Gast-Kolumne von Dr. med. Thomas Menzel
Unser Leben in der Pandemie: Wie wird der 2. Corona-Sommer?
Foto: Adobe Stock / sofirinaja
03.05.2021 / REGION -
Die Konferenz der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin zu Beginn der vergangenen Woche wurde häufig als ein "Gipfel der Hoffnung" beschrieben. Und zu Hoffnung, dass wir die Pandemie in den Griff bekommen, besteht durchaus Anlass, denn das Impfen kommt voran. Bis Ende April waren etwa 20 Millionen Menschen in Deutschland geimpft, ungefähr sieben Millionen davon schon zum zweiten Mal. Damit hat ein Viertel der Menschen in Deutschland einen ersten oder sogar einen vollständigen Impfschutz.
Geschützt sind zunächst auch diejenigen, die COVID überstanden haben. 3,3 Millionen Menschen, bei denen das Virus tatsächlich nachgewiesen wurde und wahrscheinlich 12 Millionen weitere, die die Erkrankung ohne einen Nachweis durchgemacht haben, wenn wir eine Dunkelziffer mit dem Faktor 4 annehmen. Auch diese – genesenen – Personen brauchen noch eine Impfung, etwa sechs Monate nach der Erkrankung, um die Immunabwehr gegen SARS-CoV-2 zu festigen.
Impfen hilft allen – auch den Nicht-Geimpften
Indien im Ausnahmezustand
Der Blick in wieder andere Länder – wie nach Indien oder in die Türkei – zeigt aber auch, was uns droht, wenn wir jetzt die Disziplin verlieren.
Ob in Indien dabei die neue Virusvariante B.1.617 eine entscheiden Rolle spielt, ist derzeit noch nicht sicher zu beurteilen. Nach wie vor sind verschiedene SARS-2-Varianten unter Beobachtung, darunter die "besorgniserregenden Varianten" (Variants of Concern, VOCs) B.1.1.7 (britisch), B.1.351 (Südafrika) und P.1 (Brasilien). Alle VOCs weisen mehrere Mutationen auf, von denen eine oder mehrere beispielsweise die Übertragbarkeit des Virus verstärken (B.1.1.7) oder die Immunantwort auf das Virus abschwächen (B.1.351/P.1).
Deutschland in der 3. Welle
Jetzt handeln!
Wenn wir die Zahl der Neuinfektionen jetzt nicht endlich durch wirkungsvolle Einschränkungen im Alltag senken, dann übersteigt die Zahl der schwer erkrankten Menschen selbst unsere hoch aufgerüsteten Kapazitäten der Maximalversorgung.
Allen, die diese Fakten und das Leid der Kranken nicht vor Augen haben, sagen wir: Die Atemnot und die Angst der COVID-Erkrankten sind unbeschreiblich groß und keiner von ihnen hätte – als sie noch gesund waren - die Erkrankung für so schlimm gehalten, wie sie tatsächlich ist. Und vermutlich hätte niemand von ihnen ernsthaft gedacht, dass es ausgerechnet sie und ihn jemals treffen wird.
Wir alle haben also einen guten Grund, uns noch über einige Wochen zu disziplinieren: Kontakte meiden, Abstand halten, Maske tragen, Hände waschen und: Impfen lassen, sobald es möglich ist.
Und genau das sollten wir tun! Wir wissen sehr gut, welche Maßnahmen schützen. Einen Rückgang der Inzidenz auf Werte von kleiner als 35 pro 100.000 in sieben Tage können wir in wenigen Wochen erreichen. Wenn alle mitmachen.
Da die Politik derzeit nicht in der Lage ist oder nicht bereit zu sein scheint, die erforderlichen harten Maßnahmen umzusetzen, bleibt nur das verantwortliche Handeln eines jeden einzelnen.
Die Umfragen sind eindeutig – die Botschaften nicht!
Und die, die jetzt behaupten, dass wir das "den Menschen nicht mehr zumuten können", dass "jetzt auch mal gut sein muss", liegen objektiv falsch. Denn die große Mehrheit der Menschen in Deutschland spricht sich für konsequente und strikte Maßnahmen aus. Das zeigen die meisten seriösen Umfragen.
Um die Pandemie zu bewältigen, müssen wir – jede und jeder von uns – offenbar mehr tun, um alle Menschen zu erreichen:
Die Jungen, die im Leben nicht daran denken, dass auch sie erkranken können,
die Menschen, denen naturwissenschaftliche Zusammenhänge einfach zu komplex erscheinen,
die Menschen, die in großen Familien in kleinen Wohnungen leben,
die Menschen, die am Arbeitsplatz einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt sind, und insbesondere jene Menschen, die sich aufgrund der Sprachbarriere nicht ausreichend informieren können.
Die Menschen, die auch in der Pandemie nicht auf Umarmungen zu jeder Begrüßung, auf das Feiern von Familienfesten und die persönliche Nähe in der Ausübung religiöser Riten verzichten wollen, denn auch sie tragen maßgeblich zur Verbreitung des Virus bei.
Die Nähe unter den Menschen, die eigentlich unsere Stärke ist, wird in der Pandemie zur Schwäche.
Das ist schon heimtückisch. Aber so ist die Natur: Irgendwie – gleichgültig. Wir sollten das zur Kenntnis nehmen und uns für die Zeit, die es braucht, um die Pandemie zu beenden, so verhalten, wie es uns unsere Vernunft ermöglicht. Dann kann der 2. Corona-Sommer doch noch gut werden. (Thomas P. Menzel) +++
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