"Graf Gloucester" im O|N-Interview

Schauspieler Max Herbrechter: "Die Stiftsruine ist ein sinnliches Erlebnis"

Schauspieler Max Herbrechter fühlt sich wohl bei den Bad Hersfelder Festspielen.
Fotos: Christopher Göbel

26.07.2023 / BAD HERSFELD - Erinnern Sie sich noch an "Diese Drombuschs" aus dem Jahr 1983? Falls ja: In einer Folge dieser Fernsehserie hatte Max Herbrechter seinen ersten TV-Auftritt - in einer Nebenrolle. Heute kennt man sein Gesicht aus Serien wie "Der Winzerkönig" und vielen anderen deutschen TV-Produktionen. Auch in zahlreichen Filmen ist Herbrechter zu sehen. In diesem Jahr steht er bei den Bad Hersfelder Festspielen in "König Lear" auf der Bühne. OSTHESSEN|NEWS traf den bekannten Schauspieler zum Gespräch.



Charlotte Schwab, die die Titelrolle übernommen hat, brachte Max Herbrechter wieder auf die Theaterbühne. "Wir haben gemeinsam den Sechsteiler 'Davos' gedreht", erzählt Herbrechter. "Sie hat mir erzählt, dass sie mit Regisseurin Tina Lanik in Bad Hersfeld arbeiten wird. Und sie fragte mich, ob ich mitmachen würde", so der Schauspieler. Eigentlich drehe er lieber Filme, aber: "Nach zwölf Jahren wollte ich mir selbst beweisen, dass ich so eine schwere Rolle in einem schweren Stück auf der Bühne spielen kann."

Viel Freiheit bei der Rollengestaltung

Der Graf von Gloucester, Herbrechters Rolle bei den Festspielen, ist der Vater von Edmund und Edward - zwei Söhnen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Gloucester gerät zwischen die Fronten von Lears Töchtern Goneril und Regan und den Konflikt seiner eigenen Söhne. Die positiven Reaktionen des Publikums zeigen Herbrechter, "dass ich meine Sache wohl ganz gut mache. Der Applaus zeigt, dass es funktioniert". Tina Lanik hat den Schauspielern laut Herbrechter viel Freiheit gelassen, ihre Rollen zu gestalten. "Vor der Aufführung gehe ich selbst über die Bühne, schaue nach den Requisiten. Ich habe vom Bodensatz des Theaters gelernt."

Vor seiner Schauspielausbildung an der Folkwang-Hochschule in Essen war Herbrechter, geboren 1958 in Dortmund, als politischer Kabarettist unterwegs. "Ich bin zehn Jahre herum getingelt", erzählt er. Ein Clownslehrer haben ihm die "Liebe zum Fiasko" gezeigt. "Ich liebe Peinlichkeiten", so Herbrechter. Dass er viel Humor und immer einen Scherz auf den Lippen hat, zeigte er unter anderem bei der "Soulkitchen" der Festspiele gemeinsam mit Charlotte Schwab.

"Eine gute Komödie ist eigentlich immer tragisch", sagt der Schauspieler. In eine Tragödie wie "König Lear" müsse man die gleiche Energie stecken wie in eine Komödie. "Tragödie zu spielen ist manchmal einfacher", sagt der Mann, dem auf der Festspielbühne die Augen ausgekratzt werden und der mehrere Stürze aushalten muss. "Neben Phillip Henry Brehl bin ich der einzige, der durchgehend Knieschoner trägt", sagt Herbrechter schmunzelnd. "Bei den Stürzen tue ich mir auch was", fügt er hinzu.

Motorradfahren zur Entspannung

Mit den Widrigkeiten, die das Wetter bereithalten kann, hat Herbrechter bei den Bad Hersfelder Festspielen umzugehen gelernt. "Aber die Ruine kommt einem sehr entgegen. Vor 1.300 Leuten zu spielen ist toll und die Stiftsruine ist eine sinnliche Erfahrung", sagt er über sein Sommer-Engagement. "Ich fühle mich sehr wohl hier und es macht Spaß, hier zu arbeiten." Seit Mai ist Max Herbrechter fast ausschließlich in der Festspielstadt. "Vier Monate sind schon recht lang", sagt er. Ab und zu fährt er aber nach Hamburg zu seiner Familie. "Und Motorradfahren zwischen Nord- und Ostsee liebe ich sehr."

In Bad Hersfeld mag er es, sich nicht nur die Fassaden anzuschauen, sondern beim Spazierengehen auch in dunkle Ecken zu schauen und zu beobachten, wie die Menschen leben. "Viele Menschen hier kennen mich aus dem Fernsehen und erkennen mich auch. Es ist sehr angenehm, mit den Leuten zu sprechen. Man gehört hier sozusagen zur Familie", sagt er lächelnd. Und er werde mit Respekt behandelt. In der Festspielstadt wohnt er im selben Haus wie Charlotte Schwab und Francis Fulton-Smith. "Man kennt sich natürlich unter den Kollegen der verschiedenen Produktionen."

"Ich würde auch wiederkommen", sagt der Schauspieler. Dabei sei es fast egal, in welcher Rolle. "Ich würde Hamlet ebenso spielen wie einen Cowboy", so Herbrechter. Auch eine Kinderstück-Rolle würde er spielen. Bis zum 26. August ist Max Herbrechter noch in "König Lear" zu sehen. Und danach? "Ein bisschen Pause wird mir ganz guttun", sagt er mit einem Lächeln. (Christopher Göbel) +++

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