Das Ende einer bedeutenden Ära
"Goodyear" schließt seine Pforten - "Ich bin stolz, dort gearbeitet zu haben"
Fotos: Marvin Myketin
01.10.2025 / FULDA -
Schluss, aus und vorbei: nach nun 125 Jahren schließen die Fuldaer Gummiwerke in der Künzeller Straße am Dienstag ein für alle Mal ihre Pforten. Es ist das Ende einer Ära und das sorgt vor allem bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – rund 1.050 an der Zahl - für ganz gemischte Gefühle. Wehmut, Melancholie, Fassungslosigkeit, aber auch Dankbarkeit und Stolz: was überwiegt wirklich bei den Menschen?
Am Vormittag lud das Werk zu einem gemeinsamen Beisammensein ins Brauhaus "Wiesenmühle" ein. Es hieß: ein letztes Mal mit den Kollegen lachen, ein letztes Mal in Erinnerung schwelgen, ein letztes Mal aufeinander anstoßen. Und dann endgültig Lebe wohl sagen. Mach's gut, "Gummi". Mach's gut, 125 Jahre.
"Ich war sehr stolz, dort gearbeitet zu haben"
Jeder Parkplatz war belegt, Frauen und Männer strömten in Scharen in den Biergarten. Die Atmosphäre? Weitestgehend ausgelassen und heiter. Etliche Menschen redeten miteinander, scherzten und tauschten sich aus. Man hörte Lachen und laute Stimmen. Nach außen hin wirkte die Atmosphäre beinahe gelöst und entspannt – doch wie es den Mitarbeitern wirklich ging, ließ sich nur schwer einschätzen. Vor Ort konnten wir mit einigen von ihnen sprechen, die uns einen kleinen Einblick in ihre Gefühle und Emotionen gaben. "Einfach ist es nicht. Ich habe 30 Jahre lang in der Firma gearbeitet, jetzt muss ich schauen, wie es weitergeht", erzählte Josip Andrijasevic gegenüber OSTHESSEN|NEWS. Der 52-jährige Fuldaer arbeitete seit seinem 22. Lebensjahr bei den Gummiwerken und hat in der Zeit natürlich so einiges erlebt. "Ich war sehr stolz, dass ich dort arbeiten durfte", ließ er die Zeit Revue passieren.
"Ich habe viel durchgemacht und natürlich auch Erinnerungen geschaffen"
Ähnlich sah das sein Kollege Esad Hodzic. Den 49-Jährigen durften wir bereits im Vorfeld schon zur Schließung von "Goodyear" interviewen. "Man bekommt Gänsehaut und ein mulmiges Gefühl. Ich war 30 Jahre lang in der Firma aktiv und habe viel durchgemacht und natürlich auch Erinnerungen geschaffen", sagte er. Zur Abschlussversammlung äußerte er sich so: "Heute wollen wir ein letztes Mal Zeit miteinander verbringen, ein oder zwei Bier trinken und abschließen." Zukünftig wird Hodzic - der in Eichenzell-Löschenrod (Landkreis Fulda) wohnt - in die Selbstständigkeit gehen.
"Man vermisst seine Jungs"
Wir haben uns weiter umgehört und mit einer Gruppe gesprochen, die anonym bleiben will. "Ich fühle schon Fassungslosigkeit und Traurigkeit. Ich war 13 Jahre lang hier angestellt. Viele müssen jetzt erstmal schauen, wo sie weiterarbeiten werden", erzählte ein Mann im Interview. Nachfolgend gab auch Serkan Yaratig einen Einblick in seine Gefühle: "Es ist schon ein komisches Gefühl, nach elf Jahren zu gehen. Man vermisst seine Jungs." Einen Plan B hat er zum Glück schon: künftig wird er die Weiterbildung zum technischen Fachwirt angehen. Auch Produktionsleiter Klaus Dorst äußerte in der Wiesenmühle einige abschließende Worte. "Es ist ein trauriger Anlass, denn die Produktion schließt für immer. Ich will mich bei allen bedanken – für eure tolle Arbeit und euer Engagement. Danke, dass ihr das bis zum letzten Tag gemacht habt."
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