Kritik zu "Ronja Räubertochter"

Wild, frech und unvergesslich: Premiere zündet Feuerwerk der Emotionen

"Ronja Räubertochter" löst Standing Ovations in der Stiftsruine aus.
Fotos: Moritz Rös

22.06.2025 / BAD HERSFELD - Mit "Ronja Räubertochter" ist den Bad Hersfelder Festspielen ein mitreißender Wurf gelungen – voller Musik, Witz und Wildnis. Am Samstagabend feierte das Familienstück seine Premiere, die kleine wie große Zuschauer verzauberte. Regisseur und Komponist Oliver Urbanski lässt Astrid Lindgrens Klassiker leuchten - mit einem fantasievollen Ensemble, kindlicher Spielfreude und einem Hauch Gänsehaut.



Wie bringt man einen Kinderbuchklassiker auf die große Bühne, ohne ihn zu verharmlosen? Regisseur Oliver Urbanski gibt die Antwort mit einer hinreißenden Inszenierung: Seine "Ronja Räubertochter" ist wild, frech und emotional – ein Hohelied auf Freundschaft, Freiheit und Fantasie. Schon der Auftakt ist atmosphärisch: Blitze zucken, Musik flirrt, eine Burg zerreißt – und mitten hinein wird Ronja geboren, deren Geschichte mit jedem Takt an Fahrt gewinnt.

Wenn Kinder mutiger sind als Räuberbanden

Das Bühnenbild nutzt die Weite der Stiftsruine klug, lässt Räume entstehen und Natur lebendig werden. Urbanski setzt auf Details: Rauch, Schatten, geheimnisvolle Lichtwechsel und überraschende Perspektiven. Dabei bleibt immer genug Platz für das wichtigste - die jungen Zuschauer und ihre Fantasie. Hier darf gestaunt, gelacht, gebangt und mitgefiebert werden.

Eine Ronja zum Verlieben – mutig, frei, voller Feuer

Hauptdarstellerin Myriam Akhoundov ist eine echte Entdeckung. Ihre Ronja ist keine glatte Heldin, sondern eine glaubwürdige, eigensinnige Figur mit viel Herz. Mal trotzig, mal verletzlich, immer energiegeladen – so füllt sie die Bühne mit Leben. Das Zusammenspiel mit Birk (Vincent Lang) ist fein nuanciert und voller Leichtigkeit. Die Chemie stimmt, das Timing auch – zwei junge Darsteller, die mit ihren Rollen wachsen.

Auch die Erwachsenenrollen sind hochkarätig besetzt: Claudia Graue als bodenständige, kluge Lovis bringt Wärme und Weisheit auf die Bühne. Denis Schmidt als Mattis überzeugt mit Wucht und feiner Ironie – ein Räuberhauptmann mit großem Herzen und noch größerem Sturkopf. Ihr Zusammenspiel ist geprägt von Humor, Streitlust und echter Zuneigung – ein Spiegelbild vieler Familienbeziehungen.

Eine Partitur, die Kinder ernst nimmt

Urbanskis Musik ist mehr als Begleitung – sie ist Ausdruck, Verstärkung, Kommentar. Sie schwingt, schwebt, rauscht, treibt – mit Ohrwurm-Qualität und Tiefgang. Die sechs Musikerinnen und Musiker schaffen es, den Klangraum der Stiftsruine zu füllen und gleichzeitig ganz nah am Geschehen zu sein. Dass Lindgrens Originaltexte in die Lieder eingearbeitet wurden, ist ein geschickter Kunstgriff: poetisch, eigenwillig, und genau richtig für kleine Theaterfans.

Die Graugnomen und Rumpelwichte dürfen natürlich nicht fehlen – und sie sind wunderbar gruselig. Masken, Bewegungen, Stimmen – hier zeigt die Produktion, dass Kinder durchaus Lust auf Gänsehaut haben, solange sie nicht allein gelassen werden. Urbanski vertraut seinem jungen Publikum – und das zahlt sich aus.

Zwischen Lachen und Lagerfeuer

"Ronja Räubertochter" ist kein weichgespültes Märchen, sondern eine kluge Geschichte über Mut, Trennung, Versöhnung und die Kraft der Freundschaft. Die Inszenierung lebt von kleinen Momenten: ein Blick, ein Lachen, ein Streit, ein Versöhnungslied. Es ist ein großes Glück, dass Kinder aus Bad Hersfeld und Umgebung selbst mitspielen – so wird die Bühne auch zum Ort für Mitgestaltung und Gemeinschaft.

Kommentar: Diese "Ronja Räubertochter" hat überrascht, berührt und die Gäste zum Lachen gebracht. Was Oliver Urbanski auf die Bühne der Stiftsruine gezaubert hat, ist viel mehr als ein Familienstück: Es ist ein Plädoyer für Freundschaft, Freiheit und den Mut, anders zu sein – erzählt mit viel Musik, Humor und einem Hauch wohligem Grusel.

Wohl selten wurde ein Kinderbuchklassiker so zeitgemäß und kraftvoll inszeniert. Das Stück nimmt das junge Publikum ernst, ohne zu belehren und schafft gleichzeitig Bilder und Momente, die auch Erwachsene mitten ins Herz treffen. Ronja, Birk, die Graugnome, die Räuberbanden - das alles lebt, leuchtet und klingt. Was bleibt, ist das Gefühl: Theater kann ein Abenteuer sein. Und genau das ist dieser Abend - wild, poetisch, lustig und voller Leben. (Constantin von Butler) +++

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