopher Göbel

15.10.2022 / BAD HERSFELD - Reinhard Rauche - kaum ein Name ist in Bad Hersfeld so mit dem Lullusfest verbunden wie seiner. Als "Lollsverrückter" bezeichnet sich Rauche selbst im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS, welches - wie sollte es anders sein - im Lollszelt stattfand.



Aber eines möchte der 79-Jährige nicht: Als "Mr. Lolls" bezeichnet werden. "Das ist der Ehrentitel von Wilfried Roßbach, der viele Jahre lang das Fest für die Stadt Bad Hersfeld organisiert hat", so Rauche. Doch seit fast 50 Jahren und mit dem von ihm und Stefan Kopetschek und anderen Lollsfans im Jahr 2015 gegründeten "Lullusfest-Verein" setzt sich Rauche, der in Bad Hersfeld die Zeitung "Kreisanzeiger" gegründet hatte und dessen Vater Chefredakteur der Lokalzeitung war, mit viel Empathie für "sein" Volksfest ein.

"Lolls ist für mich das, worauf ich mich ein Jahr lang freue", erzählt er. Gleich am Dienstag nach dem letzten Lollstag wird sein Lollsauto mit dem Datum des Jahres darauf beklebt. In seiner Wohnung in der Nähe der Stiftsruine weht meist, ganz sicher aber in der Lollswoche, die Lollsfahne. "Das Lullusfest ist einfach mein Hobby. Andere fahren in den Urlaub ans Meer, ich fahre auf Jahrmärkte, um Kontakte zu knüpfen und vor allem zu pflegen. Die Liebe zu den Schaustellern ist bei mir das ganze Jahr über präsent."

"Die Coronajahre waren ganz, ganz schlimm"

"Ganz, ganz schlimm" war es für den Lollsfan in den Coronajahren 2020 und 2021, als es kein Lullusfest gab. "Ich bin die Mitarbeiter der Stadt damals hart angegangen, weil sie Lolls abgesagt haben. Das hat auch dazu geführt, dass da zwei Jahre lang keiner mehr mit mir geredet hat", so Rauche. Doch auch das ist nun Vergangenheit, denn zu Beginn von Lolls 2022 hat er sich öffentlich dafür entschuldigt. Und das in einem besonderen Rahmen: Denn er erhielt 2022 den "Feuermeister in Platin" für seinen langjährigen Einsatz für das Lullusfest.

Er gehörte mehr als 40 Jahre ehrenamtlich der Lullusfest-Kommission an, wofür er in diesem Jahr die Verdienstmedaille der Stadt verliehen bekam. Und eben den "Feuermeister in Platin", eine Auszeichnung, die es bisher noch gar nicht gab. Rauche hat den "Feuermeister in Gold" vor acht Jahren in Eigeninitiative ins Leben gerufen. Die Auszeichnung ging beispielsweise an verdiente Schausteller, den Schaustellerpfarrer Volker Drewes und Mitglieder der Feuerwehr. "Und das Abzeichen ist wirklich aus Gold", so Rauche. Und nun trägt er immer, wenn er auf dem Lollsfest unterwegs ist, eine Auszeichnung aus Platin am Hemdkragen. "Ich habe ständig Angst, dass ich sie verliere", sagt er schmunzelnd. Gefertigt wurde das Abzeichen vom Bad Hersfelder Juwelier Matthias Laufer-Klitsch. "Ich habe dem Verein auch in diesem Jahr einen Preisträger vorgeschlagen", erzählt der Lollsfan. "Aber die haben gesagt, dass wir das dieses Jahr ausfallen lassen." Umso überraschter und erfreuter war er dann, als ihm selbst diese besondere Ehrung zuteil wurde.

