O|N-Serie über Jüdische Feiertage (7)
Chanukka - das Fest des Lichts
Fotos: privat
01.01.2025 / FULDA -
Im Jahr 2024 fallen das jüdische Lichterfest Chanukka und das christliche Weihnachten zusammen. Das geschieht nicht sehr oft, in den letzten 100 Jahren kam es nur 1910, 1921, 1959 und 2005 vor. Und wir müssen bis 2035 warten, bis es wieder so weit sein wird. Chanukka 2024 beginnt nach dem jüdischen Kalender am Vorabend des 25. Kislev, in diesem Jahr also am Abend des 25. Dezember, und endet am 02. Januar.
Das Fest der jüdischen Selbstbehauptung
Горят ханукальные свечи! Chanukka – Kerzen brennen!
Чтоб также горели враги. Damit sollen auch die Feinde brennen
Отметим мы праздник весёлый. Wir werden einen freudigen Feiertag feiern.
От нас, враг, пощады не жди. Von uns Feind, erwarte keine Gnade.
Залили водой мы тоннели. Wir haben die Tunnel mit Wasser geflutet,
ХАМАС мы сметем навсегда. Wir werden die Hamas für immer zerstören,
Своё государство упрочим. Wir werden unseren Staat stärken.
Теперь трепещи Хезболла. Jetzt zittert die Hisbollah.
И снова мы праздник встречаем Und wieder feiern wir den Feiertag,
Своею общиной семьёй . Mit meiner Gemeinde und meiner Familie,
Друг друга мы с ним поздравляем. Wir gratulieren einander,
И льётся веселье рекой. Und die Freude fließt wie ein Fluss.
Так что за чудо к нам придёт? Was für ein Wunder kommt zu uns,
Сейчас чудес никто не ждёт. Jetzt erwartet niemand Wunder,
Все та'к измучены войной, Alle sind so erschöpft vom Krieg,
И чудом кажется покой. und Frieden scheint ein Wunder zu sein.
Покой нам может принести Kann uns Frieden bringen
Конец войны. Затем мечты. Ende des Kriegs, dann Träume.
У каждого они свои. Jeder hat seinen eigenen Traum.
И каждый ждёт приход весны Und alle warten auf die Ankunft des Frühlings
весна -начало жизни Frühling – der Beginn des Lebens
после войны. Nach dem Krieg.
Gebet zu Chanukka
Das Gebet führt uns in die Tiefe der Botschaft des Festes. Natürlich war der Sieg gegen den übermächtigen Gegner großartig. Aber es geht vor allem darum, die eigenen geistigen und religiösen Grundlagen zu bewahren und zu verteidigen. Die Griechen wollten die Juden seinerzeit weder vertreiben noch töten, aber sie wollten ihnen ihre jüdische Lebensweise austreiben. Sie hatten nichts gegen die Tora, sahen die aber eher als Werk der Literatur und nicht als Wort Gottes. Die größte Gefahr ist deshalb der Abfall von einer jüdischen Lebensweise, oder die Hinwendung zu falschen Göttern (ähnliches kennen wir aus der Geschichte von Moses und dem Goldenen Kalb). Entweihung ist innere Verunreinigung – wie Materialismus, Gleichgültigkeit oder der Ausschluss Gottes aus dem eigenen Leben. Die Tora und ihre Gebote sind nicht nur für den Schabbat da, sie sollen tief ins ganze Leben hineinreichen. Das Licht der Chanukkia erhellt jede einzelne Seele, und die ganze Welt.
Und beim Spielen kommt der Dreidel ins Spiel – nur: wie genau kam der denn zu Chanukka? Der Legende nach gaben die jüdischen Schriftgelehrten unter der hellenischen Besatzung das Studium der heiligen Schriften nie auf, auch wenn es streng verboten war. Kam ein Staatsbeamter vorbei, versteckten sie die Schriften und holten Spiele hervor – als Vorwand, warum sie zusammensaßen.
