Was macht eigentlich …(3)

Schwester Hildegard, die wohl berühmteste Nonne der Marienschule

Schwester Hildegard, die wohl berühmteste Nonne der Marienschule
Fotos: Suria Reiche

23.03.2020 / FULDA - Natürlich gehört auch sie in die Serie der osthessischen Persönlichkeiten, die heute nicht mehr an dem Ort anzutreffen sind, von dem man sie ursprünglich kennt: Schwester Hildegard. Das Werk, das sie in ihren 34 Jahren als Lehrerin an der Fuldaer Marienschule geschaffen hat, währt bis heute. Ihr Tomatensalat-Lied, das sie zu Beginn jedes Schuljahres mit den neuen Fünftklässlerinnen und ihren Eltern gesungen hat, ist jedem bekannt, der schon einmal in irgendeiner Weise mit der Schule oder einer ihrer Schülerinnen zutun hatte. Und was macht die 69-Jährige heute?



Wir treffen Schwester Hildegard in den Räumen der Abtei Fulda. Hier trat sie im April 1982 als Klaustraloblatin ein, und hier lebt sie bis heute. Zwar führt sie ihr Weg inzwischen nicht mehr an jedem Morgen in die Marienschule, wo sie vor allem als Musiklehrerin bekannt war – der Musik hat sie ihr Leben aber bis heute verschrieben. Die Menschen, denen sie sie nahebringt, sind heute lediglich ein bisschen älter als ihre Schülerinnen in den 34 Jahren an der Marienschule. Statt mit Jugendlichen musiziert sie heute mit älteren Menschen. „Es sind Menschen im dritten oder sogar im vierten Lebensabschnitt“, sagt Schwester Hildegard.

„Es hat sich gezeigt, dass Musik einen großen Einfluss auf deren Wohlbefinden hat.“ Um diesen Dienst an den Menschen sogar in ihrem Ruhestand zu verrichten, machte Schwester Hildegard eine Zusatzausbildung in Münster. An der dortigen Fachhochschule erlangte sie das Zertifikat in Musikgeragogik. „Es war mir sehr wichtig, mir ein Rüstzeug zu verschaffen, um dieser Arbeit nachzugehen“, sagt Schwester Hildegard, die die Fächer Musik und Französisch ausgerechnet in Münster unterrichtet hat, bevor sie nach Fulda kam. „So hat sich der Kreis wieder geschlossen“, sagt sie und lacht, wie sie es so oft tut. Die Arbeit mit den älteren Menschen gibt ihr viel, das betont sie während des Gesprächs in der Abtei in der Nonnengasse in Fulda oft:

„Ich erlange dadurch einen neuen Blick auf das Leben.“ Die Menschen, mit denen Schwester Hildegard heute musiziert, leben zum Beispiel in Heimen oder es sind ihre älteren Mitschwestern, die nach wie vor einen Pflegeplatz in der Abtei Fulda haben. „Und nicht selten passiert es, dass sich die Menschen beim Singen plötzlich in ihren Rollstühlen aufrichten oder sich ihre Gesichter aufhellen. Musik ist eine tolle Sache. Und Musik mit Älteren ist eine sehr sinnvolle, wenn man bedenkt, dass die Menschheit immer älter wird.“ Und welche Musik macht Schwester Hildegard mit ihnen? „Man glaubt es kaum, aber die Menschen, die heute alt sind, sind mit Rock- und Popmusik großgeworden.“

Arbeit an der Pforte der Abtei

Einen neuen Blick aufs Leben erhält die 69-Jährige aber nicht nur durch ihre Arbeit mit den älteren Menschen. Es sind auch die Charaktere am Rande der Gesellschaft, die sie heute auf eine ganz andere Art fordern. Und zwar bei ihrer Arbeit an der Pforte der Abtei. „Bedürftige kommen her und holen sich ihre Marken für die Vinzenzküche ab.“ Mit den Marken bekommen sie dort ein warmes Essen. „An der Pforte brauchte man vor einiger Zeit jemanden, der einspringt. Diese Arbeit habe ich gern übernommen“, sagt Schwester Hildegard, die auch diese Tätigkeit als äußerst erfüllend erlebt: „Viel kann ich für diese Menschen natürlich nicht machen. Aber freundlich zu ihnen sein. Und das ist oft schon genug.“ Eine weitere Aufgabe, die Schwester Hildegard im Ruhestand übernimmt, ist nach wie vor der Orgeldienst in der Abtei. „Ach ja, und dann sind da natürlich noch die Oblaten, um die ich mich

kümmere.“ Dabei handelt es sich um etwa 30 Menschen, die sich an den Linien des Klosters, also der Abtei Fulda, orientieren. „Tja, und irgendwann ist auch mein Tag dann mal vorbei“, sagt Schwester Hildegard und lacht wieder. Meistens vergeht er aber nicht, ohne, dass Schwester Hildegard nicht wenigstens einmal auf das Tomatensalat-Lied angesprochen wurde. „Das werde ich wohl nie los“ und wenn Schwester Hildegard daran denkt, muss sie wieder herzlich lachen. (Suria Reiche) +++



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