Sophia Euskirchen, das kleine Gespenst

Vom Fliegen, blauen Flecken und vielen emotionalen Momenten

Sophia Euskirchen spielt die Titelrolle in "Das kleine Gespenst" bei den Bad Hersfelder Festspielen.
Fotos: Christopher Göbel

17.07.2023 / BAD HERSFELD - Sophia Euskirchen, die am Sonntagvormittag  den Hersfeldpreis für ihre Darstellung des kleinen Gespenstes bei den Bad Hersfelder Festspielen verliehen bekam, ist eine junge Schauspielerin, die alle drei Genres beherrscht, die ein Theaterstück mit Musik - oder auch Musical - braucht. Schließlich ist sie ausgebildete Musicaldarstellerin. OSTHESSEN|NEWS traf die 31-Jährige zum Gespräch über das Familienstück, Freizeit und wie sie sich fühlt, wenn sie an einem Seil durch die Stiftsruine schwebt.



"Sie ist eine sehr intelligente Spielerin, sehr emotional. Ich wollte ihr bei den Proben nicht im Weg stehen", sagte Regisseur Oliver Urbanski im O|N-Gespräch lachend. Wer "Das kleine Gespenst" bei den Bad Hersfelder Festspielen gesehen hat, weiß, dass Sophia nahezu ununterbrochen auf der Bühne herumgeistert, singt, tanzt und dem kleinen Gespenst eine Seele verleiht. "Mir ist irgendwann aufgefallen, dass das Gespenst gar keinen Namen hat", erzählt sie. Und sie hat sich "Frohni" ausgedacht. "Das kleine Gespenst ist neugierig, freundlich und fröhlich. In der einen (Geister-)Stunde, die es nachts Zeit hat, bringt es viele Emotionen unter, was es aber sehr genießt", sagt Sophia. Es sei mit jedem gut Freund, habe aber auch Spaß am Triezen. "Und es hat weiche Momente", so die Schauspielerin. Gerade diese Vielfalt sei es, die ihr Spaß mache.

Das erste Mal Theater für Kinder

Sophia Euskirchen hat zuvor noch kein Kinderstück gespielt. "Kinder haben eine andere Aufmerksamkeitsspanne als Erwachsene. Das Spielen für Kinder fühlt sich anders an, aber nicht besser oder schlechter als Spielen für Erwachsene." Man sei als Darstellerin in manchen Situationen wacher, bemerke eher, was beim jungen Publikum ankommt - oder auch nicht. "Ich möchte die Kinder in den Bann ziehen. Ich liebe es, wenn sie dazwischenrufen", lacht die sympathische Schauspielerin. Sie hat es geschafft, aus einer Romanfigur eine liebenswerte Person zu kreieren.

Beim Anlegen der Rolle habe Oliver Urbanski ihr "total freie Hand" gelassen. Die Figuren-Entwicklung sei bei vielen Gesprächen entstanden. "Ich habe nicht daran gedacht, ein körperloses Gespenst zu spielen, sondern mir die Rolle als Mensch vorgestellt", so die 31-Jährige. Bei den Proben mit den Kolleginnen und Kollegen sei das Spiel fast von allein entstanden. "Ich brauche immer Partner auf der Bühne. Und sie sind alle phänomenal und mir wirklich ans Herz gewachsen." Und damit meint sie nicht nur die professionellen Kollegen, sondern auch die Statisten. "Die Kinder und Erwachsenen aus Bad Hersfeld waren von Anfang an voll dabei." Was alle Mitarbeitenden auf, vor und hinter der Bühne in der kurzen Probenzeit erreicht hätten, bezeichnet sie ebenfalls als "phänomenal".

Vom Frühaufstehen und blauen Flecken

Als kleines Gespenst wirbelt Sophia ständig über die Bühne, klettert und springt kopfüber in eine große Truhe. "Ich mache morgens 30 Minuten Yoga, um mich fit zu halten", sagt sie. Eine "Nebenwirkung" von Kindertheater sei allerdings das ungewohnt frühe Aufstehen, denn bei 10-Uhr-Vorstellungen müssen die Schauspieler teilweise schon um 8 Uhr in der Maske sitzen. "Ich brauche morgens meine Zeit zum Wachwerden und Fit-sein." Und trotzdem hat sie bei Proben und Aufführungen manchen blauen Fleck abbekommen. Und auch der Schlüsselbund, den das Gespenst fast die ganze Zeit mit sich herumträgt, war ihr beim Kopfsprung manches Mal im Weg.

Ein bisschen Bammel hatte Sophia vor der Schlussszene, in der sie an einem Stahlseil in die Höhe gezogen wird. Auch, weil sie ausbalancieren müsse, dass sie immer in Richtung Publikum schaut. "In der Höhe singend - das ist schon besonders. Ich freue mich immer auf diese Szene", sagt Sophia. Dass beim Theater jede Aufführung anders ist und auch mal kleine Probleme auftauchen, hat sie in einer der vergangenen Aufführungen schmerzlich erfahren: "In einer Szene muss ich aus dem Bühnenboden auftauchen. Der Kriechgang darunter ist normalerweise beleuchtet, aber einmal war das Licht ausgefallen. Ich kam aus dem 'Autsch'-Rufen gar nicht mehr heraus", erzählt sie lachend.

Urlaub nach den Festspielen

In Zeiten, in denen sie nicht auf der Festspielbühne steht - oder fliegt - entspannt sich Sophia Euskirchen beim Radfahren von ihrer Unterkunft in Allmershausen in die Stadt oder im Schwimmbad. "Manchmal sitze ich auch bei Oliver im Garten. Und ich gehe gerne essen", erzählt sie schmunzelnd.

Zeitgleich mit ihrem Engagement bei den Bad Hersfelder Festspielen steht sie auch in Berlin, ihrem Wohnort, im Renaissance-Theater mit einem Brecht/Weill-Stück "Happy End" auf der Bühne. "Nach den Festspielen habe ich frei und plane einen Urlaub mit meinem Freund", erzählt sie. Und danach geht es an die Staatsoper Hannover.

Dass sie mit ihrer Darstellung des kleinen Gespenstes alles richtig gemacht hat, beweist zum einen der frenetische Beifall nach jeder Aufführung. Und zum anderen hat sie auch die Hersfeldpreis-Jury überzeugt. Die letzten Aufführungen von "Das kleine Gespenst" sind ausverkauft. Und so wird Sophia Euskirchen ihr lustiges "Hatzi"-Lied am 23. Juli vorerst zum letzten Mal singen. Aber: Sie würde gerne wieder nach Bad Hersfeld kommen - und vielleicht sieht man sie in derselben oder einer anderen Rolle wieder einmal in der Festspielstadt. (Christopher Göbel) +++

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