Preisträger mit Wut

Was ein Abend in der Stiftsruine: Joern Hinkels emotionaler Abschied - Bilder

Ein unvergesslicher Abschluss eines besonderen Festspielsommers
Fotos: Carina Jirsch

20.08.2025 / BAD HERSFELD - Es war ein Abend voller Emotionen, Musik und Dankbarkeit – die Abschluss-Gala 2025 der Bad Hersfelder Festspiele wurde zu einem Fest des Theaters und zugleich zu einem bewegenden Abschied für Intendant Joern Hinkel. Mit seinem letzten offiziellen Auftritt in der Stiftsruine endete eine Ära, die geprägt war von Mut, Leidenschaft und Menschlichkeit.



Helena Charlotte Sigal und Peter Englert führten mit Witz und Charme durch ein abwechslungsreiches Programm, das sowohl feierlich als auch heiter war. Doch über allem lag das Gefühl, dass mit Hinkel ein Mann geht, der diese Bühne in den vergangenen Jahren nachhaltig geprägt hat.

Ein Sommer voller Geschichten

Bürgermeisterin Anke Hofmann erinnerte in ihrer Ansprache an die besondere Rolle Hinkels in den vergangenen Jahren. "Das war eine ganz besondere Saison und ein ganz besonderer Sommer. Wir hatten eine schwungvolle, emotionale und faszinierende Zeit. Heute ist es Zeit, Abschied zu nehmen von unserem Intendanten." Mit warmen Worten zeichnete sie Hinkels Weg nach – vom Mann hinter den Kulissen bis hin zum Gesicht der Festspiele. "Sie haben mit Präsenz und persönlichem Engagement dieses Amt ausgefüllt. Sie haben den Menschen nicht nur Theater gezeigt, sondern geöffnet und zugänglich gemacht. Ihr Herz schlägt spürbar für den Menschen. Ihr besonderes Engagement für Kinder und Jugendliche hat Spuren hinterlassen."

Es folgte ein minutenlanger, scheinbar nicht endender Standing Ovation – ein Zeichen dafür, wie sehr Publikum und Mitwirkende Hinkels Arbeit schätzen.

Ein Geschenk zum Abschied – "Junimond" für Hinkel

Die Wegbegleiter Hinkels hatten eine besondere Überraschung vorbereitet: Gemeinsam formten sie eine Band und sangen eine eigens für ihn arrangierte Version von "Junimond". Ein stiller, zugleich bewegender Moment, der viele im Publikum zu Tränen rührte. Es war mehr als nur ein Lied – es war ein Dankeschön an einen Mann, der das Theater in Bad Hersfeld mit Herzblut und Leidenschaft geleitet hat.

"Bis zum letzten Herzschlag" – Hinkel blickt nach vorn

Auch Hinkel selbst ergriff an diesem Abend das Wort und sprach offen über seine Gefühle: "Das ist so ein schönes Gefühl, bei euch zu stehen. Ich bin so vielen kreativen und fantastischen Menschen begegnet, die etwas bewegen wollen. Wir haben die Zuschauer alle zusammen zum Staunen gebracht." Mit Blick in die Zukunft fügte er hinzu: "Für mich ist eins sicher: Ich will weiter Geschichten erzählen, und solange mir jemand zuhört, werde ich das bis zum letzten Herzschlag tun."

Wie man Hinkel kennt, vergaß er nicht, vor allem jenen zu danken, die im Hintergrund für den Erfolg der Festspiele arbeiten – fernab des Rampenlichts. Am Ende übergab er symbolisch den Schlüssel an seine Nachfolgerin Elke Hesse, die ab 2026 die Leitung übernimmt. Sie zeigte sich voller Vorfreude: "Herzliche Gratulation an diese unglaubliche Festspielsaison. Ich freue mich auf das nächste Jahr."

Der Zuschauerpreis geht an Yascha Finn Nolting

Neben dem Abschied von Hinkel stand auch die Verleihung des Zuschauerpreises im Mittelpunkt. Die Festspielgäste wählten den Schauspieler Yascha Finn Nolting für seine Rolle als Karl von Moor in "Die Räuber" zum Publikumsliebling. "Ich freue mich sehr. Diese Rolle hat mir einiges abverlangt, aber auch viel Spaß gemacht", erklärte Nolting. Besonders hob er das Team hervor: "Das, wofür ich ausgezeichnet werde, wäre niemals möglich gewesen ohne so viele tolle Menschen auf, neben und hinter der Bühne. Das Ensemble ist mir zu einer Familie geworden."

Zugleich nutzte Nolting die Bühne für einen eindringlichen Appell, der weit über den Moment des Applauses hinausging. In seiner Dankesrede richtete er den Blick nicht nur auf die eigene Auszeichnung, sondern auf die Zukunft des Theaters insgesamt. "Ermöglichen Sie weiterhin, dass dieses Theater stattfinden kann – und wenn Sie sparen müssen, dann tun Sie es bitte mit Bedacht. Kürzungen im Kulturbereich werden nur im seltensten Fall wieder rückgängig gemacht", sagte er mit Nachdruck in die Stiftsruine hinein.

Seine Worte trafen einen Nerv, denn sie spiegelten ein Thema wider, das aktuell viele Kulturinstitutionen beschäftigt: die Sorge vor finanziellen Einschnitten und deren langfristigen Folgen. Nolting betonte, dass Theater nicht nur Unterhaltung sei, sondern ein gesellschaftlicher Ort des Austauschs, der Reflexion und der Gemeinschaft. Gerade in Zeiten, in denen Polarisierung und Unsicherheit zunehmen, dürfe Kultur nicht unter die Räder geraten.

Das Publikum reagierte aufmerksam und mit spürbarer Zustimmung auf diesen Appell. Nolting nutzte den festlichen Rahmen damit, um seine Dankbarkeit mit einem klaren Plädoyer für den Erhalt kultureller Vielfalt zu verbinden.

Musik, Humor und Emotionen

Auf der Bühne standen zahlreiche Künstlerinnen und Künstler, die dem Publikum noch einmal die ganze Vielfalt der Spielzeit vor Augen führten. Christof Messner, David Jakobs, Olivia Grassner, Marina Lötschert, Natascha Hirthe, Uta Krüger, Gioia Osthoff und Alicja Rosinski brachten große Songs ebenso wie gefühlvolle Momente in die Stiftsruine.

Besonders bewegend waren die Auftritte, in denen Ensemblemitglieder persönliche Akzente setzten – mal mit leisen, nachdenklichen Tönen, mal mit energiegeladenen, beinahe rockigen Nummern. Die Mischung aus großen Orchesterwerken, emotionalen Liedern und pointierten Zwischenspielen ließ die Gala zu einem musikalischen Querschnitt durch die Saison werden.

Joern Hinkel verlässt die Bad Hersfelder Festspiele – aber sein Wirken wird bleiben. (Constantin von Butler) +++


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