Heftige Ausschreitungen in Gießen

Innenminister Poseck zieht Bilanz: Gewalt, Blockaden und klare Warnungen

Am Rande des Einsatzes in Gießen äußert sich Poseck deutlich zur Verantwortung radikaler Gruppen.
Archivfotos: O|N

01.12.2025 / REGION - Der Samstag in Gießen hat Spuren hinterlassen: politisch, gesellschaftlich und sicherheitstechnisch. Tausende Menschen demonstrierten gegen die Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation, darunter zahlreiche gewaltbereite Gruppen. Hessens Innenminister bewertete die Lage nun in Wiesbaden. Roman Poseck (CDU) dankte den Einsatzkräften, sprach von erheblichen Rechtsverstößen und warnte davor, demokratische Grenzen zugunsten moralischer Überhöhung zu verschieben. Vor allem die Intensität der Angriffe auf Polizisten und die Vielzahl an Blockaden stellen für ihn ein bedenkliches Zeichen dar.



Gleich zu Beginn macht der Innenminister deutlich, wie er den Samstag einordnet. "Das Wochenende hinterlässt einen faden Beigeschmack." Poseck betont, dass ohne das konsequente Handeln der Beamten größere Schäden drohten. "Dank des großen Polizeieinsatzes konnte in Gießen Schlimmeres verhindert werden."

Klares Urteil zu Gewalt und Angriffen auf Einsatzkräfte

Besonders schwer wiegen für ihn die zahlreichen Angriffe auf Polizisten. "Es ist unerträglich, dass Einsatzkräfte im Einsatz für unseren Rechtsstaat angegriffen werden." Die Zahl der verwundeten Beamten sei hoch. "Nach aktuellem Stand wurden über 50 Polizisten verletzt."

Er verurteilt zudem weitere Übergriffe, die am Samstag dokumentiert wurden. "Die Polizei ist auch mit Böllern aus der Menge attackiert worden." Auch das Einkesseln von Zivilkräften bewertet er scharf.

Gewalt gegen AfD-Vertreter als rote Linie

Poseck warnt eindringlich davor, politische Gegnerschaft als Rechtfertigung für Gewalt zu missbrauchen. "Auch gegen Personen der AfD müssen Gewaltanwendungen ein Tabu sein." Dass ein Bundestagsabgeordneter angegriffen wurde, bezeichnet er deutlich: "Ich verurteile ausdrücklich, dass es zu diesem gewalttätigen Angriff gekommen ist."

Ein Grundsatz müsse aus seiner Sicht immer gelten: "Das Recht auf körperliche Unversehrtheit steht allen zu."

Massive Rechtsverstöße und Missachtung von Auflagen

Viele Gegendemonstranten hätten bewusst über rechtliche Grenzen hinaus agiert, so der Innenminister: "Auch die umfangreichen Blockadeaktionen stellen schwerwiegendes Unrecht dar." Er verweist im Zuge dessen auf die Rechtsprechung: "Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt noch einmal klargestellt, dass Aktionen nicht darauf ausgerichtet sein dürfen, eine Versammlung zu verhindern."

Zudem kritisiert er das Verhalten mancher Aktivisten gegenüber der Polizei. "Etliche Gegendemonstranten haben gegen das Vermummungsverbot verstoßen und beleidigende Handlungen und Äußerungen gegenüber Einsatzkräften begangen."

Scharfe Kritik an "Widersetzen"

Den Umgang des Bündnisses "Widersetzen" mit Rechtsstaatlichkeit bewertet Poseck äußerst kritisch. "Das Bündnis Widersetzen bewegt sich in einer hochgefährlichen rechtlichen Parallelwelt." Aus seiner Sicht rechtfertigen die Aktivisten ihr Verhalten durch moralische Überhöhung. "Aus dem vermeintlichen Kampf für das Gute und gegen das Böse wird das Recht abgeleitet, außerhalb der Rechtsordnung handeln zu können
."
Für den Innenminister liegt damit eine klare Grenzüberschreitung vor. "Ein solches Verhalten darf in unserem demokratischen Rechtsstaat keinen Raum haben."

Mehrheit friedlich - aber Warnung vor falscher Toleranz

Trotz der massiven Ausschreitungen erkennt Poseck auch die friedlichen Stimmen des Tages an. "Ich verkenne nicht, dass die meisten Demonstranten friedlich waren." Viele hätten aus Sorge um die Demokratie demonstriert. Doch er warnt davor, dadurch andere extremistische Tendenzen zu verharmlosen. "Aus einer Ablehnung der AfD darf aber keineswegs eine falsche Toleranz gegenüber Demokratiefeinden der anderen Seite werden."

Für ihn gilt ein klarer Auftrag: "Alle Demokraten sind aufgerufen, klar Position gegen jede Form des Extremismus zu beziehen."

Bilanz: Polizei setzt Rechtsordnung durch

Die polizeiliche Einsatzbilanz bewertet der Innenminister insgesamt positiv. "Für mich ist dieser Einsatz nach wie vor ein Erfolg." Trotz der angespannten Lage sei die Kernaufgabe erfüllt worden. "Die Rechtsordnung konnte weitgehend durchgesetzt werden."

Mediale Darstellungen, die Polizei und Täter auf eine Stufe stellten, weist er entschieden zurück: "In den Brennpunkten standen sich in Gießen Hüter des Rechts auf der einen Seite und Gewalttäter sowie Rechtsbrecher auf der anderen Seite gegenüber." Sein Dank gilt den Kräften "für ihren aufopferungsvollen Einsatz."

Gewaltfreie Protestkultur statt Eskalation

Zum Ende verweist Poseck auf die Bedeutung rechtsstaatlicher Prinzipien in einer polarisierten Gesellschaft. "Gewalt und Rechtsbrüche sind kein Einsatz für Demokratie." Er fordert, dass Demonstrationen künftig wieder auf friedlichem Weg stattfinden müssen: "Der Protest muss sich dringend friedliche und rechtsstaatlich zulässige Wege suchen." (Constantin von Butler) +++

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