Kritik zu "Sommernachtsträume"
Ein letztes Meisterwerk: Hinkel entfesselt Shakespeares Zauber
Fotos: Carina Jirsch
21.06.2025 / BAD HERSFELD -
Es ist ein Bühnenwunder, das sich an diesem Eröffnungsabend in der ehrwürdigen Stiftsruine entfaltet: Joern Hinkel, der künstlerische Kopf der letzten Jahre in Bad Hersfeld, zelebriert seinen eigenen Abschied mit einem ebenso mutigen wie poetischen Theaterfeuerwerk. Seine Fassung des "Sommernachtstraums" – vielsagend in den Plural "Sommernachtsträume" erweitert – ist ein Fest für alle Sinne. Zwischen Steampunk-Romantik, viktorianischer Eleganz und zauberhaften Verwechslungen gelingt Hinkel eine fein abgestimmte Mischung aus respektvoller Shakespeare-Verneigung und herrlich überdrehter Theaterlust.
Mechanischer Märchenwald voller Magie
Schon die Rahmenhandlung ist originell gedacht: In einem Schlosspark des 19. Jahrhunderts, in dem gerade die erste Telefonanlage installiert wird, beginnt ein Fest der Missverständnisse, magischer Eingriffe und poetischer Irrfahrten. Die Bühne von Jens Kilian verwandelt sich in einen mechanischen Märchenwald, durchzogen von Telegrafenmasten, voller geheimnisvoller Gerätschaften und leuchtender Überraschungen. Puck, gespielt von Anna Graenzer, dirigiert von der Schaltzentrale aus das Verwirrspiel mit schelmischer Energie – und lässt Zuschauer wie Figuren gleichermaßen ins Leere tappen. Symphonischer Klang für Shakespeares Komödie
Musikalisch trägt Christoph Wohllebens Live-Orchester diesen Sommernachtstraum auf Händen. Erstmals erklingt in Bad Hersfeld symphonisches Schauspiel – ein mutiger und wirkungsvoller Schritt, der den Zauber des Abends noch verstärkt. Jörg Gollaschs eigens komponierte Musik malt emotionale Landschaften, wechselt zwischen verspielter Leichtigkeit und romantischem Pathos, ohne je aufdringlich zu werden. Es ist Musik, die trägt, aber auch fliegt. Darsteller mit Herz, Humor und Hingabe
Ein Ensemble der Extraklasse bringt Hinkels Vision mit Leben, Witz und Herzblut auf die Bühne. Christian Nickel brilliert in der Doppelrolle als Fürst Theseus und Oberon – kraftvoll, pointiert, mit jener Sprachgewalt, die ihn seit Jahren zum Festspiel-Liebling macht. Bettina Hauenschild überzeugt als Hippolyta/Titania nicht nur schauspielerisch, sondern bringt mit ihrem Wissen über Pflanzen und Natur eine glaubhafte Magie in die Elfenwelt. Und dann ist da Erol Sander – als eitler, liebenswerter Benedikt zeigt er eine hinreißende Selbstironie und entpuppt sich als tragikomischer Charmebolzen mit Tiefgang. Anouschka Renzi wiederum lässt als trinkfreudige Kammerzofe Katharina das Publikum vor Lachen schnauben – eine komödiantische Glanzleistung mit der richtigen Dosis Wahnsinn. Junge Talente und starke Figuren
Doch es sind nicht nur die großen Namen, die glänzen. Helena Charlotte Sigal verleiht der Helena eine berührende Mischung aus Komik und Verletzlichkeit, während Gioia Osthoff als Hermia eine starke Entwicklung durchlebt – mal zauberhaft trotzig, mal leuchtend verletzlich. Anna Graenzer ist als Puck das wilde Herz des Abends – virtuos, körperlich, klug. Wolfgang Seidenberg schließlich sorgt als überforderter Regisseur der Handwerker-Truppe für urkomische Zwischentöne und feinen, selbstironischen Charme. Shakespeare-Universum mit Tiefgang
Hinkels Entscheidung, Figuren aus anderen Shakespeare-Stücken in den Wald der Irrungen zu schicken, ist ein Kunstgriff mit doppeltem Boden: Es wird nicht nur das Shakespeare-Universum erweitert, sondern auch der Blick auf Liebe, Täuschung und Identität geschärft. In einer Welt aus Fotos, Stimmen und Telefonkabeln geraten nicht nur die Figuren ins Schwanken – auch das Publikum fragt sich: Was ist echt? Was Projektion? Und warum lieben wir eigentlich?
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