Anderes Jahr, anderer Ort?

Prozess um Baby in Kühltruhe: 35-jährige Angeklagte sagt aus

Interessante Wendung im Fall des getöteten Babys, das im Februar in einer Kühltruhe gefunden wurde.
Archivfoto: O|N/Maurice Schumacher

06.09.2025 / FULDA - Interessante Wendung im Fall des getöteten Babys, das im Februar in einer Kühltruhe gefunden wurde. Gestern sagte die angeklagte Mutter des Säuglings vor dem Landgericht Fulda aus. Und präsentierte dabei eine völlig neue Story.



Rückblick: Bei ihrer Vernehmung durch eine Haftrichterin im Frühjahr gab die 35-Jährige an, das Baby in den Osterferien des vergangenen Jahres im Keller ihres Mietshauses in Heringen geboren zu haben. Ihr damaliger Partner und die beiden gemeinsamen Kinder seien zu dieser Zeit in der polnischen Heimat gewesen. Bei einem Sturz auf einen Tisch und anschließend auf den Boden solle sich der Säugling die tödlichen Kopfverletzungen zugezogen haben.

Bei ihrer rund dreistündigen Aussage am Donnerstag schilderte sie nun einen komplett anderen Verlauf der Geschehnisse. Demnach habe sie das Kind bereits im Sommer 2022 zur Welt gebracht – jedoch nicht im Keller in Heringen, sondern in einer öffentlichen Toilette in Bad Hersfeld. Zu dieser Zeit hatte die Familie noch in der Festspielstadt gelebt. Sie sei am späten Abend zu Fuß zu einer Bushaltestelle unterwegs gewesen, um zur Nachtschicht bei einer Logistikfirma in Niederaula zu fahren. Dabei habe sie gemerkt, dass die Geburtswehen eingesetzt hätten. "Ich habe mich dann auf eine Parkbank gesetzt und mir ein Taxi gerufen", so die Angeklagte. Dieses habe sie dann in die Innenstadt gefahren. Da ihr damaliger Partner nichts von der Schwangerschaft wusste – obwohl sie gemeinsam in dem Haushalt lebten – habe sie sich entschlossen, das Kind alleine in einer öffentlichen Toilettenanlage zur Welt zu bringen.

Einsame Geburt in der Nacht

Auf dem Metall-WC sitzend habe sie "gepresst und gleichzeitig an dem Kopf des Kindes gezogen", wie sie der Kammer um Richter Dr. Jörg Weddig schilderte. "Ich habe versucht, nicht zu schreien, damit es niemand mitbekommt." Mit einem kleinen Taschenmesser habe sie anschließend die Nabelschnur durchtrennt. Sie habe den Säugling in ein Handtuch gewickelt, das sie immer im Rucksack habe. Während der Nachgeburt habe sie das Baby kurz auf einer Plastiktüte auf den Boden gelegt. "Als ich es danach hochgehoben und an mich gedrückt habe, habe ich gemerkt, dass es weder schreit noch sich bewegt." Als sie realisiert habe, dass das Baby tot ist, habe sie es mitsamt dem Handtuch, der Nabelschnur und Plazenta in die Einkaufstasche gesteckt und sei langsam die rund drei Kilometer nach Hause gelaufen.

Damit ihre Familie nichts mitbekommt, sei sie mitten in der Nacht durch die Garage ins Haus gekommen und direkt in den Keller gegangen. "Ich konnte sie nicht entsorgen. Sie war doch meine Tochter." So kam ihr die Idee, die Tüte in die Gefriertruhe zu legen – "in ständiger Angst, dass man es zufällig finden könnte", wie sie berichtete. Doch wieso erzählte sie zunächst Polizei und Haftrichterin eine komplett andere Geschichte? "Dass eine Frau aus dem Haus geht, alleine ein Kind zur Welt bringt, anschließend wieder nach Hause geht, und niemand etwas bemerkt – das hätte mir doch niemand geglaubt", sagte sie. "Daher habe ich mir dieses Märchen ausgedacht." Während ihrer Aussage machte die Angeklagte auch das schwierige Verhältnis zu ihrem Ex-Partner deutlich. Sie sei – trotz Unterdrückung und körperlicher Gewalt – aus Angst davor, dass er ihr die gemeinsamen Kinder wegnehmen könnte, bei ihm geblieben. "Ich wusste, dass er kein weiteres Kind mit mir wollte. Ich war trotzdem fest entschlossen, das Baby zur Welt zu bringen." (Mediennetzwerk/Tobias Farnung) +++

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