Kein jüdisches Fest ohne gutes Essen
Öl spielt in der Chanukka-Geschichte eine große Rolle. Zur Einweihung des Tempels sollte die Menora entzündet werden, aber es fand sich nur noch ein Krug mit koscherem Öl, die Menge reichte gerade für einen Tag. Das Wunder von Chanukka war, dass das Öl für acht Tage reichte, so lange, bis wieder reines, koscheres Öl hatte hergestellt werden können. Viele Chanukkiot werden deshalb mit Öl statt Kerzen erleuchtet.
Bei den typischen Chanukka-Speisen wird deshalb vor allem in Öl Gebackenes gegessen – also fett, ungesund, aber soooo lecker! Die beiden bekanntesten sind Latkes (= jiddisch für Kartoffelpuffer) und Sufganiot – auf fuldisch Kräppel. Wären wir in diesen Tagen in Israel, würden wir in Bäckereien eine ungeheure Vielfalt von Sufganiot bestaunen können, ganz ähnlich wie wir in der Foaset Kräppel in allen Variationen kaufen können. Gaby hat eigens für diesen Text Fotos in der Konditorei Roladin in Tel Aviv gemacht und mir geschrieben, wegen des Kriegs sei die Auswahl kleiner als sonst. Verführerisch sieht’s trotzdem aus!
Chanukka und Weihnachten
Gerade wenn wie in diesem Jahr Chanukka und Weihnachten zusammenfallen, spricht man gern von "Weihnukka". Und nein, das ist keine Erfindung der letzten Jahre, tatsächlich geht dieses sogennate Kofferwort auf säkulare, gutbürgerliche deutsche Juden Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Sie vermischten die Traditionen beider Feste, und manches ist ja auch sehr naheliegend: Beide Feste sind Feste der Hoffnung. Beide Feste feiern das eigentlich Unmögliche: Gott wird in einem ärmlichen Stall als Kind geboren – ein weit unterlegenes jüdisches Heer besiegt seine Feinde. Beide Feste sind vom Licht geprägt und der Hoffnung, dass die Dunkelheit durch das Licht besiegt wird. Beide Feste sind Familienfeste, es geht um die Zeit miteinander. Beide Feste sind von Ritualen und Brauchtum geprägt: Der geschmückte Weihnachtsbaum, festliche Weihnachtsgottesdienste und herzerwärmende Weihnachtslieder – das Entzünden der Kerzen an der Chanukkia, fröhliche Chanukka-Lieder und das Dreidel-Spiel. Um beide Feste ist eine regelrechte Industrie entstanden, die alle möglichen und unmöglichen Produkte rund ums Fest anbietet. Vielleicht der größte Unterschied zwischen beiden Festen ist, dass Weihnachten eines der wichtigste Feste im christlichen Jahreskreis ist. Chanukka hingegen ist deutlich weniger spirituell als die jüdischen Hochfeste Pessach oder Jom Kippur.
Ich wünsche Ihnen "Chanukka sameach" – ein frohes Lichterfest – rutschen Sie gut ins Neue Jahr! Mögen wir alle in diesem neuen Jahr mehr Licht als Dunkelheit verbreiten.
(Jutta Hamberger)+++
Jüdische Feiertage - weitere Artikel
"Mögest Du ein süßes Jahr haben!"
Rosch Haschana – das Jüdische Neujahrsfest
O|N-Serie über Jüdische Feiertage
Schawuot – das Fest der Tora - Aus Liebe zu Gott nach seinen Geboten leben
O|N-Serie über Jüdische Feiertage
Pessach - das Fest der wiedergewonnenen Freiheit
O|N-Serie über Jüdische Feiertage
Der Feiertag Purim: Auf das Leben!
O|N-Serie über Jüdische Feiertage (7)
Chanukka - das Fest des Lichts
O|N-Serie über jüdische Feiertage (6)
Sukkot – das Fest der Freude: Feiern in der Diaspora
O|N-Serie über jüdische Feiertage (5)
Jom Kippur – der Tag, an dem Gott uns verzeiht
"Mögest Du ein süßes Jahr haben!"
Rosch Haschana – das Jüdische Neujahrsfest ist ein hoher Feiertag
O|N-Serie über Jüdische Feiertage (3)
Schawuot – das Fest der Tora
O|N-Serie über Jüdische Feiertage (2)
Pessach – das Fest der Freiheit
O|N-Serie über Jüdische Feiertage (1)
Der Feiertag Purim: Auf das Leben!