Seine Frau, mit der er inzwischen seit 53 Jahren verheiratet ist, ist nicht ganz so "lollsverrückt" wie er. "Sie macht viel mit und auch auf unsere Jahrmarkt-Reisen gehen wir gemeinsam", so Rauche. Eine ganz besondere Liebe und Bindung hat er zum "Schueberfouer"-Volksfest in Luxemburg. "Wir fahren da jedes Jahr im August hin und ich feiere dort meinen Geburtstag." Dann wird im dortigen Festzelt ein "Lollstisch" aufgebaut. Eine besondere Überraschung für seine Frau war die Goldene Hochzeit vor drei Jahren: "Ich hatte alles in Luxemburg organisiert. Ein ganzer Bus mit Gästen aus Bad Hersfeld war angereist, der Festwirt hatte das Bankett vorbereitet und eine große '50' aus Luftballons empfing uns. Meine Frau wusste bis dahin noch nichts davon", erinnert er sich lächelnd. Und statt eines Tanzes mit dem Goldenen Brautpaar gab es eine Ehrenrunde im Autoscooter, der sich dann alle Festgäste anschlossen. Pfarrer Drewes war mit seiner Drehorgel ebenfalls angereist und hielt mit einem katholischen Kirmespfarrer aus Luxemburg den Gottesdienst. "Luxemburg ist meine große Liebe geworden", so Rauche.

Sein besonderer Einsatz gilt den Schaustellern, die jedes Jahr zu Lolls kommen. "Hier auf dem Festplatz kennen mich alle", sagt Rauche. Er lädt die Herren jedes Jahr in der Lollswoche zu einem Abendessen mit Ahler Wurscht und Bier in den Klausturm ein, für die Damen gibt es ein Prosecco-Frühstück. "Die Schausteller sind unsere Partner", bekräftigt er. Deshalb wirbt er um Verständnis für alle Lollsbesucher, dass die Preise für Fahrgeschäfte und Essen eventuell etwas höher ausfallen als in den vergangenen Jahren. "Auch die Schausteller haben mit höheren Energie-, Lebensmittel- und Transportkosten zu kämpfen", sagt Rauche. "Und sie müssen ja auch davon leben und ihr Personal entlohnen." Die Preise auf dem Lullusfest seien aber auch in diesem Jahr "moderat". "Die Schausteller kommen her, um uns Freude zu machen."

Außer ihm nur Sandsäcke im Riesenrad

Das neue "Movie Star"-Riesenrad, das dieses Jahr auf dem Festplatz steht und Passagiere für sechs Euro pro Person in luftige Höhen fährt, wurde vor der Fabrik in den Niederlanden sozusagen eingeweiht. "Kaum war es fertig und vor der Halle aufgebaut, war ich in 2020 der Erste, der damit gefahren ist. Ansonsten waren nur Sandsäcke in den Gondeln", sagt er stolz. Eigentlich hätte das Riesenrad seine Jahrmarkt-Premiere auf Lolls feiern sollen, aber da es 2021 kein Lullusfest gab, stand es erstmals auf dem "Schueberfouer" in Luxemburg. Und außer Riesenrad steigt er in kein Fahrgeschäft. Einmal wurde er dazu überredet, in ein Über-Kopf-Karussell zu steigen - aber das war kein allzu angenehmes Erlerbnis, wie er sich erinnert.

Ein besonderes Ereignis für Reinhard Rauche war die Geburt seiner jüngeren Tochter an einem Lollsmittwoch. In diesem Jahr ist es der Lollsfreitag, an dem sie ihren Geburtstag feiern kann. "Und wir feiern natürlich auf Lolls", so Rauche. Die jüngere Tochter hat das "Lolls-Gen" geerbt, die um ein Jahr ältere Schwester nicht. "Sie lebt bei Hamburg und kommt mit Menschenmassen nicht gut klar", erzählt Reinhard Rauche.

Vorfreude auf 2023 beginnt am Dienstag

Noch sind ein paar Tage Lolls, ehe mit der Freiverlosung am Montagabend, bei der Rauche ebenfalls mitmacht, die Lichter für 51 Wochen ausgehen. Aber bis dahin ist er weiterhin täglich 15 Stunden auf dem Festplatz unterwegs. Und wenn Lolls vorbei ist, dann bleibt Reinhard Rauche die Freude auf das kommende Jahr, denn "so ein Lollsverrückter wie ich freut sich nach Lolls gleich auf das nächste Lolls!" (Christopher Göbel) +++

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