Bürgerinitiative "Umwelt Neuhof" bei O|N

"Die sich anbahnende ökologische Katastrophe muss verhindert werden"

Zu Gast bei O|N: (v.l.) Sven Hartmann, Hubert Enders und Marco Enders aus Neuhof.
Fotos: Brandon Watkins

25.02.2023 / FULDA - "Es geht um unsere Zukunft" ist die Informationsveranstaltung betitelt, zu der die Bürgerinitiative (BI) "Umwelt Neuhof" für den heutigen Freitagabend, 24. Februar, ab 19 Uhr, in das Gemeindezentrum einlädt. Hintergrund ist ein Projekt, das seit Kurzem für heftige Diskussionen weit über die Kaligemeinde Neuhof hinaus sorgt: die geplante Haldenabdeckung (Abfalldeponie) von K+S. Das Unternehmen selbst skizziert das Vorhaben damit, dass die Halde "ergrünen" werde. - Auf Einladung von OSTHESSEN NEWS kamen im Vorfeld die drei gleichberechtigten Vorstände der BI zum Gespräch nach Fulda. 



Dabei wird sehr schnell deutlich, worauf es Hubert Enders, Marco Enders und Sven Hartmann ankommt: "Auf eine sachliche Debatte, die auf Augenhöhe geführt wird". Zielsetzung sei ein "ehrliches ökologisches Konzept": Das von K+S genutzte Areal (Betriebsfläche und Haldenfläche) müsse langfristig der Natur zurückgegeben werden, anstatt über 100 Hektar Flächen, überwiegend ökologisch hochwertigen Wald, zu opfern, um daraus eine "steppenartige Grünfläche" auf einer Deponie zu schaffen.

Das Trio ist sichtlich stolz darauf, dass die BI binnen kurzer Zeit den Status als "eingetragener Verein" erreicht hat und ihr die Gemeinnützigkeit zuerkannt wurde. Noch seien es "nur" 21 Mitglieder, die dazu gehörten, doch dies werde sich nach dem Freitagabend wohl ändern, sind sich die drei sicher.

Und noch etwas wird rasch offensichtlich: Obgleich bis auf Hubert Enders - eigentlich - kommunalpolitische Newcomer und alle drei berufstätig, haben sie sich sehr schnell in die Materie eingelesen und mit den fachspezifischen Details vertraut gemacht. Dies immer im Wissen darüber, "mit wem wir es zu tun haben. Nämlich mit einem MDAX-Konzern, der nur seine eigene Richtung durchdrücken möchte".

Vereinfacht ausgedrückt, plant K+S eigenen Verlautbarungen zufolge für das Werk Neuhof-Ellers "die Abdeckung seiner Rückstandshalde mit dem Ziel, die durch Niederschläge auf die Halde anfallenden Haldenwässer langfristig zu reduzieren und damit die Umwelt zu entlasten." Das Besondere sei die gleichzeitige Verwertung von Bauschutt und Boden, auf dem sich langfristig eine Pflanzendecke entwickele - eben die bereits anfangs erwähnte "grüne" Halde.

Die BI "Umwelt Neuhof" hat sich den Zusatz "Natur. Mensch. Lebensraum." gegeben, was kein Wunder ist, denn die Kernforderung an K+S geht dahin, dass das Unternehmen seine Planung so anpassen sollte, "dass sie den Interessen von Menschen und Natur gerecht wird". Dies betreffe unter anderem die vorgesehene Abholzung von Wald und die Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen.

Forderung an den RP

Und noch etwas fordern die drei BI-Vertreter vehement: "Der Kasseler Regierungspräsident muss sofort das Raumordnungsverfahren einleiten": Es sei nicht akzeptabel, dass die regionalen und überregionalen Auswirkungen eines solchen Jahrhundertprojekts mit einer Flächeninanspruchnahme von über 100 Hektar lediglich einer Prüfung "im Hinterzimmer der Bergaufsicht" überlassen würden.  

Die Bedeutung des Unternehmens K+S für die Kaligemeinde Neuhof, gerade auch in Bezug auf Arbeitsplätze, sei ihnen sehr wohl bewusst. "Dennoch stehen wir für das langfristige Ziel einer vollständigen und nachhaltigen Beseitigung der von K+S verantworteten Rückstandshalde und der von ihr ausgehenden negativen ökologischen Auswirkungen - gerade auch im Hinblick auf eine intakte Umwelt und gesunde Lebensbedingungen für die Kinder und Enkelkinder".  Nicht zu verantworten sei auch die Anlieferung von 4.000 Tonnen belasteten Bauschutts und Bodenaushubs, täglich per Lkw beziehungsweise über die Schiene, was einen Zeitraum von voraussichtlich über 100 Jahren in Anspruch nehmen werde.  

"Ewigkeitslast"

Wie Hubert Enders, Marco Enders und Sven Hartmann im O|N-Gespräch betonen, muss die Ablagerung von Produktionsabfällen auf der Halde schnellstmöglich gestoppt werden: "Es muss dringend vermieden werden, dass die Halde in den kommenden Jahren nochmals um rund ein Drittel - laut K+S planmäßig bis 2035 - wächst". Das Potential für die Verwertung von Rohstoffen im alten Teil der Halde sei umgehend zu prüfen und vorrangig umzusetzen. Generell gelte, dass die Verwertung sowie Rückführung des verbleibenden Abraums der Halde nach "unter Tage" das einzige nachhaltige Mittel zur endgültigen Beseitigung der "Ewigkeitslast" einer Rückstandshalde ist: Dies sei technisch möglich "und zugleich das einzige Mittel zur langfristigen Verhinderung von umweltschädlichen Abwässern unter der Halde".  

Stichwort "Ewigkeitslast": Das Trio wehrt sich energisch gegen die von K+S angestrebte Verdoppelung von eben jenen "Ewigkeitslasten" in Neuhof, namentlich durch Anlage einer gigantischen Abfalldeponie auf der bestehenden Rückstandshalde - "der mit insgesamt rund 265 Millionen Tonnen dann wohl größten Abfallhalde der Welt". Damit wäre "Fresh Kills Landfill" nahe New York mit 150 Millionen Tonnen bei Weitem übertroffen.

Eindringlich die abschließenden Appelle der BI: "Wir müssen alles dafür tun, um die sich anbahnende ökologische Katastrophe für unsere Heimat mit nicht abschätzbaren Folgen für Mensch und Natur und unabsehbaren Belastungen für viele Generationen zu verhindern." Gefragt sei insbesondere auch die Politik, die den "ausschließlich profitorientierten Abfalldeponie-Planungen von K+S Einhalt gebieten muss". (Bertram Lenz) +++

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